Design schützen

Geschmacksmuster | Wie technische Erfindungen sind auch Designs, Logos und ähnliche kreative Entwürfe zu schützen. Das kann sich schon bei einem einzigen Ideenklau auszahlen.

Design schützen

Ein faires Angebot machte Oskar Reithmeier, Steinmetz- und Bildhauermeister im bayerischen Velburg, seinem Konkurrenten. Als der Chef von 15 Mitarbeitern mit zwei Millionen Umsatz im Jahr Wind davon bekam, dass dieser einen seiner Grabsteine dreist abgekupfert hatte, rief er einfach an, um die Sache zu regeln. Die Reaktion war eher pampig. Reithmeier schickte dann eine Rechnung über 680 Euro für eine Einmallizenz, bei Preisen für Grabsteine zwischen 4000 und 10000 Euro sicher keine unmäßige Forderung, um diesen glatten Rechtsbruch zu bereinigen. Die Antwort fand der Steinmetz dann doch nur noch unverschämt: „Er warf mir per Brief Ganovenart vor.“ Aber Oskar Reithmeier konnte auch anders. Der Grabstein war durch ein eingetragenes Geschmacksmuster geschützt, die Angelegenheit ging an einen Patentanwalt, „dann wird es teuer, da kommen schnell 20000 Euro zusammen“. Die muss zahlen, wer den Streit verliert. Und das war der andere.

Branchen, Schutzvarianten. Das Geschmacksmuster bietet eine effiziente Hilfe gegen unerwünschte Nachahmung von gutem Design. Das macht es wichtig für alle Branchen, in denen krea-tive Gestaltung eine Rolle spielt, neben den Steinmetzen etwa auch für Goldschmiede oder Schreiner. Doch das ist nicht der einzige Kopierschutz. Wer seine Entwürfe für sich behalten will, kann noch über einige andere Möglichkeiten nachdenken: Da gibt es eine kostenlose Light-Variante, das Geschmacksmuster ohne Eintragung, oder das Urheberrecht. Und mit dem Markenschutz werden dreidimensionale Kreationen vor Nachahmern gesichert. Was jeweils sinnvoll ist und ob sich der Aufwand lohnt, hängt vom Geschäftsmodell sowie der Art der Entwürfe ab.

Risiko. Erich Zimmermann macht als Goldschmiedemeister in Augsburg mit seiner Frau und zwei festen Mitarbeitern rund 500000 Euro Umsatz. Seine Entwürfe sind begehrt, 80 Prozent gehen in die USA und andere Länder außerhalb der EU. Auch die Schmuckindustrie hat immer wieder gefallen daran gefunden. „Vor ein paar Jahren habe ich einen Halsschmuck entwickelt, der über ein Stahl-seil fixiert wurde. Die Idee war damals neu.“ Mehrere Hersteller griffen sie gerne auf und produzierten den Schmuck etwas schlechter und deutlich billiger. Folge: „Der Markt war überschwemmt, ich konnte nichts mehr verkaufen.“ Zimmermann zog vor Gericht, viel kam dabei nicht heraus, denn die Kette war nicht geschützt. Es gab einen Vergleich, der die Hersteller verpflichtete, ihn als Designer zu nennen, doch Geld bekam er nicht, im Gegenteil: „Ich musste 10000 Euro Gerichtskosten zahlen.“

Qualität als Waffe

Urkunde. Erich Zimmermann zog die Konsequenz. Als er einen neuen Ohrhänger entworfen hatte, ließ er ihn durch Geschmacksmuster schützen. Auf der Herbstmesse in Frankfurt am Main entdeckte er eine Kopie von den Philippinen. „Da bin ich mit der Urkunde hingegangen, die haben das sofort zurückgezogen.“ Inzwischen hat er einen anderen Weg zum effizienten Ideenschutz gefunden: „Meine Entwürfe sind so kompliziert und von den Materialien so hochwertig, dass sie sich für die industrielle Produktion nicht eignen.“

Limitierte Auflage. Bei Oskar Reithmeier ist das die Regel: „Meine Sachen sind für die Serienproduktion zu aufwendig.“ Mit Kopien muss er sich trotzdem he-rumschlagen, aber das sind Einzelstücke. „Oft geht das von Kunden aus, denen ein Grabstein gefällt, so einen soll ihnen der Steinmetz auch machen“, erklärt Rechtsanwalt Ralf Merk, Geschäftsführer beim Landesinnungsverband des Bayerischen Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks. Akzeptieren mag Reithmeier das trotzdem nicht. „Ich mache mir Tag und Nacht Gedanken, wie ich die Grabsteine anders, besser, persönlicher machen kann.“ Seine besten Entwürfe werden nur in limitierten Auflagen von drei bis höchsten 15 Stück hergestellt, nicht wie Fabrikware in Serien von 100 bis 1000 Stück. Dafür zahlen seine Kunden mehr, diese Einmaligkeit will der Steinmetz ihnen erhalten. „Aber es geht mir nicht nur um Rentabilität, da ist auch mein Stolz auf mein geistiges Eigentum.“

Urheberrecht. Ralf Merk vom Landesinnungsverband: „Für Grabsteine kommt auch Schutz durch das Urheberrecht infrage.“ Vorteil: keine Anmeldung, keine Kosten, „aber der Stein muss die Qualität eines Kunstwerks haben“ – ob er diesen Ansprüchen genüge, das sei eine schwierige Frage, die dem Landesinnungsverband immer wieder vorgelegt werde. „Wir können eine Stellungnahme abgeben, doch Rechtssicherheit gibt letzten Endes nur ein Gerichtsurteil.“ Das ist nicht so einfach zu bekommen. Patentanwalt Stefan Gehrsitz, Kanzlei Charrier in Augsburg: „Der Urheber muss nachweisen, dass das Werk tatsächlich seine eigene geistige Schöpfung, dass es herausragend ist und dass es zeitlich vor der angeblichen Kopie fertiggestellt wurde.“ Da habe es der Inhaber eines Geschmacksmusters doch leichter.

