„Einfach und unkompliziert“

Kreditvergabe im Internet | Ein Jahr nach dem Start verschiedener Kreditplattformen im Internet bieten die ersten jetzt auch gewerbliche Kredite an. Doch Vorsicht: Es gibt auch unseriöse Anbieter.

„Einfach und unkompliziert“

Den Auftrag für ein Haus aus Naturstammhölzern hatte Zimmermeister Mike Mätzing schon in der Tasche. Nur die dafür notwendigen Materialien fehlten ihm noch – und in Vorleistung wollte der Kunde nicht gehen. In früheren Zeiten wandte sich der Geschäftsmann dann an seine Bank – und eine kräftezehrende Prozedur begann. Dieses Mal jedoch bekam er von seinem Betriebsberater einen anderen Tipp. Er solle sich das Geld doch von Privatpersonen leihen und es mal bei Smava versuchen, einer Internetplattform, die Privatkredite vermittelt. Am 25. April stellte er daraufhin seinen Kreditwunsch auf den Smava-Seiten online, zehn Tage später hatte er die notwendige Summe von 11000 Euro zusammen. Insgesamt 23 Kleinanleger fanden sich, die ihm zum Zinssatz von elf Prozent Beträge zwischen 250 Euro und 1500 Euro zur Verfügung stellten. „Einfach und unkompliziert“ sei das Verfahren gewesen, freut sich Mätzing.

Dabei hatte der Zimmermeister aus dem brandenburgischen Fredersdorf allerdings großes Glück. Internet-Kredite für Gewerbetreibende gibt es mittlerweile seit gut einem Jahr. Erst seit April werden sie auch von Smava offeriert. Das Unternehmen ist der einzige Anbieter der neuen Dienstleistung, der auch vor den kritischen Augen der Verbraucherschützer Bestand hat. Vor anderen Anbietern dagegen wird massiv gewarnt.

Neben Smava gingen im Frühling 2007 auch noch ELolly und Auxmoney neu an den Start. Seit ein paar Wochen gibt es außerdem noch Money4friends in Deutschland.

Auf Augenhöhe verhandeln

Der Grund für die unterschiedliche Einschätzung der verschiedenen Plattformen liegt am Grundkonstrukt. Gemeinsam ist ihnen der Grundgedanke: Durch die Kreditvermittlung von Mensch zu Mensch sollen die Banken entmachtet werden. Der Kreditnehmer ist nicht mehr Bittsteller, sondern verhandelt mit dem Kreditgeber auf Augenhöhe: Person A will etwas kaufen, verfügt aber nicht über genügend Geld dafür. Person B hat genügend Geld und möchte dieses gewinnbringend und vielleicht noch sinnvoll anlegen. Jetzt braucht es nur noch jemand, der beide Personen zusammenbringt.

Beim Zusammenbringen hören die Gemeinsamkeiten dann auch auf. ELolly und Money4friends ermöglichen nur die Kontakte und halten sich aus dem eigentlichen Kreditgeschäft raus. Das bedeutet, die Beteiligten müssen selbst einen realistischen Zinssatz finden. Der Kreditgeber muss sich um Sicherheiten bemühen und im Falle von Zahlungsausfällen selbst das Geld eintreiben. Auxmoney hat sein Geschäftsmodell zwar inzwischen in einigen Punkten dem von Smava angeglichen. Es krankt aber immer noch daran, dass für den Kreditnehmer immer erst einmal Gebühren anfallen. Dass er dafür aber jemals ein Darlehen bekommt, ist nicht garantiert.

Erst bei Abschluss zahlen

Bei Smava dagegen wird der Kunde erst zur Kasse gebeten, wenn tatsächlich ein Darlehensvertrag zustande kommt. Darüber hinaus gibt es für die relativ geringen Gebühren, ein Prozent der Kreditsumme, weitreichende Service- und Sicherheitsleistungen. Der wesentliche Unterschied zu den anderen Anbietern besteht darin, dass es zwar vom Prinzip her noch um „private Lending“ geht, Kreditnehmer und -geber aber nicht direkt aufeinander treffen. Smava arbeitet im Kreditgeschäft außerdem mit der deutschen Bank für Investments und Wertpapiere AG (BIW) zusammen.

Und so funktioniert die Kreditvergabe via Internet: Zuerst stellt der Kreditnehmer sein Gesuch ins Netz. Finden sich dann Darlehensgeber, die in das Projekt investieren wollen, zahlen sie das Geld auf ein Konto der Bank. Die BIW prüft die Bonität, vergibt dann das Darlehen und zieht auch die Raten ein. Zahlt der Schuldner nicht, wird ein Inkassounternehmen eingeschaltet. Für Geldgeber hat dies den Vorteil größerer Sicherheit. Im gesamten ersten Jahr, betont Smava-Gründer Alexander Artopé, habe es lediglich vier Kreditausfälle gegeben.

Dass Smava jetzt sein Angebot um gewerbliche Kredite erweitert, ist die logische Konsequenz aus der Entwicklung im ersten Jahr. Ursprünglich war das Angebot nur an Privatpersonen gerichtet. Die Betreiber merkten jedoch schnell, dass die Kredite überwiegend von Selbständigen in Anspruch genommen wurden. Das macht ja auch Sinn, so Artopé, denn gerade sie bekommen von Banken nur schwer Kredite. Bis zu 100000 Euro können Anleger investieren, Kreditnehmer bekommen bis zu 25000 Euro, die sie in höchstens 60 Monaten abzahlen müssen.

Kredite von Gleichgesinnten

Zusätzlich hat der Kreditsuchende auf der Smava-Plattform auch die Möglichkeit, durch sein Projekt zu überzeugen. Ein Tischler aus Berlin kennt die Probleme der Branche und ist somit eher bereit, einem Tischler in Regensburg eine neue Hobelbank zu finanzieren als das Computerprogramm der Bank.

Das Geld für den Holzkauf von Zimmermann Mätzing kam zu einem Teil aus dem Handwerk. Zum anderen von Anlegern, die sich für das Bauen aus Naturmaterialien begeistern – wie ein Gewerbetreibender aus Lünen in Nordrhein-Westfalen, der mit Holzschachbrettern und selbstgemachten Figuren handelt. Unter dem Nutzernamen „Irkor“ stellte er 250 Euro zu Verfügung, weil er solche Häuser aus seiner polnischen Heimat kennt und liebt. „Ein tolles Projekt, das ich gerne unterstütze.“

Sabine Hildebrandt-Woeckel

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de