Forderungen zu Geld machen

Factoring | Der Forderungsverkauf verschafft Unternehmen neue finanzielle Spielräume und sichert sie gegen Forderungsausfälle ab. Für Handwerksbetriebe wird Factoring eine attraktive Alternative.

Forderungen zu Geld machen

Zufrieden studiert Carmen Wasmer den aktuellen Kontoauszug. Endlich reicht das Guthaben aus, die eingetroffene Lieferung bestehend aus Material und Werkzeug umgehend zu bezahlen und Skonto zu ziehen. „So sparen wir enorm viel Geld“, freut sich Wasmer. Sie kümmert sich bei der FSO Gesellschaft für Fräs-, Strahl- und Schleiftechnik mbH in Schutterwald um alles Kaufmännische. Der im Januar 2005 gegründete Handwerksbetrieb verkauft seit kurzem seine Forderungen an ein Factoringinstitut. „Die Abrechnung erfolgt taggenau. Wir erhalten umgehend 90 Prozent der Rechnungssumme auf unser Konto gutgeschrieben“, sagt Wasmer.

Die Liquiditätsspritze verschafft dem Betrieb aus dem Bauhauptgewerbe, der von seiner Bank noch nicht einmal einen Kontokorrent eingeräumt bekam, neuen finanziellen Spielraum. Factoring ist für FSO zudem wesentlich günstiger als ein Kredit. „Als junges Unternehmen müssten wir 17,5 Prozent für die Banklinie bezahlen“, berichtet die kaufmännische Angestellte. Die Factoringgebühr holt der Betrieb, der Bodenflächen reinigt und abschleift, dagegen meist wieder herein. Er bezahlt seine Lieferanten pünktlich und macht dafür einen Preisnachlass von zwei bis drei Prozent geltend.

Handwerker oft unerwünscht

Die meisten Handwerksbetriebe machen jedoch andere Erfahrungen. Wer ein Factoringinstitut sucht, das Handwerkerleistungen vorfinanziert, ist meist schnell gefrustet. Viele Anbieter wollen keine Handwerker als Kunden. Betriebe aus dem Bauhaupt- und -nebengewerbe stehen ebenfalls auf ihrer Ausschlussliste. „Bauleistungen, die nach der VOB, der Verdingungsordnung des Handwerks, abgerechnet werden, sind nicht factoringfähig“, erklärt Berater Manfred Gerold aus dem bayerischen Zangberg.

Gerold sucht für Unternehmer den passenden Factoringanbieter, prüft die Angebote und vergleicht die Konditionen (www.factoringbroker.de). Fällt die Leistung in ein Gesamtgewerk, ist ein Forderungsverkauf unmöglich, denn die Handwerkerleistung ist meist nicht frei von Rechten Dritter. Darüber hinaus werden häufig nachträglich Mängel geltend gemacht, die den Rechnungsbetrag schmälern. Auch die in der Branche üblichen Abschlagszahlungen erschweren das Geschäft mit den Forderungen. „Einzelleistungen lassen sich rein rechtlich nicht alleine verkaufen“, sagt Alexander Held, Leiter Marketing und Vertrieb der Crefo Factoring Pforzheim GmbH & Co. KG. „Die Schlussrechnung können Factoren aber ankaufen“, ergänzt Held. „Zum Teil wird das auch beim Sondermaschinenbau gemacht. Doch das ist nicht das Kerngeschäft der Factoringbranche“, räumt er ein.

Die Anzahl der Factoringinstitute, die auch Handwerksbetriebe finanzieren, ist überschaubar. Rund fünf bis acht Anbieter, die sich auf unterschiedliche Branchen spezialisiert haben, tummeln sich auf dem Markt. „Meist steigen diese jedoch erst ab einem gewissen Umsatzvolumen ein“, sagt Factoringbroker Gerold. „150000 bis 200000 Euro ist die unterste Grenze.“ Es sollte also schon ein größerer Handwerksbetrieb mit mehreren Angestellten sein. Für kleinere Betriebe sei Factoring zudem zu teuer. „Wer offene Rechnungsbeträge von 30000 Euro und mehr hat, für den rechnet sich der Forderungsverkauf“, meint Gerold.

Wichtige Voraussetzung: Mit der Leistungserbringung muss der Zahlungsanspruch fällig sein. Die Forderung muss also in vollem Umfang erbracht und frei von Einreden sein. Zudem sollte der Handwerker für gewerbliche Kunden arbeiten. Forderungen von Privatkunden kaufen Factoren meist nicht an. Auch erbrachte Dienstleistungen für Städte und Kommunen lassen sich nur schwer zu Geld machen. Die öffentliche Hand zahlt so spät, dass viele Factoringanbieter das Geschäft ablehnen. „Unsere Kunden sind alles Unternehmer, zum Beispiel Betonbauer oder Fliesenleger“, sagt Carmen Wasmer.

