Factoring: Forderungen verkaufen

Forderungen verkaufen bringt sofort Geld in die Firmenkasse. Davon können auch Handwerksbetriebe profitieren, aber nicht alle gleichermaßen. Für wen sich Factoring am meisten lohnt.

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    © Cartoon: Dirk Meissner
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    „Über Factoring sollten Unternehmer immer nachdenken, wenn die Liquidität knapp ist.“ Dirk Hecking, Leiter kaufmännische Unternehmensberatung, Handwerkskammer Köln.

Forderungen zu Geld machen

Karl-Heinz Billotin, Geschäftsführer der Malerfachbetrieb Billotin GmbH in Hürth bei Köln, schaut, dass es auf der Baustelle zügig vorangeht. Doch wenn ein Auftrag etwa am 20. des Monats fertig ist, er aber kurz darauf das Geld braucht, um seine 15 Leute zu zahlen, ist es noch nicht da. „Da kann ich auch nach der Rechnung noch ein paar Wochen warten. Wir hatten schon Außenstände bis 200 000 Euro.“

Ein Problem also, auch wenn das Geschäft gut läuft. Und der Dispokredit als Überbrückung? Teuer sowie bei Dauergebrauch schlecht fürs Rating. Er hat das Problem mit der Sparkasse besprochen. Der Banker hatte eine Idee: Factoring. „Ich rechne heute ab, nach einem Tag habe ich 75 Prozent der Forderung auf dem Konto, 25 Prozent abzüglich Kosten später.“ Jetzt klappt es mit der Liquidität. Billotin: „Seit ich das mache, geht es mir besser“. Immerhin schon rund zehn Jahre.

Bis 90 Prozent Sofortüberweisung

Alle klagen über späte Zahlungen, doch kaum ein Handwerker setzt auf Factoring als schnellen Weg zum Geld. Es ist einfach nicht genug bekannt. Auch Karl-Heinz Billotin musste sich erst mal erklären lassen, wie das funktioniert: Der Factor kauft dem Unternehmer seine Forderung ab, sobald die Rechnung geschrieben ist, dafür zahlt er sofort 70 bis 90 Prozent des Rechnungsbetrages, den Rest, wenn der Kunde an den Factor gezahlt hat. Wie viel es auf die Hand gibt, „das hängt von den möglichen Gegenforderungen wie etwa Gewährleistungsansprüchen ab“, sagt Factoring-Broker Manfred Gerold aus dem bayerischen Zangberg. Der Preis: die Factoring-Gebühr, „zwei bis vier Prozent vom Rechnungsbetrag einschließlich Zinsen“, erklärt Dirk Hecking, Abteilungsleiter kaufmännische Unternehmensberatung bei der Handwerkskammer Köln. Das ist nicht billig.

Anbieter wählerisch

Trotzdem „ist Factoring immer zu überlegen, wenn die Liquidität knapp ist“, rät Hecking. Etwa für den Karosseriebauer, der lange auf die Versicherungsleistung warten muss. Oder für Betriebe in starkem Wachstum. „Da zieht die Bankfinanzierung oft nicht mit.“ Factoring sei oft flexibler und den Alternativen überlegen (siehe Kasten „Vergleich“).

Allerdings sind Factoring-Anbieter wählerisch. Sie nehmen nicht jeden als Kunden. Oft sind die von ihnen verlangten Mindestumsätze eine Hürde. Andere lehnen es ab, sich mit VOB-Verträgen oder Privatkunden abzugeben. Doch „es gibt genug Angebote auch für Handwerksbetriebe ab 100000 Euro Jahresumsatz“, sagt Dirk Hecking, „und auch für VOB-Verträge“. Malermeister Billotin etwa arbeitet nur nach VOB (siehe auch Marktübersicht unter Online).

Schutz vor Forderungsausfall

Auch Eckart Oberleitner, Gesellschafter und Geschäftsführer der Düpmann Aluminium-Systeme GmbH in Warendorf, schätzt Factoring. Er macht mit 30 Beschäftigten knapp vier Mil-lionen Euro Umsatz mit Aluminium-Profilen, die er, millimetergenau zugeschnitten, etwa an Schreiner liefert. Dafür gibt er 30 Tage Zahlungsziel. „Aber viele verlangen 60, warten die Mahnung ab und zahlen nach 90.“ Seit 2011 arbeitet Oberleitner mit Factoring, jetzt bekommt er 90 Prozent nach zwei Tagen. Zusätzlich ist er vor faulen Kunden geschützt. „Das Risiko übernimmt der Factor.“ Wenigstens bei der Variante „echtes“ Factoring. Beim „unechten“ übernimmt der Factor nur die Vorfinanzierung, nicht das Ausfallrisiko. Bekommt er sein Geld nicht, gehen Forderung und Vorschuss zurück.

Kosten im Blick behalten

Doch bei allem Komfort sollten Betriebe immer die Kosten im Auge behalten. Karl-Heinz Billotin zum Beispiel hat Kunden, bei denen die Zahlung zuverlässig nach etwa acht Tagen über ein Internetportal eingeht. „Da lohnt sich das nicht.“ Tatsächlich „ergibt eine Factoring-Gebühr von zwei Prozent bei einem Liquiditätsgewinn von zwei Wochen hochgerechnet einen effektiven Jahreszins von über 50 Prozent“, warnt Hecking. Vordergründig ein kostspieliger Luxus, allerdings oft eine dennoch lohnende Möglichkeit – erst recht, wenn man die Zusatzleistungen Inkasso und Ausfallabsicherung berücksichtigt. Manchmal lehnen auch Kunden Factoring ab. Dirk Hecking rät zu „stillem“ Factoring: Da tritt der Factor vor der ersten Mahnung nicht in Erscheinung, nur die Kontonummer für die Überweisungen ändert sich. Aber das bieten nicht alle Factoren an.

Eher ungeeignet ist Factoring für kurzfristige Liquiditätsstockungen. „Dafür ist der Umstellungsaufwand zu groß, überall müssen etwa neue Konten mitgeteilt werden“, erinnert sich Eckart Oberleitner, „das lohnt sich für zwei Jahre kaum“. Berater Manfred Gerold rät überhaupt, Factoring nicht nur als Notlösung zu sehen, sondern langfristig ins Geschäftskonzept einzubauen. „Die neue Liquidität muss zur Gewinnposition werden, etwa durch Ausnützen von Skonti.“ Auch erlaube Factoring, den Kunden längere Zahlungsziele einzuräumen – „das ist ein Wettbewerbsvorteil“.