Alltag raus, Abenteuer rein

Outdoorsport | Draußen sein, Natur erleben, persönliche Grenzen finden und überwinden. Freizeittrends wie Klettern oder Canyoning bieten Nervenkitzel und Entspannung zugleich.

Alltag raus, Abenteuer rein

Manchmal schmerzen ihre Finger beim Haareschneiden. Sandra Schrödel weiß dann genau, dass sie tags zuvor die eine oder andere Route zu viel geklettert ist. Doch das Ziehen in den Händen nimmt sie gerne in Kauf, schließlich kommt es von den vielen gelungenen Zügen und durchstiegenen Routen. Viermal in der Woche geht die Friseurmeisterin aus Bayreuth zum Klettern. Entweder draußen an den Felsen der Fränkischen Schweiz – einem Paradies für Sportkletterer – oder im Winter in der Halle.

Sportklettern verbindet Technik, Kraft und Psyche. Sich Zug um Zug den Felsen hochzuarbeiten, auf kleinsten Tritten zu stehen oder den freien Fall ins Seil einzukalkulieren stellt den Kletterer vor Herausforderungen, deren Überwindung glücklich macht. „Die Kombination aus körperlicher Fitness und Mut fasziniert mich“, sagt Sandra Schrödel. „Wie man alles miteinander verbindet, an seine Grenzen stößt und diese auch hinter sich lässt.“ Den Mix aus An- und Entspannung kann jeder Kletterer selbst bestimmen. Routen in sicher beherrschten Schwierigkeitsgraden sind purer Genuss. Gerät der Kletterer an die Grenzen seines Könnens, bedeutet jeder Zug höchste Konzentration.

Für Sandra Schrödel ist Klettern die perfekte Ablenkung vom Alltag. Im Sommer setzt sie sich abends nach der Arbeit ins Auto, ist eine halbe Stunde später am Felsen und kann dort noch bis Einbruch der Dunkelheit entspannen. „Ich genieße es, draußen zu sein. Klettern ist ein schöner Ausgleich zum Alltag.“ Von ihrem Sport profitiert sie auch im Beruf. „Im Salon stehe ich den ganzen Tag, da braucht man gute Muskeln.“ Fürs Klettern begeistert hat die 25-Jährige ihr Vater. Durch ihn und einen beim Deutschen Alpenverein (DAV) absolvierten Kurs lernte sie grundlegende Kletter- und Sicherungstechniken. Die wichtigsten Knoten, Seilkommandos, Top-Rope-Klettern und Abseilen können Anfänger innerhalb weniger Tage erlernen. Das Vorsteigen einfacher Routen bedarf zwar etwas mehr Erfahrung, ist aber auch nach kurzer Zeit möglich.


Wo: Fast überall in Deutschland an Felsen oder künstlichen Anlagen.

Familientauglich: Für Kinder ab fünf Jahren geeignet.

Ausrüstung: Sitzgurt, HMS-Karabiner, Express-Sets, Selbstsicherung, Abseilachter, Kletterseil, Kletterschuhe.

Infos: www.deutscheralpenverein.de (Stichwort: Breitenbergsport/Klettern), www.climbing.de

Literatur (Auswahl): Bernhard Thum „Topoführer Nördlicher Frankenjura“; Manfred Pelger/Georg Hermann (2003): „Kletterführer Donautal“; Gerald Krug (2003) „Rotgelbes Felsenland – Kletterführer Mitteldeutschland“

Luftiger Parcours

Wer ohne Kurs und Knotenüben einfach mal seine Grenzen austesten möchte, kann dies am besten beim Besuch eines Hochseilgartens oder Kletterwaldes tun. Diese künstlichen Anlagen bieten einen Hindernis-Parcours aus Seilen, Balken, Trittbrettchen und Brücken, die in unterschiedlicher Höhe – meist zwischen zehn und 20 Metern – verspannt sind. Höhepunkte bilden knifflige Balanceakte oder Flying-Fox, eine Seilbahn, bei der Mutige nach einem beherzten Sprung von der Plattform durch die Luft schweben. Der Kraftakt lässt sich gut dosieren: Am Ende jedes überwundenen Parcours-Elements können sich die Seilwanderer auf einer kleinen Plattform erholen.

Der Anbieter des Hochseilgartens stellt Besuchern eine komplette Sicherungsausrüstung inklusive Helm zur Verfügung und weist in die Benutzung der Anlagen ein. Ein Ausrutscher beim Klettern und Balancieren oder Ins-Seil-Springen birgt somit keine Gefahr.


Wo: Fast überall in Deutschland.

