Finanzamt sponsert JubilÀumsfeier

Betriebsausgaben Auf Anweisung aus Berlin mĂŒssen die FinanzĂ€mter jetzt mehr betrieblich und privat gemischte Aufwendungen anerkennen. Die wichtigsten Praxisregeln.

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    Über 41 Milliarden Euro im Jahr gaben Betriebe auch fĂŒr GeschĂ€ftsreisen mit Privatanteil aus.
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    „Handwerksunternehmer sollten die neue Chance zum Steuersparen nutzen.“Gregor-B. Sprißler, Steuerberater der Kanzlei Korte + Partner in Recklinghausen.

Finanzamt sponsert JubilÀumsfeier

Optikermeister Hubert Herter aus Bornheim bei Köln trennt bisher strikt private und betriebliche Interessen. Gemeinsam mit seiner Tochter Kerstin fĂŒhrt Herter ein GeschĂ€ft und drei Filialen mit 15 Mitarbeitern. „Selbst meinen Laptop habe ich privat finanziert. FĂŒr betriebliche Belange setze ich den Computer der Firma ein“. Nur seinen GeschĂ€ftswagen fĂ€hrt er fĂŒr die Firma und gelegentlich privat. Selbst wenn der Unternehmer zu Messen in StĂ€dte wie Mailand reist, kommt bei ihm keine private Freude auf. „Bisher hatte ich nie die Zeit, noch ein paar Tage fĂŒr Besichtigungen dranzuhĂ€ngen“, seufzt Herter.

Gleicher Tenor bei Paul HĂŒtter, Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Aachen und GeschĂ€ftsfĂŒhrer eines Unternehmens fĂŒr Elektroinstallationen mit sechs Mitarbeitern im nordrhein-westfĂ€lischen Dahlem. Auch er konzentriert sich bei seinen GeschĂ€ftsreisen allein auf die betrieblichen Belange. „Zumal das Finanzamt bei BetriebsprĂŒfungen ja auch ein kritisches Auge auf die Reisekostenabrechnungen wirft. So sind wir in jedem Fall auf der sicheren Seite“, erklĂ€rt Elektrotechnikmeister HĂŒtter.

Handwerker noch vorsichtig

Wie die beiden Handwerker trennen immer noch viele Unternehmer strikt zwischen betrieblichen und privaten Ausgaben. Zu sehr fĂŒrchteten sie bisher den „Fallbeileffekt“ bei der BetriebsprĂŒfung, mit dem der Beamte gemischte Ausgaben entweder voll als betriebliche einstufte oder verwarf. „Die FinanzĂ€mter argumentierten frĂŒher nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip“, bestĂ€tigt Gregor-B. Sprißler, Steuerberater der Kanzlei Korte & Partner in Recklinghausen. Doch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums verschafft den Betrieben neue Freiheit, lĂ€sst die gemischten Ausgaben zu (Az. IV C 3 - S 2227/07/10003:002).

Als Paradebeispiel nennt Experte Sprißler die Kosten fĂŒr einen Flug oder das Bahnticket zu einem Kongress, wenn der Firmenchef privat noch ein paar Tage lĂ€nger am Veranstaltungsort bleibt. „Der Unternehmer darf jetzt den betrieblichen Anteil als Betriebsausgaben absetzen“, sagt Sprißler. Das kann viel Geld bringen: Schließlich entfallen bei GeschĂ€ftsreisen fast die HĂ€lfte der Kosten auf Fahrt oder Flug (siehe Grafik Seite 58).

Zehn Prozent Betriebsanteil reicht

Unbegrenzt generös zeigen sich die Finanzbeamten indes nicht. Der betriebliche Part muss mindestens zehn Prozent betragen. „Sonnt sich der Unternehmer im Anschluss an ein Tagesseminar zwei Wochen im Urlaub, dann sind die Aufwendungen fĂŒr die Urlaubsreise nicht abziehbar. Nur die Kosten rund um das Fachseminar zĂ€hlen als Betriebsausgaben“, so Karlheinz Autenrieth, Steuerberater der Kanzlei Daiber in Stuttgart.

Das neue System lĂ€sst sich ĂŒbertragen. Zum Beispiel auf betriebliche Feste, zu denen auch Freunde und Familienmitglieder kommen. Angenommen, die Firma feiert ihr 30-jĂ€hriges JubilĂ€um. Zum Abendessen in einem guten Restaurant sind 100 GĂ€ste geladen, 20 als Freunde und Familienmitglieder des Chefs. Dann ĂŒbernimmt der Unternehmer zwar 20 Prozent der Aufwendungen aus seiner Privatschatulle. „Der Rest der Kosten ist nach den Bewirtungsregeln steuerlich absetzbar“, so Sprißler. Im Ergebnis heißt das: 70 Prozent des betrieblichen Anteils akzeptiert das Finanzamt wie bei Bewirtungsbelegen generell als Betriebsausgaben. Die anteilige Umsatzsteuer erkennt der Fiskus sogar vollstĂ€ndig an.

„Der betriebliche oder berufliche Anlass muss allerdings immer gegeben und gegenĂŒber den Finanzbeamten nachweisbar sein“, erklĂ€rt Autenrieth. So wird der Unternehmer dem BetriebsprĂŒfer gute Argumente liefern mĂŒssen, wenn er anlĂ€sslich seines Geburtstags ein rauschendes Fest feiert und einen betrieblichen Teil absetzen möchte. Dazu heißt es im Erlass ganz spaßfrei: „Ein persönlicher Anlass stellt regelmĂ€ĂŸig ein bedeutendes Indiz fĂŒr die Annahme nicht abziehbarer ReprĂ€sentationsaufwendungen dar.“

Lebenshaltungskosten ausgeklammert

Definitiv außen vor bleibt auch die SphĂ€re der Lebenshaltung: Bei den Kosten fĂŒr Wohnen, Essen, Kleidung, Schulausbildung oder die regionale Tageszeitung in der EinkommensteuererklĂ€rung streikt das Finanzamt. Auch falls der Senior seinem Junior zum Abitur den FĂŒhrerschein schenkt, greift Papa tief ins Familienbudget. EnttĂ€uschend sicherlich fĂŒr Ă€ngstliche Unternehmer: „Wer sich zu seinem persönlichen Schutz eine Alarmanlage einbaut, zahlt das gute StĂŒck ganz privat“, so Karlheinz Autenrieth. Befinden sich jedoch Betrieb und Privatwohnung auf einem GelĂ€nde und die Anlage schĂŒtzt beide Bereiche, dann darf der Unternehmer wieder mit dem Erlass anteilig zu seinen Gunsten rechnen.

harald.klein@handwerk-magazin.de

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