Betriebszahlen besser im Blick

BWA Kritische Banken, vorausschauende Unternehmer - mit der BWA belegen Handwerksfirmen ihre Leistungskraft. Das Instrument hat mit dem neuen Bilanzrecht jetzt noch mehr Aussagekraft.

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    Goldschmiedemeister Lothar Kuhn aus Esslingen hatte 2011 auch dank BWA sein erfolgreichstes Geschäftsjahr.
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    „Mit der Bilanzreform stehen Betriebe auch bei Banken besser da als früher.“Andreas Müller, Steuerberater aus München und Referent des Meistertreffs 2012.
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    Die Zahlen aus der BWA nimmt Lothar Kuhn in seine Excel-Jahresplanung auf.

Betriebszahlen besser im Blick

Lothar Kuhn aus Esslingen machte 2011 das
beste Geschäft seit der Betriebsgründung vor 30 Jahren. Zusammen mit fünf Mitarbeiterinnen setzte der Goldschmiedemeister und Schmuckdesigner rund eine Million Euro um. Seine Firma Kuhnstücke e.K. entwirft und fertigt vor allem Ringe und zeitgenössischen Schmuck für Damen, Unikate sowie Kleinserien mit Variationen.

Dass auch der Ertrag hervorragend ist, führt Kuhn nicht zuletzt auf die Kontrolle durch die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) zurück, zu der ihm auch schon sein Gründungsberater Franz Falk von der Handwerkskammer Region Stuttgart geraten hat. „Jeden Monat mailt mir mein Steuerberater die neuen Kennzahlen, die mir zeigen, wie sich meine Firma entwickelt“, freut sich Kuhn. Die Zahlen trägt er in einen per Excel selbst aufgebauten Jahresplan ein, „sodass ich auch eine Prognose aufstellen kann“.

Lotsenhilfe für Unternehmer

So lange und so intensiv wie Lothar Kuhn nutzt bis jetzt nur ein Teil der Handwerksbetriebe die BWA. „Dabei kann der Unternehmer mit diesem Instrument auch in der Eurokrise und dem vorhergesagten Konjunkturabschwung seine Firma wie ein Lotse das Schiff sicher durch die Untiefen führen“, weiß Steuerberater Andreas Müller aus München. „Und mit dem neuen Bilanzrecht“, so der Experte „hat sich die Aussagekraft der kurzfristigen Erfolgsrechnung noch erheblich verbessert.“ Vor allem weil Abschreibungen, Aufwendungen und Rückstellungen realitätsnäher als früher in Buchhaltung und Bilanz einfließen müssen, ergibt auch die BWA ein genaueres Bild. So sind die für bis Ende 2010 gekaufte Wirtschaftsgüter mögliche degressive Abschreibung und die Sonderabschreibung von 20 Prozent nur noch in der Steuerbilanz erlaubt. Buchhaltung, BWA und Handelsbilanz jedoch müssen sich am tatsächlichen Wertverzehr der Wirtschaftsgüter orientieren (siehe „Neues Bilanzrecht“ unten auf dieser Seite). Die bisherigen Steuervorteile sind dennoch möglich. Der Steuerberater leitet sie zwar aus der Handelsbilanz ab, darf aber beim Finanzamt etwa die maximale Abschreibung weiterhin geltend machen.

Andreas Müller empfiehlt die Auswertungen auch deshalb allen seinen selbständig tätigen Mandanten. Zum sofortigen Nutzen nennt er ein Beispiel: Geht etwa der Gewinn wegen eines Auftragseinbruchs stark zurück, kann der Handwerker bei den Personalkosten gegensteuern. Auch ob das Verhältnis Einkauf zum Umsatz stimmt, zeigt die BWA, weiß Goldschmied Lothar Kuhn: „30 bis 50 Prozent Materialeinsatz am Umsatz sind bei uns normal. Ergibt die Monatsanalyse, dass wir bei 70 Prozent sind, heißt das weniger einkaufen, Vorräte etwa an Gold und Edelsteinen, verringern“, so der Praktiker.