Angebote genau prüfen

Neben Crefo Factoring finanzieren die Kölner ABC Factoring GmbH, die Dresdner Factoring AG sowie die Parkerhouse Finans GmbH in Frankfurt Handwerksbetriebe. Wer nicht gerade den teuersten Anbieter erwischen will, sollte sich die Angebote jedoch genau durchrechnen oder einen Berater einschalten. So macht der Factoringbroker eine europaweite Ausschreibung, um den richtigen Factor herauszufiltern.

Die Konditionen unterscheiden sich zum Teil deutlich voneinander. Viele Gesellschaften berechnen neben einer Factoringgebühr für die Übernahme von Buchhaltung und Mahnwesen sowie die Absicherung von Forderungsausfällen in Höhe von 0,3 bis drei Prozent des Forderungsvolumens, noch einen Zins für die Vorfinanzierung. Dieser entspricht banküblichen Konditionen. Als Basis dient der Refinanzierungssatz der Banken, der 3-Monats-Euribor. Auf diesen schlagen die Factoringinstitute noch eine risikoabhängige Marge zwischen einem und fünf Prozent drauf. Manche Anbieter berechnen zudem – je nach Aufwand – zusätzliche Gebühren für die Bonitätsprüfung der Debitoren, andere haben diese in die Factoringgebühr mit eingerechnet. Ein Preisvergleich fällt somit schwer. Deshalb gehen immer mehr Anbieter dazu über, eine Gebühr bezogen auf den Rechnungsbetrag zu erheben.

„Für den Unternehmer ist die Überwachung so einfacher und die Angebote werden vergleichbar“, sagt Berater Gerold. Die Gebühr beträgt je nach Umsatzvolumen, Bonität, Kundenanzahl, Höhe der Rechnungsposten, Zahlungszielen und Forderungsausfällen rund zwei bis 4,5 Prozent des verkauften Forderungsvolumens. Generell gilt die Faustregel: Je niedriger der Jahresumsatz, je geringer die Bonität von Handwerksbetrieb und Kunden ist, je weniger Stammkunden beliefert werden, je niedriger die einzelnen Rechnungsbeträge und je länger die Zahlungsziele ausfallen, desto teurer ist Factoring.

Trotzdem rechnet sich der Forderungsverkauf für Firmenchefs, denn Handwerksbetriebe warten oft lange, bis ihre Kunden bezahlen. Zahlungsziele von weit über 30 Tagen sind die Regel. „Häufig sind die Betriebe kleiner als ihre eigenen Kunden. Sie können also keinen Einfluss auf Zahlungsziele und Zahlungseingang nehmen“, weiß Held von Crefo Factoring. „Wächst das Unternehmen, hat es ein großes Liquiditätsproblem.“

Durch den Forderungsverkauf kommt sofort Geld in die Kasse. 90 Prozent des Rechnungsbetrags schreibt der Factor umgehend dem Firmenkonto gut. Die restlichen zehn Prozent abzüglich der Gebühr erhält der Handwerksmeister, sobald sein Kunde an das Factoringinstitut zahlt – und er spart sich Buchhaltung und Mahnwesen. Das für viele kleine Betriebe lästige Debitorenmanagement übernimmt der Factor.

Carmen Wasmer erinnert sich noch gut an den Tag, als ein Kunde eine Rechnung über 17000 Euro per Scheck bezahlte. Der Scheck war nicht gedeckt. Zeitgleich gingen viele Abbuchungen vom Firmenkonto ab: Sozialabgaben für die Mitarbeiter, Beiträge an die Sozialkasse des Baugewerbes, Versicherungsprämien. Das junge Unternehmen war nicht mehr liquide, denn es verfügt über keine Kreditlinie. „Zum Glück stand die Bank hinter uns“, sagt Wasmer. Was alles hätte passieren können, wenn das Kreditinstitut die Abbuchungen gestoppt hätte, will sich die kaufmännische Angestellte lieber nicht vorstellen.

Schwarze Schafe meiden

Bezahlt der Handwerksbetrieb die Sozialabgaben nicht pünktlich, bekommt er keine Freistellungsbescheinigungen vom Finanzamt. Ohne diese zahlen seine Kunden die Rechnungsbeträge aber nicht. FSO handelte sofort und sicherte sich gegen Forderungsausfälle ab. Der Factor überprüfte anhand der Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA), der Summen- und Saldenliste sowie einer Aufstellung des Kundenstamms die Bonität des Betriebs und seiner Auftraggeber. Nach drei Gesprächen war der Vertrag unter Dach und Fach. „Wer einen Finanzier gefunden hat, sollte den Vertrag vor Unterzeichnung mit seinem Steuerberater durchsprechen“, empfiehlt Factoring-Experte Held. Er rät, nur mit seriösen Anbietern ins Geschäft zu kommen. Eine Nachfrage bei der Bank oder beim Steuerberater hilft. Ist der Factor Mitglied in einem der beiden Branchenverbände (www.factoring.de, www.bun desverband-factoring.de) spricht das für seine Seriosität. Firmenchefs sollten in einem Erstgespräch nichts unterschreiben, sondern den Vertrag prüfen lassen. „Auch in der Factoringbranche gibt es schwarze Schafe“, warnt Held.

Sigrun an der Heiden

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de