Steuercheck Die ersten Praxistipps für Nachfolger

Noch bevor junge Unternehmer ihren Betrieb gefunden und übernommen haben, können sie schon Steuern sparen. Sobald sie selbst die eigene Firma führen, steht ihnen die ganze Palette der besten Steuerchancen offen.

Clevere Nachfolger checken zusammen mit ihrem Berater die Steuersparstrategie des übernommenen Betriebs und senken die Abgaben. Wie Junior und Senior am besten profitieren.

Augenoptikermeister Carsten Witt und seine Partnerin Grit Seele suchten fast ein Jahr lang nach einem geeigneten Betrieb zur Übernahme. Nachfolgebörse der Handwerkskammer, Gründertage in Berlin und viele Gespräche führten sie nicht recht zum Ziel. Skeptiker rieten ihnen angesichts von über 400 Optikern in der Hauptstadt von der Selbständigkeit ab. Doch der zündende Tipp kam dann doch - von einem befreundeten Augenoptikerpaar. Ein kleines Geschäft im Stadtteil Steglitz-Lichterfelde.

Nach drei Monaten Verhandlung mit der Vorbesitzerin und mit Investitionen von 50.000 Euro wurden sie die neuen Inhaber des gut eingeführten Geschäfts für Brillen und Kontaktlinsen.Den Steuerberater übernahmen die Nachfolger jedoch nicht von ihrer Vorgängerin. „Zum einen ist das eine recht persönliche Vertrauenssache, zum anderen brauchten wir am Anfang umfassenderen Rat“, beschreibt Grit Seele die ersten Schritte. Über ihren Unternehmensberater Thomas Achim Werner bekamen sie ihren jetzigen Steuerberater Klaus Koblitzek empfohlen, „sehr offen, hilfsbereit und in der Lage, Steuern einfach zu erklären“, schwärmt Grit Seele.

Schalten Sie einen Steuerberater ein

Wie den beiden Jungunternehmern geht es vielen Nachfolgern. Sie übernehmen zwar meist Inventar, Kundenstamm und Räume, beim Steuerberater aber suchen sie sich einen, der möglichst exakt zu ihnen persönlich passt. Wer dabei gründlich prüft, was der Experte kann, und alle wichtigen Steuertipps nutzt, kann gleich ab der Übernahme die Abgabenlast senken. „Frank Walraf von der Handwerkskammer hat uns gut betreut und geraten, einen Steuerberater einzuschalten“, lobt Grit Seele.

Er gab Tipps für den Kauf des Betriebs, die Rechtsformwahl, erläuterte die Besonderheiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), erledigt ihre Finanzbuchführung und erstellt die Steuererklärungen. Zug um Zug arbeitet sich auch Grit Seele in die Materie ein. Sie kontiert die Belege vor, prüft jeden Monat die Außenstände, setzt die Branchensoftware für Optiker ein und liest die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) vom Steuerberater und der Datev.

Mit der BWA behalten Carsten Witt und Grit Seele die laufende Entwicklung ihres erworbenen Unternehmens im Auge. „Es ist gut, wenn sich schon Existenzgründer auch damit befassen“, sagt Bernhard Leibfried, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Fellbach bei Stuttgart. „Sie ist auch deshalb wichtig, weil inzwischen alle Banken zeitnah und detailliert Angaben über Unternehmen verlangen, die Kreditanträge stellen“, weiß Leibfried. Fällt die Prüfung nicht gut aus, drohen Zinserhöhungen, die Anforderung weiterer Sicherheiten oder sogar die Kündigung eines bereits laufenden Kredits. „Diese Risiken können Unternehmer am besten mithilfe eines Steuerberaters rechtzeitig erkennen.“

Er nennt auch gleich noch weitere wichtige Instrumente, die Nachfolgern die ersten Jahre nach der Übernahme leichter machen. Wie etwa den Investitionsabzugsbetrag von 40 Prozent und die Sonderabschreibung für Kleinbetriebe in Höhe von 20 Prozent. Zudem hat der Nachfolger mit dem Kauf Steuervorteile, weil er die Wirtschaftsgüter des Betriebs, wie Fahrzeuge, Maschinen und das übrige Inventar, abschreiben kann. Grundlage hierfür ist der Kaufpreis der übernommenen Wirtschaftsgüter. Deshalb wird der Kauf oder eine Mischung zwischen Schenkung und Verkauf mitunter auch bei der Nachfolge innerhalb der Familie gewählt. „Was günstiger ist, wenn etwa der Sohn oder die Tochter den Familienbetrieb fortführen, sollten Eltern und Kinder mit dem Steuerberater besprechen und durchrechnen“, rät Leibfried.

Auch der Verkäufer spart Steuern

Und auch der Verkäufer eines Betriebs kann noch steuerlich profitieren. Wer seinen Betrieb ab 55 Jahre verkauft oder stilllegt, bekommt nach eventuellem Abzug eines Freibetrags (hängt von der Höhe des Gewinns ab) massive Steuervorteile. „Konkret geht es um den sogenannten Veräußerungsgewinn. Dieser besteht vor allem aus den stillen Reserven, die sich im Laufe der Zeit durch Wertsteigerung und Abschreibung als Differenz zwischen Verkehrswerten und Buchwerten aufgebaut haben“, erklärt Bernhard Leibfried.