Familientauglich: Abhängig von der Ausgestaltung des Hochseilgartens, zum Teil schon für Kinder ab fünf Jahren geeignet.

Ausrüstung: Sitz- oder Kombigurt, Helm, Sicherungs-Set.

Infos: www.hochseilgarten.de

Eisenwege

Luftige Hangelei, hohe Leitern und schwankende Brücken bieten auch Klettersteige. Die mit Stahlseilen gesicherten, oft mit im Fels montierten Trittstiften oder Leitern versehenen Wege vermitteln Felsgenuss und Abenteuer in Gebirgskulisse. So können Bergwanderer – natürlich Schwindelfreiheit und Trittsicherheit vorausgesetzt – ohne großes Kletterkönnen und Materialaufwand steilere Bergregionen erkunden. Durch die oft ausgesetzte und dadurch spektakuläre Wegführung der gesicherten Steige sind wesentlich imposantere Ausblicke als von Normalwegen aus möglich. Je nach Schwierigkeit des Steigs sind beherztes Zupacken am Stahlseil und ein bisschen Mut erforderlich. Helm, Klettergurt und ein Sicherungs-Set, mit dem sich der Steigwanderer in die Stahlseilsicherungen einklinkt, sind ein unbedingtes Muss. Im Gegensatz zum Hochseilgarten sollten Klettersteiggeher einen Ausrutscher in luftiger Höhe jedoch nicht riskieren. Ein Sturz in die Selbstsicherung ist ein Unfall, der zwar den kompletten Absturz des Klettersteiggehers verhindert, in ungünstigen Fällen jedoch zu Verletzungen führen kann.

Klettersteige erschließen dem ambitionierten Wanderer heute viele Gipfel, die früher Alpin-Kletterern vorbehalten waren. Neben längeren alpinen Touren gibt es auch gesicherte Steige durch Schluchten oder kurze, oft anspruchsvolle Sportklettersteige. Ob lang oder kurz, im Hoch- oder Mittelgebirge – Gefahren wie Steinschlag, Wetterumschwünge oder Defekte der Sicherungsseile sowie Tritthilfen sollten Klettersteiggeher unbedingt beachten.


Wo: Im gesamten Alpenraum, zum Teil auch an Felsen des Mittelgebirges.

Familientauglich: Für trittsichere Kinder ab sieben Jahren geeignet.

Ausrüstung: Sitzgurt, eventuell Brustgurt, Helm, Klettersteig-Set mit Karabinern und Seilbremse.

Infos: www.deutscheralpenverein.de (Stichwort: Breitenbergsport/Klettersteige)

Literatur (Auswahl): Eugen E. Hüsler (2005): „Hüslers Klettersteigatlas Alpen“; Paul Werner (2007): „Klettersteige Bayern, Vorarlberg, Tirol, Salzburg“

Schluchten erkunden

Tiefe Becken, steile Rutschen, vom Wasser imposant ausgewaschene Felsformationen: Was Wanderer auf ausgebauten Klammwegen trockenen Fußes betrachten, erleben Canyonisten hautnah. Flussabwärts erkunden sie Schluchten, auftretende Hindernisse wie Wasserfälle oder Felsverhaue werden abgeseilt oder abgeklettert. Für Spaß und Nervenkitzel sorgen Sprünge oder Rutschen in Wasserbecken. Je nach Charakter der Schlucht sind längere Schwimmstrecken oder sogar Tauchpassagen möglich. Genauso vielfältig wie die Natur ist auch die Auswahl möglicher Canyoning-Touren. Für Anfänger oder Familien bietet sich ein Einstieg über einfache Flusswanderungen an. Sie gibt es ohne oder mit nur niedrigen Abseilstellen. Zudem ist jederzeit ein Abbruch der Tour möglich. Fortgeschrittene können Schluchten mit hohen und technisch schwierigen Abseilstellen, fehlenden Rückzugsmöglichkeiten und starkem Wasserdruck begehen.

Selbstständig durchgeführtes Canyoning ist Bergsport im Wasser – mit all seinen grandiosen Erlebnissen, aber auch Gefahren. Wer das Schluchtengehen einfach nur mal ausprobieren möchte, sollte sich deshalb erfahrenen Gruppen oder geführten Touren kommerzieller Veranstalter anschließen.


Wo: Im gesamten Alpenraum, Pyrenäen, Abruzzen usw.

Familientauglich: Für Schwimmer ab etwa sieben Jahren geeignet.

Ausrüstung: Helm, Canyon- oder Statik-seil, Sitzgurt, Abseilachter, Karabiner, Selbstsicherung, