Details zur Arbeitnehmerfreizügigkeit

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit erlaubt es EU-Bürgern, ungeachtet ihres Wohnortes in jedem Mitgliedstaat unter den gleichen Bedingungen eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben zu dürfen wie die Angehörigen dieser Staaten.

Mit der Geltung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit entfallen zugleich die verbliebenen Beschränkungen für Dienstleister aus diesen Staaten in den Branchen Bau, Gebäudereinigung und Innendekoration hinsichtlich der Entsendung von Arbeitnehmern nach Deutschland. Was im Detail gilt:

Beschäftigungsmöglichkeiten

Mit dem Wegfall der Übergangsbestimmungen erhalten die Bürger der 2004 der EU beigetretenen Staaten uneingeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Eine Arbeitsgenehmigung-EU nach § 248 Abs. 1 SGB III ist nicht mehr nötig. Dies gilt für alle Beschäftigten, unabhängig von der Qualifikation, Beschäftigungsdauer und Branche. Auch die Anmeldung bei der regionalen Arbeitsagentur entfällt. Nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU wird lediglich von Amts wegen von der Ausländerbehörde eine deklaratorische Bescheinigung über das Aufenthaltsrecht ausgestellt.

Schulabschlüsse

Die Anerkennung von ausländischen Schulabschlüsse n wird in den meisten Bundesländern zentral auf Antrag des neuen EU-Bürgers von einer zuständigen Stelle (z. B. der Bezirksregierung) durchgeführt. Diese bewertet, ob die Qualifikation mit einem deutschen Hauptschulabschluss, einem mittleren oder einem höheren Schulabschluss gleichgestellt werden kann.

Zulassungspflichtige Handwerksberufe

Für den Zugang zu zulassungspflichtigen Handwerksberufen als Betriebsleiter bzw. Selbstständiger führen die Handwerkskammern Anerkennungsverfahren durch. Ansonsten ist eine Anerkennung ausländischer Handwerksabschlüsse rechtlich nicht geboten, um den erlernten Beruf in Deutschland ausüben zu dürfen, und bisher – mit Ausnahme von Spätaussiedlern – auch nicht geregelt. Entscheidend ist die Anerkennung durch den Arbeitgeber. Um Zuwanderern den ausbildungsadäquaten Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern, erarbeitet die Bundesregierung derzeit ein Anerkennungsgesetz, das einen umfassenden Rechtsanspruch auf Prüfung und Vergleich ausländischer Berufsqualifikationen mit inländischen Referenzqualifikationen beinhalten soll.

Zeitarbeit

Ferner kann ab dem 01.05.2011 eine Tätigkeit bei einem deutschen Zeitarbeit sunternehmen aufgenommen werden. Außerdem können Zeitarbeit sunternehmen aus dem EU-Ausland ausländische EU-Bürger grenzüberschreitend an inländische Arbeitgeber verleihen, wenn sie eine Überlassungserlaubnis der Bundesagentur für Arbeit nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) besitzen. Die bestehenden Sonderregelungen für die innerstaatliche und grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung in der Baubranche nach § 1b AÜG bleiben vom Auslaufen der Übergangsfristen unberührt. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass zurzeit die Aufnahme der Zeitarbeit sbranche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) diskutiert wird, damit in dieser Branche bundesweit einheitliche Arbeitsbedingungen, insbesondere hinsichtlich der Mindestlohnhöhe, gelten. Sollte diese Branche Eingang in das AEntG finden, sind diese Bedingungen von allen in- und ausländischen Zeitarbeit sunternehmen, die Zeitarbeit skräfte in Deutschland beschäftigen, zu beachten.

Arbeitsrecht

Für die Beschäftigung bei inländischen Arbeitgebern gilt deutsches Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. Der Arbeitsvertrag wird direkt zwischen dem Bewerber und dem Arbeitgeber ausgehandelt. Er muss nicht mehr von der Arbeitsagentur genehmigt werden.

Es gelten die gleichen zwingenden Rechtsvorschriften, die für inländische Arbeitnehmer einzuhalten sind, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Urlaub, Arbeits- und Kündigungsschutz. Existiert für die Branche ein Tariflohn und sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer Mitglied der Tarifvertragsparteien, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben, bildet dieser Lohn die Untergrenze.

