CE-Zeichen | Mit der neuen Maschinenrichtlinie wird das Konzept aus Normen, Richtlinien und Marktaufsicht weiter ausgebaut. Trotzdem ist vielen Unternehmern nicht klar, wie wichtig das CE-Zeichen ist.
Auf der sicheren Seite
„Der Umgang mit Normen wird immer wichtiger“, sagt Kuno Gutzeit, Elektromeister und Prokurist der Firma NDB. In Stade, Schwerin und Berlin beschäftigt NDB 350 Mitarbeiter. Sie stellen Solaranlagen auf und arbeiten für den Kernkraftwerkbetreiber EON, sie sind bei Privatkunden ebenso wie bei Airbus tätig. Ein breites Einsatzfeld mit unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen.
Schadensfälle durch unsichere Produkte oder Maschinen sind bestenfalls teuer und schlimmstenfalls tödlich. Und bei Haftungsfragen steht schnell die Existenz eines Betriebes auf dem Spiel. Wechselnde Sicherheitsnormen und Richtlinien zu kennen und einzuhalten, ist für Handwerksunternehmer unverzichtbar. „Wer bei Einkauf, Wiederverkauf, Umbau oder als Hersteller leichtfertig mit der Produktsicherheit und dem CE-Zeichen und den zugrunde liegenden Vorschriften umgeht, riskiert viel“, sagt Rechtsanwalt Burkhard Meyer von der Kanzlei Schimmelpfennig & Schaarschmidt in Bremen.
Warenverkehr wird einfacher
Mit dem CE-Zeichen hat die EU ein Sicherheitssystem geschaffen, das Unternehmen gleichermaßen Handlungsspielraum und Verantwortung einräumt. Durch das CE-Zeichen bekunden Hersteller eigenhändig, dass ihr Produkt allen wesentlichen Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entspricht. Zusätzlich müssen die Hersteller in dazugehörigen Dokumenten die eingehaltenen Richtlinien auflisten: Entweder mit der sogenannten Konformitätserklärung oder im Fall von Maschinenkomponenten mit der Herstellererklärung, die ab Ende 2009 Einbauerklärung heißt. Diese Anforderungen sind in EU-Richtlinien festgelegt und in nationales Recht umgesetzt.
Die Normen und Richtlinien der 27 Mitgliedsstaaten werden nach und nach in eine Form gegossen. Das erleichtert den Warenverkehr und stärkt den Verbraucherschutz. Und die neue Maschinenrichtlinie ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. „Sie betrifft etwa 1000 Normen in Europa, die Hälfte davon wird derzeit überarbeitet“, sagt Manfred Skiebe, Ingenieur und Inhaber des Instituts für Normen-Management (Inmas) in Bremen. Er berät NDB und andere Unternehmen und bildet CE-Koordinatoren aus, die in Betrieben die CE-Kennzeichnung steuern. Im Juni wurde die neue Maschinenrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Unternehmer haben nun noch 18 Monate Zeit, sich mit den Änderungen vertraut zu machen. „Ab dem 29. Dezember 2009 ist die neue Richtlinie dann übergangslos anzuwenden“, sagt Skiebe.
Aufsicht wird verschärft
Mit der Neuauflage der Maschinenrichtlinie wird auch die Marktaufsicht in Europa weiter verschärft. Wie in Deutschland dürfen dann Behörden von Polen bis Portugal eingreifen, wenn sie die Sicherheit der Verbraucher durch gefährliche Produkte bedroht sehen.
Das Sicherheitskonzept hinter dem CE-Zeichen geht aber nicht nur Hersteller, sondern auch Zulieferer und Betreiber an. In den Richtlinien – zum Beispiel der Bauprodukte-, der Maschinen- oder der Niederspannungsrichtlinie – ist erfasst, welche Produkte kennzeichnungspflichtig sind. Viele davon gehören zur täglichen Arbeit von Handwerkern: Maschinen, elektrische Betriebsmittel, Bauprodukte, Warmwasserheizkessel, Aufzüge, Druckgeräte, Messgeräte. Und durch Benutzung, Verkauf, Einbau oder Umbau können Handwerkern erhebliche Risiken entstehen, wenn die Richtlinien nicht eingehalten werden.
Deshalb hat Gutzeit auch sofort gehandelt, nachdem ein Großhändler ihm ein falsches Kabel ohne Kennzeichnung geliefert hatte: Das Kabel ging zurück und der Händler wurde angemahnt. Hätte das Kabel einen Schaden verursacht, wäre NDB mit in der Haftung gewesen. Wenn Konsumenten geschädigt werden, kennt die Gesetzeslage kein Pardon. „Endverbraucher können Regelverstöße häufig nicht kontrollieren, deshalb schützt sie der Gesetzgeber für den Schadensfall mit langen Verjährungsfristen“, sagt Meyer. Bei Folgeschäden gelten Fristen bis zu 30 Jahre.
Für Gutzeit beginnt die Sicherheit in den Köpfen der Mitarbeiter. Gemeinsam mit Skiebe hat er alle für NDB relevanten Normen und Vorschriften aufgelistet, eine Arbeit von sechs Monaten. Skiebe überwacht die aufgelisteten Vorschriften auf Änderungen und stellt sie NDB elektronisch zur Verfügung. Über das Intranet haben die NDB-Mitarbeiter stets Zugriff auf die gültigen, aktuellen Normen. „Ich muss es auch meinen Mitarbeitern weitergeben“, sagt Gutzeit. „Ich kann ja nicht davon ausgehen, dass das jeder von sich aus macht.”
