Ebbe im Geldbeutel

Chefgehälter | Die GmbH-Geschäftsführer im Handwerk verdienen immer weniger. Sie sind jetzt sogar das Schlusslicht im Branchenvergleich. Das zeigt eine aktuelle Gehaltsstudie.

Ebbe im Geldbeutel

Guter Hoffnung denkt Franz-Peter Kolvenbach, Dachdeckermeister in Weilerswist bei Köln, ans Geschäftsjahr 2007. „Erstmals seit einiger Zeit besteht die Chance, dass mein Betrieb wieder eine Tantieme für mich als Geschäftsführer abwirft“, so Kolvenbach. Wie fast alle Handwerksunternehmen hatte auch sein 14-Mann-Betrieb eine konjunkturelle Durststrecke durchzustehen, aber: „Die Auftragslage hat merklich angezogen, unsere Umsätze haben sich 2007 spürbar verbessert“, freut sich der Handwerksmeister.

Uwe Günther, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft RurEifel, kann das mit Einschränkungen bestätigen: „Die Umsätze und der Auftragsbestand haben sich in Teilbereichen des Handwerks positiv entwickelt. Von einer flächendeckenden Verbesserung der Ertragslage kann aber nicht die Rede sein.“

Denn die Problemkinder unter den Branchen konterkarieren eine einheitlich positive Entwicklung. Während zum Beispiel Bäckerei-Filialisten bestens verdienen, liegen Friseur-Betriebe tief unten auf der Renditeskala. Die Konkurrenz durch ausländische Subunternehmer sowie der massive Rückgang der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser seit Mitte des Jahres machen der Baubranche schwer zu schaffen. Gleiches gilt für die Kfz-Betriebe, die seit Anfang 2006 unter dem Einbruch des Neu- und Gebrauchtwagen-Geschäftes zu leiden haben. „Hier lässt sich auch in einem bestgeführten Unternehmen kein oder kaum Geld verdienen“, so Günther.

Ebenso groß sind die regionalen Unterschiede: Überall dort, wo mittelständische Wirtschaftsstrukturen weniger ausgeprägt sind, wo Geringverdiener und Arbeitslose die Strukturen bestimmen, fehlt den Handwerkern der Schub aus dem Privatkunden- und aus dem kleingewerblichen Geschäft. Der Großraum Stuttgart bildet eine Ausnahme. „Die Aufträge haben seit Mitte 2006 enorm angezogen“, hat Franz Falk, Betriebsberater in der Handwerkskammer Stuttgart, beobachtet.„Die Umsätze sind zwar gestiegen, die Gewinnentwicklung hat aber nicht in demselben Maße mitgezogen“, so Falk.

Das schlägt sich im privaten Geldbeutel der Unternehmer nieder. „Die unzureichende Ertragslage hat dazu geführt, das die Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer in inhabergeführten GmbHs ebenso wie die Privatentnahmen in Einzelfirmen oder Personengesellschaften bestenfalls unverändert geblieben sind – die meisten Inhaber von Handwerksbetrieben mussten in den letzten Jahren eher Einkommensverluste hinnehmen“, so Günther.

Die neueste Studie des Kölner BBE-Verlags über die Einkommen der GmbH-Geschäftsführer bestätigt diesen Eindruck. Erstmals seit Beginn der Untersuchung vor fast 20 Jahren muss das Handwerk im Branchenvergleich sogar die rote Laterne übernehmen. Denn mit den durchschnittlichen Einkünften ihrer Geschäftsführer ist die Branche zwischenzeitlich sogar hinter den Einzelhandel zurückgefallen. Die Zahlen basieren auf dem Jahr 2006/07 – der zarte Aufschwung im gerade abgelaufenen Jahr schlägt sich darin noch nicht nieder. Sie zeigen vielmehr die gesamte Tristesse: In fast allen Handwerksbranchen sanken die Jahres-Festgehälter der Geschäftsführer. Zum Beispiel im Baugewerbe: Die Geschäftsführer der Baubetriebe verdienten rund 10000 Euro weniger als im Vorjahr, im Baunebengewerbe betrugt das Minus rund 8000 Euro.

Das gleiche Negativ-Bild zeigt sich bei den Tantiemen. Wer überhaupt eine Gewinnbeteiligung ausbezahlt bekam, erreichte (mit Ausnahme der Garten- und Landschaftsbau-Betriebe) nicht ansatzweise das Niveau des Vorjahres. Dachdecker mussten hier im Schnitt ebenso auf rund 9000 Euro verzichten wie Metallverarbeiter und Druckerei-Chefs.

Gefahr droht auch von anderer Seite: Der Fiskus und seine Betriebsprüfer ziehen die aktuell niedrigeren Bezüge als neuen Maßstab für die Beurteilung heran, ob sich Chef-Gehälter im angemessenen Rahmen bewegen. Gerade für die besser verdienenden GmbH-Chefs im Handwerk kann das zur Steuerfalle werden.

Der Hintergrund ist klar: Gesellschafter-Geschäftsführer, die nicht nur die Geschicke der Gesellschaft leiten, sondern zugleich auch Kapitalanteile an ihr besitzen, sind Angestellte der GmbH, ihre Geschäftsführerbezüge mithin als Betriebsausgaben abzugsfähig. Und je höher das Gehalt, umso größer auch der Spareffekt bei der Körperschaft- und bei der Gewerbesteuer. Das passt dem Fiskus nicht. Um das Steueraufkommen zu halten, versuchen die Prüfer, das Chef-Gehalt möglichst niedrig anzusetzen. Der unangemessen hoch angesehene Teil wird als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet – die GmbH muss dann entsprechende Nachzahlungen bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer leisten. Unter die Lupe genommen wird dabei nicht nur das Festgehalt, sondern die Gesamtvergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers. Dazu zählen auch Tantiemen, Versorgungszusagen und andere Nebenleistungen wie die private Kfz-Nutzung. Peter Rath, Projektleiter die BBE-Gehaltsstudie: „Genau hier liegen die Stolperfallen für den Chef – nicht nur hinsichtlich der absoluten Höhe der Nebenleistungen, sondern auch bezüglich ihrer vertraglichen Gestaltung.“ Wolfgang Wawro, Steuerberater in Berlin, ergänzt: „Probleme entstehen immer, wenn zu großzügige Tantiemeregelungen getroffen werden. Vergütungen nach Gutsherrenart sind nicht ratsam.“

„Auf meine Bezüge achten die Prüfer immer genau“, hat Dachdecker-Meister Franz-Peter Kolvenbach festgestellt. 2006 hatte er Besuch vom Fiskus. Ohne Beanstandungen, weil er als Inhaber-Geschäftsführer mit Festgehalt und Tantiemen-Vereinbarung im Branchenschnitt liegt.

Klaus Manz

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de