Diese Regelung und den deutlich günstigeren Steuersatz darf der Senior nur einmal im Leben nutzen. Beliebig oft dagegen kann er den Veräußerungsgewinn alternativ nach der Fünftelregelung versteuern. Wie sich die zwei möglichen Steuermethoden auswirken, zeigt die Musterrechnung im Kasten unten. Dort bringt der günstigere Steuersatz in allen drei Beispielen erheblich mehr Steuervorteile als die alternative Fünftelmethode.Nachfolger und Vorgänger können also steuerlich von der Übergabe profitieren.

Vor lauter Steuervorteilen sollte der Nachfolger aber nicht vergessen, dass ihm sein Vorgänger nicht nur die Firma, sondern vielleicht auch Steuerschulden mitübertragen könnte. Gemeint sind betriebliche Steuerschulden, für die der Nachfolger ein Jahr lang aufkommen muss (Paragraf 75 Abgabenordnung). Danach allerdings kann das Finanzamt beim neuen Inhaber dann grundsätzlich keine offenen Steuerschulden mehr eintreiben.Überraschungen bei einer Betriebsprüfung freilich schließt der Ablauf des Jahres nicht aus. Sie reicht oft mehrere Jahre zurück und kann bei falsch angesetzten Steuertricks des Vorgängers zu Nachzahlungen führen.

Deshalb sollten sich Nachfolger vor diesen Risiken schützen. Die Haftung für Steuerschulden können sie mit einer vom Senior beantragten Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts ausschließen. Und gegen Überraschungen nach Betriebsprüfungen können sich Nachfolger mit einer Regressklausel im Kaufvertrag absichern.Grit Seele befürchtet solche Überraschungen nicht. „Der kleine Betrieb ist übersichtlich, auch die Steuerunterlagen haben sich unsere Berater genau angeschaut. Wenn jetzt noch weiterhin das Geschäft floriert, ist alles bestens.“

Tipps: So können Sie Steuern sparen

Noch bevor junge Unternehmer ihren Betrieb gefunden und übernommen haben, können sie schon Steuern sparen. Sobald sie selbst die eigene Firma führen, steht ihnen die ganze Palette der besten Steuerchancen offen:

Vorlaufkosten

Ausgaben vor der Übernahme setzen Nachfolger als „vorweggenommene Betriebsausgaben“ ab. Dazu gehören zum Beispiel Fortbildungskosten, Planungs-, Beratungs- und Reisekosten.

Investitionsabzugsbetrag

Mit dem Investitionsabzugsbetrag werden 40 Prozent der geplanten Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter, maximal 200.000 Euro, vom zu versteuernden Gewinn abgezogen. Auch bereits vor der Übernahme des Betriebs bestellte Sachen zählen dazu.

Abschreibung

20 Prozent Sonderabschreibung plus die degressive Abschreibung bis zu 25 Prozent (für Wirtschaftsgüter, die bis Ende 2010 gekauft wurden) verschafft kleinen Handwerksbetrieben vor allem eine Steuersenkung im ersten Jahr nach dem Kauf. Sobald die lineare Methode (gleiche Jahresbeträge) günstiger ist, wechselt der Betrieb zu dieser.

Darlehen

Nachfolger können Darlehen ihrer Angehörigen nutzen und dabei Steuern sparen. Wenn der Vertrag alle Details enthält, Zins und Tilgung regelmäßig gezahlt werden, kann der Betrieb die Zinsen absetzen. Und die Angehörigen bekommen einen Zinssatz, der beim Sparbuch unerreichbar wäre.

Familienmitarbeit

Beschäftigt der Nachfolger Ehegatten oder Lebenspartner, Kinder oder andere Verwandte, kann er deren Lohn sowie Extras als Betriebsausgaben absetzen.

Firmenwagen

Wer seinen Firmenwagen auch privat fährt, versteuert monatlich ein Prozent des Listenneuwagenpreises plus 0,03 Prozent je Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Betrieb. In Einzelunternehmen und Personengesellschaften geht das grundsätzlich nur, wenn das Fahrzeug zu mehr als 50 Prozent betrieblich im Einsatz ist.

Betriebsverkauf: Maximal Einkommenssteuer sparen

Wer mindestens 55 Jahre alt (oder berufsunfähig) ist, seinen Betrieb verkauft oder stilllegt, kann viel Einkommensteuer sparen: Bis 136.000 Euro Aufgabegewinn erhält er einen Freibetrag von 45.000 Euro. Für den Rest des Gewinns stehen Fünftelmethode oder begünstigter Steuersatz bereit.

Die Fünftelmethode heißt so, weil das Finanzamt den Betrag zunächst durch fünf teilt, die Steuern darauf berechnet und mal fünf multipliziert. Wegen der geringeren Progression der Fünftel ergibt das den Steuervorteil. Oder der Senior wählt den be-günstigten Steuersatz. Das sind 56 Prozent vom Einkommensteuersatz, den der Senior sonst hat. Untergrenze ist der Eingangssteuersatz von 14 Prozent.