Geschäfte beim Frühstück

Netzwerke | Empfehlungen sind der beste und günstigste Weg zu neuen Aufträgen. Eine Plattform dafür finden gerade Gründer bei professionellen Netzwerken. So läuft das systematische Kontakteknüpfen ab.

Geschäfte beim Frühstück

Es ist fast noch dunkel draußen, aber in einem Lokal in Fulda kann man bereits höfliches Händeschütteln beobachten und geschäftiges Gemurmel hören. Obwohl es erst halb sieben Uhr morgens ist, sind die Gesichter der 30 Unternehmer, die sich hier treffen, hellwach. Denn sie wollen Geschäfte machen. Sie alle sind Mitglieder im Business Network International (BNI), im Chapter Bonifatius – so heißt die regionale Unternehmergruppe in Fulda. Die selbständige Zimmermeisterin Andrea Lauer ist auch jeden Freitagmorgen beim Business-Frühstück des BNI, um beim Netzwerken Kontakte und Aufträge zu bekommen.

Netzwerke sind kontaktfördernd und umsatzsteigernd, wenn man sie richtig nutzt. Vor allem Gründer können von ihnen profitieren.

Die Zahl der Netzwerke und ihrer Anhänger steigt ständig – ob persönlich oder online. „Dabei sind sie nichts Neues. Ohne Netzwerke wäre geschäftliches Überleben unmöglich“, weiß Claudia Schulte, Leiterin der Betriebsberatung bei der Handwerkskammer Düsseldorf. Allein in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind z.B. mehr als 5800 Unternehmer im BNI. Das Online-Business-Netzwerk Xing hat aktuell 3,9 Millionen deutsche Mitglieder (siehe Tabelle Seite 40). Vor Xing scheuen sich viele Handwerksunternehmer, im BNI trifft man sie persönlich in fast jedem der über 250 deutschen Chapter.

Probezeit und Bewerbung

So auch Andrea Lauer, die – wie alle anderen – regelmäßig und pünktlich zum Frühstück erscheint. Das ist Pflicht. Wer mehr als dreimal in sechs Monaten fehlt, fliegt raus. Möchte man BNI-Mitglied werden, muss man sich nicht nur vorab dafür bewerben, sondern auch 780 Euro im Jahr zahlen. Das Chapter entscheidet, wer zur Gruppe passt. Zweimal darf der Bewerber zur Probe kommen, dann muss er entscheiden, ob er sich den Regeln von BNI (siehe Kasten oben) unterwerfen will – und damit gute Chancen auf neue, vertrauenswürdige Kontakte und Geschäfte bekommt.

Diese Probezeit sollte man auch nutzen, bevor man etwas unterschreibt, rät Claudia Schulte: „Zunächst muss klar sein, was ich mir von dem Netzwerk erhoffe. Will ich mich unternehmerisch weiterbilden, meine Geschäftskontakte multiplizieren oder einen lockeren Stammtisch zum Erfahrungsaustausch?“ Ganz wichtig ist zudem, dass die Chemie in der Gruppe stimmt.

Claudius Eder, Gebäudereinigungsmeister, hat sich das Chapter Ballista in Augsburg ebenfalls erst kritisch angeschaut, bevor er vor drei Jahren Mitglied wurde. „Der erste Eindruck ist komisch“, gibt er zu. Das System von BNI ist „amerikanisch“, ungewohnt für deutsche Unternehmer. Umsätze werden offen gelegt und regelmäßig an die übergeordneten BNI-Direktionen gemeldet. Die strengen Abläufe, wer wann was sagen muss oder darf, sind gewöhnungsbedürftig. Die Präsentationszeit, die jedem zusteht, beträgt genau 60 Sekunden, mit Stoppuhr gemessen. Wer länger braucht, geht in Applaus unter. Trotzdem hat Eder seine Mitgliedschaft „keinen Tag bereut“. Für ihn, der seit drei Jahren selbständig ist, war das Netzwerk ein „super Sprungbrett, auch weil man den Draht zu Ausschreibern von Aufträgen bekommt“.

Geben und nehmen

Die Philosophie des Netzwerks ist: „Wer gibt, gewinnt“ – alles beruht auf Gegenseitigkeit. „BNI funktioniert nur dann, wenn Unternehmer Unternehmer empfehlen“, erklärt Michael Mayer, der nationale BNI-Direktor für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Der Mehrwert für Mitglieder liege vor allem darin, dass sie sich nach einem bestimmten System auf das Thema „Empfehlungen“ fokussieren. Dieses System beinhaltet bei jedem Treffen eine Selbstpräsentation. Andrea Lauer muss – wie alle anderen reihum – vom Frühstückstisch aufstehen. Eine Minute hat sie jetzt Zeit, um kurz und bündig zu erzählen, was sie eigentlich macht, und warum sie besser ist als andere – eine Herausforderung und Übungssache, „die nebenbei das Selbstbewusstsein stärkt“, erzählt die Inhaberin von „Lauer – ökologischer Holzbau“ im hessischen Flieden.

Danach gehen kleine Zettel durch die Runde. Auf ihnen stehen Daten potentieller Kunden und Aufträge. Im Augsburger Chapter bekommt Claudius Eder heute gleich drei Zettel mit Empfehlungen von seinen BNI-Kollegen. Höflich bedankt er sich mit Handschlag, dass sie vergangene Woche an ihn gedacht haben. Es winken neue Geschäfte.

Online- und Handwerksalternativen

Andere branchenübergreifende Netzwerke sind nicht so auftrags- und umsatzfokussiert. Speziell für junge Selbständige gibt es die Junioren des Handwerks. Aktuell sind hier knapp 8000 Mitglieder in 13 Verbänden und rund 120 Arbeitskreisen engagiert. Mitarbeitende Ehefrauen, Mitunternehmerinnen und Meisterinnen im Handwerk können Mitglied bei den Unternehmerfrauen im Handwerk werden. In 15 Landesverbänden und rund 150 Arbeitskreisen geht es vor allem um Fortbildung und Erfahrungsaustausch.

Zimmermeisterin Lauer mischt neben dem BNI auch in einem lockeren Unternehmerinnen-Netzwerk und der reinen Handwerkskooperation „Sinnreich“ mit. Von Online-Netzwerken hält die junge Unternehmerin nicht viel. Xing & Co. bieten keinen Anreiz, sie zieht den persönlichen Kontakt vor. „Als Handwerkerin bleibe ich da lieber traditionell“, so Lauer. Den starken Online-Trend darf man aber auch nicht ignorieren.

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