Gute „Fibu“ Voraussetzung

Grundlage der BWA ist die Finanzbuchführung (Fibu). Wichtig sind zum Beispiel die rechtzeitige und zeitnahe Verbuchung der Geschäftsvorfälle, die Einbuchung der Löhne und Gehälter nach der Bruttolohnmethode, die Erfassung der außerordentlichen sowie periodenfremden Aufwendungen und Erträge im neutralen Bereich, die perio-dengerechte Abgrenzung unregelmäßig anfallender Aufwendungen und Erträge, Versicherungsbeiträge, Abschreibung und Zinsen.

Auch das Thema Außenstände spielt eine wichtige Rolle. Genauer gemeint ist die Offene-Posten-Buchhaltung, der wichtigste Teil des Forderungsmanagements. Ideal ist es, wenn der Betrieb oder sein Steuerberater die Debitoren (Forderungen) und Kreditoren (Verbindlichkeiten) monatlich verbucht. Denn so behält der Handwerker nicht nur seine Außenstände im Blick, sondern kann aus der späteren BWA auch ablesen, wie sie sich auf die Entwicklung des Betriebs auswirken.

Richtig komplett wird das Zahlenwerk dann durch die Plan-BWA, wie sie auch Lothar Kuhn einsetzt. Darunter sind, ausgehend von den Istzahlen des Handwerksbetriebs, die angepeilten Werte des laufenden Wirtschaftsjahres zu verstehen. Weichen diese später ab, erläutert die Plan-BWA auch, warum und welche Maßnahmen der Unternehmer dagegen ergriffen hat.

Vorlage fürs Kreditgespräch

„So komplettiert, dient die BWA als gute Vorlage für das Kreditgespräch mit der Bank“, meint Andreas Müller. „Sie ist sogar heute in Zeiten der Zurückhaltung vieler Banken Voraussetzung für ein Darlehen zu günstigen Konditionen“, stimmt sein Kollege, Steuerberater Peter Bürkle aus Esslingen zu, der auch Kuhnstücke e.K. betreut. „Die Banken können aus BWA und Jahresplanung ablesen, ob die sogenannte Kapitaldienstfähigkeit gegeben ist, kurz, ob der Unternehmer neben Zins und Tilgung auch seine Privatentnahmen aus dem laufenden Ertrag bestreiten kann“, erklärt Bürk-le. Um das zu überwachen, vereinbarten viele
Institute bereits in den Darlehensverträgen, dass der Steuerberater mit Zustimmung des Mandanten die Monats-BWA online an die Bank sendet.

Diether Müller, früherer Vorstand einer großen Bank in München, kann dies nur bestätigen. „Eine qualifizierte BWA, die Kennzahlen auch in der langfristigen Entwicklung analysiert, ist eine unverzichtbare Informationsgrundlage für die Kreditvergabe. Rechne etwa der Betrieb viele Aufträge erst im neuen Jahr ab, ergebe sich bei den Kosten, beim Umsatz und Ertrag fürs alte Jahr ein schlechtes, fürs neue ein zu gutes Bild. BWA und Jahresauswertung korrigierten dies wieder.

Niedrigere Zinsen

„Ohne diese Informationen“, so der Ex-Banker, „bewilligt heute kaum noch ein Finanzinstitut den gewünschten Kredit.“ Auch auf die Zinsen schlagen aussagekräftige, gute Zahlen durch. „Bis zu drei Prozent weniger, sind da durchaus drin“.

An erster Stelle aber, da sind sich Lothar Kuhn und die Experten einig, steht bei der BWA das Ziel, dass der Handwerksbetrieb erfolgreich ist. Steuerberater Peter Bürkle schickt deshalb allen Betrieben zum Jahresende einen betriebswirtschaftlichen Kurzbericht, der auf der BWA aufbaut, Handlungs- und Beratungsbedarf aufzeigt. „Von sich aus nutzen nur 20 Prozent der Mandanten die BWA“, so Bürkle. Lothar Kuhn, der seine Firma mit der BWA aufgebaut hat, kann das nicht glauben: „Jeder Handwerker sollte das machen und damit seinen Betrieb steuern.“

harald.klein@handwerk-magazin.de

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