Check der Lohnkonten

BetriebsprĂŒfung | Alle vier Jahre kommt der PrĂŒfer von der Rentenversicherung. Sein Besuch kann teuer werden, wenn die Abrechnungen nicht exakt gemacht wurden.

Check der Lohnkonten

Fast 400 Millionen Euro im Jahr konnte die Sozialversicherung zuletzt an BeitrĂ€gen nacherheben. 1300 BetriebsprĂŒfer der Deutschen Rentenversicherung (DRV) waren ausgeschwĂ€rmt, um ĂŒber 390000 Unternehmen zu kontrollieren. Sie sind bei der DRV angestellt, treiben das Geld aber auch fĂŒr die Krankenkassen, die Arbeitsagentur sowie die KĂŒnstlersozialkasse ein (hm 11/2007). In zwei Jahren prĂŒfen die Kontrolleure auch im Auftrag der Berufsgenossenschaften mit. FĂŒr ihren eigenen Topf hat die Rentenversicherung zuletzt fast 145 Millionen Euro der Nachzahlungen behalten.

Kontrolle alle vier Jahre

Termin. Anders als bei BetriebsprĂŒfungen des Finanzamts kommt der Experte der DRV mindestens alle vier Jahre, denn nach Ablauf dieser Zeitspanne verjĂ€hren grundsĂ€tzlich die Beitragsforderungen der Sozialversicherung. „Der PrĂŒftermin wird in der Regel sechs bis acht Wochen vor der beabsichtigten BetriebsprĂŒfung mit dem Arbeitgeber oder der Abrechnungsstelle abgestimmt“, sagt Adrian RĂ€pple, Fachbereichsleiter PrĂŒfdienst der DRV Bayern SĂŒd in MĂŒnchen.

Ort. Meist findet die PrĂŒfung im Betrieb statt. Es werden aber auch mehrere Unternehmen zentral bei der Stelle untersucht, die die Lohnabrechnungen macht. „Das ist etwa der Steuerberater, ein verlĂ€sslicher Partner in der PrĂŒfung,“ erklĂ€rt RĂ€pple. Dass der auch kritisch ist, findet er in Ordnung. Ähnlich positiv Ă€ußert sich der Experte ĂŒber mitarbeitende Ehefrauen, Lebenspartner(innen) und Chefs in Handwerksbetrieben im Großraum MĂŒnchen. „Hier geht es meist sehr kooperativ zu – alle ziehen an einem Strang, damit die PrĂŒfung bald erledigt ist.“ Nur im lĂ€ndlichen Raum außerhalb MĂŒnchens, so die Erfahrung, stoßen die PrĂŒfer auf Scheu vor Amtspersonen.

Kleinbetriebe. Wer bis zu fĂŒnf Mitarbeitern hat und die Lohnabrechnung selbst macht, kann den Besuch des PrĂŒfers abwenden. „Hier bieten wir dem Arbeitgeber an, die PrĂŒfunterlagen auf Anforderung bei uns vorzulegen“, sagt Adrian RĂ€pple. „VorlageprĂŒfung“ heißt das. Der Nachteil: Fehler in der Abrechnung können nicht sofort besprochen, Fragen des Betriebs nicht einfach im GesprĂ€ch beantwortet werden. „Daher“, so RĂ€pple, „sind viele Handwerksunternehmer mit der PrĂŒfung vor Ort einverstanden.“

Fehler. Dies auch, damit sich einmal entdeckte Fehler nicht wieder in die nĂ€chste Abrechnungen einschleichen. Adolf Westenhuber, PrĂŒfer der DRV Bayern SĂŒd, nennt einige, die oft unterlaufen:

zu wenig gezahlte BeitrĂ€ge fĂŒr Minijobber, TeilzeitkrĂ€fte in der Gleitzone und SaisonkrĂ€fte;

falsch berechnete ZuschlĂ€ge fĂŒr Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit;

versehentliche Einstufung mitarbeitender Familienangehöriger nicht richtig als Arbeitnehmer oder vom Mitunternehmer versehentlich als Arbeitnehmer;

falsche Abrechnung oder Einstufung des GmbH-GeschĂ€ftsfĂŒhrers.

Wenn der PrĂŒfer kommt

Die erste Frage der PrĂŒfer ist die, wann die letzte LohnsteuerprĂŒfung war und was diese ergeben hat. Der Unternehmer muss die Ergebnisse zeigen. Weil in fast allen FĂ€llen der Steuernachzahlung entsprechend zu wenig Sozialabgaben abgefĂŒhrt wurden, werden auch hier Nachzahlungen fĂ€llig. Der PrĂŒfer vor Ort muss dann nur noch klĂ€ren, ob der Unternehmer schon von sich aus die BeitrĂ€ge berechnet und ĂŒberwiesen hat.

Steuerberater. Macht der Steuerberater auch die Lohnabrechnung, sind solche Überweisungen meist schon gelaufen. Er nutzt professionelle Programme, wie etwa das der Datev in NĂŒrnberg. Mit deren Software werden jeden Monat mehr als sieben Millionen Lohn- und Gehaltsabrechnungen erstellt und ĂŒber das Rechen-, Druck- und Versandzentrum verschickt. Über PC-Programme der Datev werden zusĂ€tzlich zwei Millionen Abrechnungen pro Monat gemacht.

ScheinselbstĂ€ndigkeit. „Das Thema ScheinselbstĂ€ndigkeit mĂŒsste eigentlich kein großes Problem mehr sein, wenn die Arbeitgeber im Zweifel ganz einfach uns fragen wĂŒrden“, betont Adolf Westenhuber. Die auch vom Bundessozialgericht bestĂ€tigten Merkmale fĂŒr eine selbstĂ€ndige TĂ€tigkeit sind:

es besteht ein Unternehmerrisiko;

es wird eigenes Kapital eingesetzt;

der Kunde hat kein Weisungsrecht;

der Auftragnehmer tritt unternehmerisch am Markt auf;

der Auftragnehmer beschÀftigt eigene Arbeitnehmer.

Clearingstelle hilft

Diese AbwĂ€gung muss der Auftraggeber oder Arbeitgeber nicht alleine vornehmen. Mit der PrĂŒfung, ob ein Arbeitnehmerstatus vorliegt oder nicht, kann die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund beauftragt werden (www.drv-bund.de). Sie ist Ansprechpartner fĂŒr alle Arbeitgeber, Steuerkanzleien und SelbstĂ€ndige. Am Ende des Anfrageverfahrens wird durch die Clearingstelle ein Bescheid erlassen. Gegen diesen Bescheid können Auftraggeber und Auftragnehmer Widerspruch und Klage einlegen. Der Widerspruch und die Klage haben aufschiebende Wirkung, wenn durch die Clearingstelle der DRV ein abhĂ€ngiges BeschĂ€ftigungsverhĂ€ltnis festgestellt wurde. An die Entscheidung der Clearingstelle sind auch die BetriebsprĂŒfer von der DRV gebunden.

Wichtig: Bei Arbeitnehmern beginnt die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung grundsĂ€tzlich mit der Arbeitsaufnahme. In der Vergangenheit griff allerdings eine Ausnahmeregelung: Im Falle der Feststellung einer abhĂ€ngigen BeschĂ€ftigung im Clearingverfahren gab es die Möglichkeit, den Beginn der Versicherungspflicht auf das Datum der Entscheidung des RentenversicherungstrĂ€gers zu legen. Dies war immer dann möglich, wenn der Auftragnehmer eine ausreichende private Kranken- oder Rentenversicherung nachweisen konnte. Höhere Nachzahlungen fĂŒr die Vergangenheit konnten so vermieden werden.

Hohe Nachzahlung droht

Seit 1. Januar wurden diese Regelungen ersatzlos gestrichen, weshalb Auftraggeber oder Arbeitgeber bei Feststellung einer abhĂ€ngigen BeschĂ€ftigung auch die BeitrĂ€ge im Rahmen der vierjĂ€hrigen VerjĂ€hrung nachzahlen mĂŒssen. Es ist also umso wichtiger, bei Beginn der Zusammenarbeit mit einem Auftragnehmer bei Unklarheiten einen Antrag bei der Clearingstelle zu stellen. „Seit es dieses fĂŒr alle Beteiligten hilfreiche Verfahren gibt, brĂ€uchte kein Arbeitgeber mehr wegen ScheinselbstĂ€ndigkeit zur Kasse gebeten werden“, betont Adolf Westenhuber von der DRV Bayern SĂŒd, und ergĂ€nzt: „Wer es allerdings darauf anlegt, Sozialabgaben zu hinterziehen und absichtlich Arbeitnehmer zum Schein als SelbstĂ€ndige beschĂ€ftigt, der fragt ganz bewusst keine Clearingstelle.“

harald.klein@handwerk-magazin.de