Elternzeit: Geselle auf Babyurlaub

Bis zu 14 Monate nach der Geburt ihres Kindes können Eltern eine bezahlte Auszeit für die Familie nehmen. Ein Angebot, das heute auch immer mehr Männer nutzen. Worauf sich Chefs einstellen müssen.

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    Elternzeit
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    Vaterfreuden genießen: Immer mehr Männer nehmen Elternzeit, um ihren Nachwuchs zu betreuen.
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    „Chefs können die Babypause nicht ablehnen und sollten deshalb nach Kompromissen suchen.“ Bettina Trojan, Anwältin und Expertin für Elterngeldfragen in Köln.
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    27 Prozent aller Väter nehmen inzwischen ­Elternzeit, am häufigsten in Bayern, Sachsen, ­Berlin und Thüringen.

Geselle auf Babyurlaub

Bei den klassischen Frauenberufen ist die Elternzeit schon lange bekannt, die meisten Chefs und Mitarbeiter haben sich inzwischen darauf eingestellt: „Bisher hat nur einmal eine meiner Mitarbeiterinnen Elternzeit beantragt“, sagt Wolfgang Polke. Der Meister betreibt seit 22 Jahren einen eigenen Natur-Friseursalon im Herzen von Köln. „Selbstverständlich hat meine Mitarbeiterin die Elternzeit bekommen, sie ist ja auch gesetzlich vorgeschrieben“, sagt Polke. Probleme seien dem Betrieb dabei nicht entstanden. Im Gegenteil: Nach der Elternzeit kam die Mitarbeiterin gerne in den alten Job zurück und arbeitet seitdem in einer Teilzeitbeschäftigung.

Während die Auszeit für die Familie bei den meisten Frauen selbstverständlicher Teil des Lebenslaufs ist, wollen inzwischen auch immer mehr Männer ihren Nachwuchs in den ersten Lebensjahren persönlich betreuen. So meldet das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit 27,3 Prozent Väterbeteiligung einen neuen Höchststand bei der Elternzeit.

Mehrheit nimmt zwei Monate

Zwar widmen sich 77 Prozent der Väter bislang nur zwei Monate der Babypflege, immerhin sieben Prozent beziehen das Elterngeld jedoch für zwölf Monate. Zum Vergleich: Bei den Müttern bleiben 90 Prozent ein Jahr lang zu Hause.

Der Grund für die knappe Elternzeit der Väter ist nachvollziehbar: Sie müssen mindestens zwei Monate Elterngeld beziehen und somit Elternzeit nehmen, wenn das Paar tatsächlich volle 14 Monate lang die staatliche Leistung erhalten möchte. Und die beträgt immerhin 65 beziehungsweise 67 Prozent des Nettoeinkommens, höchstens 1800 Euro und mindestens 300 Euro pro Monat.

  • Rat:
  • Rechtzeitig miteinander reden: Wenn sich bei einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter Nachwuchs in der Familie ankündigt, ist das gerade beim ersten Kind ein hoch emotionales Ereignis. Da kommt es schlecht, wenn Sie als Chef den Spielverderber geben. Sobald die frohe Botschaft im Betrieb die Runde macht, sollten Sie deshalb mit dem Mitarbeiter sprechen und in Ruhe einen Kompromiss suchen. So vermeiden Sie Stress – und der Mitarbeiter bleibt motiviert.

Wenig Spielraum für Arbeitgeber

„Der Arbeitgeber kann nur schwer gegen diese Auszeit argumentieren“, weiß die auf Elterngeld-Fragen spezialisierte Anwältin Bettina Trojan aus Köln. Die Betreiberin der Webseite elternzeit-elterngeld.de rät deshalb zu Kompromissen. „Einerseits kann vielleicht der Angestellte dazu bewegt werden, die Zeit aufzuteilen.“ Dann kann sie womöglich in zwei nicht aufeinander folgenden Monaten genommen werden, in denen im Betrieb nicht so viel zu tun ist. „Andererseits lohnt sich auch die Nachfrage, ob es dem Vater vor allem um das Geld geht“, so Trojan. „Ist das der Fall, lässt er sich vielleicht durch eine Einmalzahlung zum Verzicht auf die Elternzeit bewegen.“ Rein formal jedenfalls sind dem Chef die Hände gebunden. Der Vater muss erst sieben Wochen vor dem gewünschten Termin den Beginn mitteilen. Ab der achten Woche vor dem Termin steht auch er unter Sonderkündigungsschutz.

Teilzeitstelle als Lösung

Auch generell ist Elternzeit nicht automatisch Mutterzeit: Jeder Elternteil darf pro Kind drei Jahre Elternzeit nehmen, muss dies aber dem Arbeitgeber rechtzeitig mitteilen. Hat dieser Schwierigkeiten, einen Ersatz zu finden, rät Expertin Bettina Trojan zu einer Teilzeitregelung. Bis zu 30 Stunden darf ein Mitarbeiter auch während der Elternzeit arbeiten, hat aber – anders als auf die Elternzeit generell – keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Teilzeitstelle während der Familien-Auszeit. Das ändert sich jedoch ab dem ersten Lebensjahr des Kindes: Jetzt kann der Arbeitgeber den Wunsch auf eine Teilzeitbeschäftigung nur ablehnen, wenn der Mitarbeiter nicht mindestens sieben Wochen vor dem geplanten Beginn mitgeteilt hat, dass er während der Elternzeit gerne noch eine Teilzeitstelle hätte.

Hat der Mitarbeiter die Frist eingehalten, können Chefs die Teilzeitarbeit nur dann ablehnen, wenn sie im Durchschnitt weniger als 15 Mitarbeiter – ohne Auszubildende – beschäftigen, der Arbeitnehmer nicht ununterbrochen ein halbes Jahr vor der Elternzeit im Betrieb beschäftigt war oder betriebliche Gründe dagegensprechen. Weil die Argumentation nach Erfahrung von Expertin Trojan oft schwierig ist, rät sie Firmenchefs, im Gespräch mit dem Mitarbeiter einen für beide Seiten tragfähigen Kompromiss zu finden. Schließlich soll der Mitarbeiter nach der Babypause genauso engagiert arbeiten wie vor der Familien-Auszeit.