Die Lohnhöhe kann auch durch einen allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag festgelegt sein. Wird der Lohn dagegen frei vereinbart, darf die Lohnhöhe nicht sittenwidrig sein, das heißt, sie muss mindestens zwei Drittel des Tariflohns betragen, der in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlt wird. Nach dem AEntG für allgemeinverbindlich erklärte tarifvertragliche Mindestlöhne müssen in jedem Fall eingehalten werden.

Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen zur Erfüllung eines Auftrags nach Deutschland vorübergehend entsandten Arbeitnehmern unterliegen regelmäßig dem Recht des Herkunftsstaats des Arbeitgebers, soweit die Vertragsparteien keine anderweitige Rechtswahlvereinbarung nach der VO 593/2008 – Rom I getroffen haben.

Der Arbeitgeber ist jedoch an die Vorgaben des AEntG gebunden. Dazu zählen in den betreffenden Branchen insbesondere die Zahlung des Mindestbruttolohns einschließlich Überstundenzuschläge, die Einhaltung von Urlaubsregelungen sowie die Abführung von Beiträgen zu den Sozialkassen der Tarifvertragsparteien, sofern entsprechende Beiträge nicht an vergleichbare Einrichtungen des Heimatstaats geleistet werden.

Wird der Bewerber bei einem nationalen Arbeitgeber beschäftigt, ist das deutsche Sozialversicherungsrecht maßgebend. Ist der Arbeitnehmer dagegen Grenzgänger, hat er seinen Wohnsitz also in einem anderen EU-Mitgliedstaat, gilt ergänzend die VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme. Danach sind wie bisher die Regelungen des Beschäftigungsstaates maßgebend.

Auch im Fall der Entsendung aus einem anderen Mitgliedstaat nach Deutschland bleibt es weitgehend dabei, dass der Arbeitnehmer den Sozialversicherungsnormen des Entsendestaats unterliegt, wenn die Entsendung 24 Monate voraussichtlich nicht überschreitet. Entsandte Arbeitnehmer müssen den Nachweis für die in ihrem Heimatstaat bestehende Sozialversicherung mitführen. Die entsprechende Bescheinigung E 101 ist bereits zum 01.05.2010 durch die Bescheinigung A 1 abgelöst worden.

Im Übrigen gelten die bekannten Meldefristen zur Sozialversicherung und zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge weiter fort.

Dienstleistungsfreiheit

Die Dienstleistungsfreiheit gewährleistet es dem Dienstleistungserbringer, zum Zwecke der Erbringung seiner Leistung vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat tätig zu werden, und zwar unter denselben Voraussetzungen, die für Inländer gelten.

Mit dem Auslaufen der Übergangsregelungen zum 01.05.2011 entfallen auch die bis dahin geltenden übergangsbedingten Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit für Bürger der Beitrittsstaaten in den folgenden Wirtschaftssektoren:
  • Baugewerbe einschließlich verwandter Wirtschaftszweige,
  • Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln und
  • Tätigkeiten von Innendekorateuren.

In der Folge können Angehörige der Beitrittsstaaten künftig auch in diesen Bereichen grenzüberschreitende Dienstleistungen mit eigenem Personal aus diesen Staaten erbringen, ohne dass dieses einer Arbeitsgenehmigungspflicht unterliegt. Die gewerblichen und handwerksrechtlichen Voraussetzungen sind dabei allerdings zu beachten, insbesondere die Anzeigepflicht vor einer erstmaligen Leistungserbringung im zulassungspflichtigen Handwerksbereich (Berufe der Anlage A zur Handwerksordnung), die dem Nachweis einer hinreichenden Berufsqualifikation dient.

Werkvertragsregelungen

Die bilateralen Werkvertragsabkommen und die danach festgelegten Quoten und Verfahren für eine Arbeitnehmerentsendung nach Deutschland werden zum 01.05.2011 gegenstandslos. Die weiteren Abkommen mit Bulgarien, Rumänien und Drittstaaten bleiben davon unberührt.

Quelle: Zentralverband des Deutschen Handwerks