Belastung erträglich

Gewerbesteuer | Auch für Handwerksbetriebe sei die Gewerbesteuer in der Krise ein existenzbedrohendes Problem, behauptet ein Verband in München. Die Realität sieht anders aus.

Klaus-Dieter DörschelDer Wäschereiunternehmer in Berlin sieht sich durch die Gewerbesteuer nicht besonders belastet, obwohl er wegen größerer Investitionen zurzeit keine Einkommensteuer zahlt und die Anrechnung nicht nutzen kann. - © axentis/Georg Lopata

Belastung erträglich

Düsteres Szenario: „In der Krise droht die Gewerbesteuer strauchelnde Unternehmen in den Abgrund zu reißen“, warnt Fritz Wickenhäuser, Präsident des Bundes der Selbständigen in München. „61 Prozent aller kleinen und mittleren Unternehmen in Bayern sehen in ihr eine echte Gefahr“, weiß er aus der Umfrage bei über 1000 Unternehmen und Selbständigen aller Branchen. Dann schwächt er etwas ab: 53 Prozent aller Kleinbetriebe mit bis zu zehn Beschäftigten sähen in der Gewerbesteuer ein Problem. Erst bei größeren Firmen ab 50 Mitarbeitern stiegen die Bedenken stark an im Handwerk auf 72 Prozent der befragten Betriebe. Als Hauptbetroffene sieht der Bund die Tourismusbranche, die wegen hoher Mieten, Pachten und Franchisegebühren besonders viel Gewerbesteuer zahlen müsse, weil diese Posten zum Teil wie Gewinn angerechnet werden (mehr dazu unten).

Gelassen bleiben

Doch die Realität sieht anders aus. Wie handwerk magazin recherchiert hat, ist die Gewerbesteuer dank der seit Anfang 2008 verdoppelten Anrechnung auf die Einkommensteuer in der Wirtschaftskrise kein großes Problem.

Auch Klaus-Dieter Dörschel in Berlin sieht das entspannt. Zwischen 8000 und 12000 Euro Gewerbesteuer im Jahr überweist der Chef der Wäscherei Dörschel ans Finanzamt. „Bei 13 Mitarbeitern, darunter seinen Söhnen Marco und Tino, und über 680000 Euro Umsatz kein Riesenproblem“, räumt er ein. Und das, obwohl er die Gewerbesteuer zurzeit nicht mit der Einkommensteuer verrechnen kann. „Denn wegen großer Investitionen fällt bei uns keine Einkommensteuer an.“ Konkret geht es um den Neubau einer Halle mit 1300 Quadratmetern Fläche der Wäscherei vor allem für die Aufträge von zwölf Hotels. „Das Wäschevolumen steigern wir damit von 1,5 auf bis zu fünf Tonnen täglich“, berichtet Dörschel. Finanziert wird das Vorhaben mit einem 500000-Euro-Darlehen der Berliner Volksbank.

Ebenso gelassen sieht Matthias Lefarth vom ZDH in Berlin das Thema Gewerbesteuer für die rund 750000 Handwerksbetriebe, die als Einzelunternehmen oder Personengesellschaften firmieren. „Fast alle zahlen unterm Strich weniger Steuern als vor der Unternehmensteuerreform“, so der Abteilungsleiter Steuer- und Finanzpolitik. „Zwar ist die Gewerbesteuer keine Betriebsausgabe mehr“, räumt er ein, „doch das wird in der Regel durch die mit dem Faktor 3,8 verdoppelte Anrechnung auf die Einkommensteuer mehr als kompensiert (Musterrechnung Seite 67). Auch dass Zinsen, Mieten, Pachten und Leasinggebühren dem Gewerbeertrag hinzugerechnet werden müssen, betrifft die meisten Handwerksbetriebe nicht. Denn für diese Negativposten der Reform gibt es einen Freibetrag von 100000 Euro. „Das ist sogar noch besser als die bis Ende 2007 geltende Regelung, nach der die Hälfte langfristiger Zinsen dem zu versteuernden Gewinn hinzugerechnet wurde“, erklärt Matthias Lefarth.

Wie positiv sich die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer auswirkt, macht Matthias Lefarth am Hebesatz der Städte und Gemeinden mit bis zu 400 Prozent Gewerbesteuer fest: „Hier hat die Reform dazu geführt“, dass im Ergebnis keine Belastung aus der Gewerbesteuer bei den Betrieben hängen bleibt. Zwar haben die meisten größeren Städte höhere Hebesätze, München zum Beispiel 490, Hamburg 470 und Berlin 410. Das Gros kleinerer und mittelgroßer Kommunen jedoch überschreitet diese Marke nicht. Die Untergrenze liegt bei 200 Prozent.

Von günstigen Hebesätzen profitieren auch GmbHs, obwohl es bei diesen keine Verrechnung mit der Einkommensteuer gibt. Das wird jedoch bei den Kapitalgesellschaften zum Teil dadurch abgefedert, indem die vom Finanzamt festgesetzte Gewerbesteuer-Messzahl von 5 auf 3,5 Prozent verringert wurde. „Dies hat zu einer unmittelbaren Senkung der Gewerbesteuerschuld um 30 Prozent geführt“, erklärt Matthias Lefarth.

„Alles in allem betrachtet, sind daher die Unkenrufe für fast alle Handwerksbetriebe nicht berechtigt“, beruhigt der ZDH-Experte. Die Tendenz der Unternehmensteuerreform jedenfalls, die Gewerbesteuerlast eher von den kleinen auf größere Unternehmen zu verlagern, komme dem Handwerk voll zu Gute.

Ob und wann sich der Wechsel vom Personenunternehmen zur GmbH lohnt, können Handwerksunternehmer ihren Steuerberater prüfen lassen. Das Zahlenmaterial dafür bekommt er von der Datev in Nürnberg. Auf dieser Grundlage können Unternehmer und Steuerberater etwa auch klären, ob ein Rechtsformwechsel im Vorfeld einer anstehenden Beteiligung oder einer Betriebsnachfolge ratsam ist.

Schließlich kommt hinzu, dass die Kommunen auf die Gewerbesteuer dringend angewiesen sind. Ihre Kassen sind in der Krise mit am meisten strapaziert. Sie aber sind es, von denen örtliche Handwerksbetriebe Aufträge bekommen. Solange die Kommunen keinen adäquaten Ausgleich für die Gewerbesteuer haben, stößt deshalb die Kritik an dieser Abgabe auch deshalb auf Kritik.

harald.klein@handwerk-magazin.de