Es geht auch anders

Alternative Kreditinstitute | Die Finanzkrise nährt das Misstrauen der Kunden. Sie wenden sich, wie die Beispiele GLS Bank und Umweltbank zeigen, Banken zu, die ihre Geschäftspraktiken offen legen.

Es geht auch anders

Nicht viel Gutes weiß Jörg Kunze über das Verhältnis zu Kreditinstituten zu berichten. Was den 49-jährigen Schreinermeister aus Gerabronn bei Schwäbisch Hall und seine Unternehmerkollegen besonders ärgert? Dass Zusagen von Kreditsachbearbeitern oft nicht eingehalten werden. Schuld sei dann immer die innere Revision. Oder: Kredite würden entweder nicht zum vereinbarten Zinssatz oder überhaupt nicht ausgezahlt. Besonders drastisch: Kontokorrentlinien würden ohne Erklärung von heute auf morgen gestrichen. Für den Ladenbauer, der sich mit seinem Holzhof auf die Ausstattung von Bioläden mit ökologischen Werkstoffen spezialisiert hat, eine besonders ärgerliche Situation. Denn zum Teil muss er erheblich in Vorleistung gehen, bevor ein neuer Auftrag zustande kommt. Seine Konsequenz: Heute arbeitet er mit einem Leasinganbieter.

Jörg Kunze stören dabei Unzuverlässigkeit und Einseitigkeit. Schließlich will er erfolgreich am Markt arbeiten. „Wenn sich jedoch ständig Konditionen ändern oder Zusagen nicht eingehalten werden, ist das schwierig“, sagt er.

Offen und transparent

Da er diesen Zustand beenden wollte, wandte er sich schon vor einigen Jahren an die GLS Bank, bei der er seit jeher ein Sparkonto hatte. „Die zahlen zwar schon mal ein Prozent weniger Zinsen, dafür wusste ich immer, was mit meinem Geld passiert“, begründet der Unternehmer seinen Wechselwillen.

Transparenz ist bei der GLS Bank mit Hauptsitz in Bochum oberstes Gebot und dass die Kundeneinlagen ausschließlich in ökologische, soziale und kulturelle Unternehmen angelegt werden. Schon bei der Kontoeröffnung können Neukunden wählen, wohin ihr Geld fließen soll. Viermal im Jahr verschickt die Bank die Kundenzeitschrift „Bankenspiegel“. Darin listet die GLS unter der Rubrik „Wir lassen uns gerne in die Karten schauen“ detailliert auf, wer wofür wie viel Kredit bekommen hat. Jörg Kunzes Holzhof war darin ebenfalls schon einmal aufgelistet.

„Die Kunden haben die volle Transparenz“, sagt Eva Schneeweiß, Sprecherin der GLS Bank, was die Kunden wohl auch in Zeiten der Finanzkrise in Scharen nach einer Alternative zu herkömmlichen Kreditinstituten suchen lasse. So konnte die GLS von 2007 auf 2008 7000 Neukunden dazugewinnen und verzeichnet derzeit einen Kundenstand von 62000 Kunden. Der Kundenzuwachs macht sich auch im Einlagevolumen bemerkbar. Die Bilanzsumme ist von 2007 auf 2008 um rund 2 Millionen Euro auf jetzt 1,013 Milliarden gestiegen.

Misstrauische Kunden

Gewerbliche Kredite gab die GLS anfangs nur an ökologische Landwirte und Schulen aus. Nach und nach weitete sie die Zielgruppe jedoch aus: über die Naturkostbranche bis hin zu ökologisch ausgerichteten Betrieben, wie die Schreinerei von Jörg Kunze.

2005 fragte der Unternehmer bei seinem Berater in Stuttgart, ob er die komplette Unternehmensfinanzierung über das Kreditinstitut mit Sitz in Bochum machen könne. Die GLS bejahte, sein Berater besuchte ihn vor Ort, und die Umfinanzierung nahm ihren Lauf.

Dass Kunden bereits Anfang 2008, also bereits zu Beginn der Finanzkrise, Banken und Sparkassen gegenüber misstrauischer geworden sind, zeigt eine Forsa-Umfrage (siehe Grafik), die das Magazin „Stern“ im Feb-
ruar 2008 in Auftrag gegeben hat. Schon damals hatten 39 Prozent der Bundesbürger wenig oder kein Vertrauen in Banken oder Sparkassen. Besonders bitter für deutsche Kreditinstitute: Überdurchschnittlich hoch war das Misstrauen gegenüber der Kreditwirtschaft bei höher Qualifizierten oder Besserverdienern.

Nicht ganz so transparent wie die GLS Bank, aber auf jeden Fall ökologisch ausgerichtet ist die Nürnberger Umweltbank, die wie die GLS Bank vom Misstrauen der Kunden gegenüber herkömmlichen Kreditinstituten profitiert. Auch wenn die Umweltbank nicht die einzelnen Kreditnehmer und die Höhe ihrer Kreditsumme im Vierteljahrestakt veröffentlicht, fördert die 1997 gegründete „grüne Förderbank“, wie sie sich selbst nennt, ausschließlich Umweltprojekte. Im gewerblichen Bereich gehören dazu auch Fotovoltaik-
Anlagen, wie die von Frank van Rienen (siehe Kasten unten).

Als reine Direktbank ohne Filialen verzeichnete auch die Umweltbank mit ihrer klaren ökologischen Ausrichtung im vergangenen Jahr einen Kundenzustrom von etwa 9000 und zählt aktuell sogar
70000 Kunden. Ihre Bilanzsumme stieg im vergangenen Jahr um 12,9 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro. So hat auch sie wie die GLS Bank die Milliardengrenze überschritten. Allerdings in einem kürzeren Zeitraum, denn die GLS ist rund 30 Jahre alt, während die Umweltbank mit zwölf Jahren noch ein relativ junges Kreditinstitut ist.

gudrun.bergdolt@handwerk-magazin.de