100 Euro Gebühren. Auf diesen Schutz setzt Oskar Reithmeier für seine Grabsteine seit 2001, „nicht für alle, aber für die einmaligen, neuen, guten Sachen“. Er hat es auf 80 bis 100 Anmeldungen gebracht. Der Aufwand? Die ersten beiden hat er mit Patentanwalt gemacht, das war sehr teuer, aber heute: „Ungefähr 100 Euro, dazu etwa 15 Minuten Schreibarbeit, ein Foto oder eine Zeichnung und alles ans Patentamt.“ Nach fünf bis sechs Wochen ist die Urkunde da.

Schutzbedarf. Der Braunschweiger Patentanwalt Thorsten Rehmann, Kanzlei Gramm, Lins & Partner, rät, über ein Geschmacksmuster immer dann nachzudenken, wenn ein Entwurf aus dem Rahmen fällt und sich zu Geld machen lässt. Wolfgang Heer: „Das kann sich gerade bei Entwürfen lohnen, die jeder sehen und damit kopieren kann, etwa Fenster oder Türen, aber auch Objekteinrichtungen.“ Außerdem gehe es da um viel Geld. Patentanwalt Rehmann: „Die Investition von 500 Euro sollte ein Entwurf schon tragen.“ So viel ungefähr kostet die Anmeldung eines Geschmacksmusters beim Deutschen Patentamt mit Beratung durch den Patentanwalt. Stefan Gehrsitz rät generell dazu, einen solchen Experten einzuschalten. „Denn gerade bei der Auswahl der Darstellung gibt es viele Fallstricke, die wichtig für die Effektivität des Schutzes sind.“ Er verweist als Einsparmöglichkeit lieber auf die Sammelanmeldungen, „sehr kosteneffizient“.

Wer sich mit den Überlegungen, ob Geschmacksmuster und ob mit Patentanwalt, allerdings zu viel Zeit lässt, dem kann es gehen, wie einem Mandanten von Patentanwalt Rehmann: Er stellte Grabsteine her, die ein anderer nachmachte, doch das merkte er erst nach zwei Jahren. „Da war es zu spät, denn ein Geschmacksmuster kann nur innerhalb eines Jahres nach seiner ersten Veröffentlichung angemeldet werden.“

Kleiner Schutz. Heute allerdings könnte Rehmann seinem Mandanten vielleicht helfen. Seit 2002 gibt es das Geschmacksmuster ohne Eintragung, also auch ohne Kosten, für alle Entwürfe, die aus der breiten Masse herausragen. Es ist nicht ganz so toll wie die Variante mit Eintragung. So hält dieser Schutz ohne Eintragung nur drei Jahre. Und er hilft nur gegen bewusstes Kopieren.

Erweiterter Schutz. Das eingetragene Geschmacksmuster greift dagegen schon, wenn der gleiche ästhetische Gesamteindruck entsteht, egal ob mit oder ohne Absicht.

EU-Schutz. Das Geschmacksmuster kann auch EU-weit helfen. Es wird im spanischen Alicante eingereicht, kostet 350 Euro, mit Patentanwalt insgesamt 800 bis 1000 Euro oder auch mehr. Ob sich diese Investition lohnt, hängt vom Absatzgebiet ab.

Dreidimensionale Ideen

Markenschutz. Daniel Hiller, Goldschmied im oberbayerischen Holzkirchen, setzt auf ein anderes Schutzkonzept. Von drei Jahren hatte er die Idee für einen Schmuck in Form einer Brezel. „Ich fand das naheliegend. Das gab es noch nicht. Eigentlich ist mir das unbegreiflich.“ Die Brezeln waren sofort ein unglaublicher Erfolg. Um sich vor Nachahmern zu schützen, meldete Hiller den Entwurf beim Deutschen Patent- und Markenamt an, nicht als Geschmacksmuster, sondern als Marke. Tatsächlich lassen dreidimensionale Objekte sich als Marke schützen. Kaum hatte Hiller die Urkunde in der Hand, da tauchten die ersten Nachahmungen auf, von Goldschmieden, vor allem aber auch von Trachtenfirmen. „Bisher habe ich meinen Entwurf immer erfolgreich verteidigt. Bei kleineren Goldschmiedebetrieben konnte ich das meistens durch einen Anruf regeln.“ Aber jetzt droht ein Prozess mit einer Trachtenfirma. Auf den Ausgang ist Daniel Hiller gespannt.

Beim Thema Markenschutz für Design ist Patentanwalt Gehrsitz aber eher zurückhaltend. „Der Markeninhaber muss im Streit beweisen, dass er selbst und der Gegner das geschützte Objekt tatsächlich als Marke benutzen, also zur Kennzeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.“ Ein Vorteil der Marke gegenüber dem Geschmacksmuster: Sie sichert nicht nur längstens 25 Jahre, sondern eine Ewigkeit.

Thomas Münster

harald.klein@handwerk-magazin.de