„Der Einkauf muss die Normen und Vorschriften kennen“, berichtet Gutzeit weiter. Für die meisten Handwerker sollte die Vorsicht beim Einkauf ansetzen, um sich keine Risiken einzuhandeln. Es gilt, die Lieferungen und Leistungen der Zulieferer zu prüfen. „Hält das Produkt Normen und Richtlinien ein, liegt eine ordnungsgemäß ausgestellte Konformitäts- oder Einbauerklärung vor?“, zählt Meyer auf. „Ich muss wissen, welche Produkte welchen Bestimmungen unterliegen und danach Liefer- und Leistungsumfang genau gegenüber dem Zulieferer benennen und kontrollieren.“
Aber auch bei der Wartung und Reparatur älterer Maschinen muss der Handwerker die aktuellen Sicherheitsstandards beachten. Das Wissen um Vorschriften darf nicht veralten. „Was wir instand setzen, müssen wir nach geltenden Vorschriften instand setzen. Wir können ja nicht nach zehn Jahre alten Vorschriften arbeiten“, sagt Gutzeit.
Geht die Arbeit an einer Maschine über die Wartung hinaus und wird diese dabei wesentlich umgebaut, gilt der Ausführende als deren Hersteller und muss dann das gesamte CE-Verfahren durchlaufen: entsprechende Vorschriften recherchieren und einhalten, vom Entwurf bis zur Inbetriebnahme alle Arbeitsschritte dokumentieren, die Konformitätserklärung erstellen und schließlich das CE-Zeichen anbringen. Meyer warnt eindringlich: „Aus eigenem Interesse: Niemals ein CE-Zeichen selber kleben, ohne die Bestimmungen zu kennen und einzuhalten.“
Die Kosten für den Aufwand der CE-Kennzeichnung oder für externe Hilfe dabei müssten im Preis einkalkuliert werden. „Hier kann der Handwerker nur versuchen, mit der Einhaltung eines hohen Sicherheitsstandards zu werben, um dadurch die höheren Kosten über höhere Preise abzudecken“, so Meyer. Denkbar sei auch, sich durch den Kunden vertraglich Unterstützung für die CE-Kennzeichnung zusichern zu lassen.
Die Normen und Richtlinien mit den Produkten, Leistungen oder Maschinen einzuhalten ist das eine. Dies auch zu dokumentieren das andere. Hier greifen CE-Zeichen und andere Qualitätsmerkmale nahtlos ineinander. Mit Materialien ohne CE-Zeichen dürfte sich Gutzeit bei EON oder Airbus gar nicht blicken lassen. „Da kann man gar kein anderes Material verwenden, das ist die Standardqualitätsanforderung“, sagt er. NDB arbeitet nach dem Qualitätsmanagement-System ISO 9001. Dieses ist wiederum Voraussetzung, um die Zulassung nach den sicherheitstechnischen Regeln des Kerntechnischen Ausschusses zu bekommen, ohne die NDB nicht bei EON tätig werden darf. Kein Auftrag ohne nachgewiesene Qualifikation. Ein leichtfertiger Umgang mit dem CE-Zeichen würde diese Aufträge gefährden.
Schwieriger Nachweis
Den zuverlässigen Umgang mit Sicherheits-Richtlinien nachzuweisen wird für Handwerker immer wichtiger. Da sind sich Meyer und Skiebe einig. „Die Industrie wird Zulieferer aussortieren, die die geforderten Standards nicht einhalten können“, betont Skiebe.
„Um das Geld zu bekommen, ist die Dokumentation fast wichtiger, als das die Anlage funktioniert“, scherzt Gutzeit. Der Jurist Meyer hält das für gar nicht so abwegig. Handwerker schulden ihren Kunden eine mangelfreie Leistung. „Da eine unsichere Maschine als mangelhaft gilt, kann dies dazu führen, dass der Kunde nicht zahlt, wenn ihm solch eine Maschine geliefert wird“, sagt er. Und unsicher kann zum Beispiel auch bedeuten, dass einer tadellosen Maschine keine Betriebsanleitung beiliegt.
Das Ziel der ganzen Mühe rund um Normen und Richtlinien bringt Gutzeit so auf den Punkt: „Ich muss in der Lage sein, meine Mitarbeiter und Subunternehmer zu kontrollieren, denn letztlich fällt es auf uns zurück.“ Eine ständige Herausforderung. In der Praxis musste er sich mit einem Subunternehmer auseinandersetzen, der sich bei einem Bauvorhaben nicht an die geforderte Brandschutzrichtlinie gehalten hatte. Gutzeit reagierte sofort. Ein Gutachter wurde bestellt und anschließend Klage erhoben. Auftragsvolumen 10000 Euro. Ein langwieriger Prozess. Aber eine andere Wahl gab es für Gutzeit nicht: „Hätten wir das nicht gemacht, wären wir im Ernstfall dran gewesen.“
Claas Beckmann
reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de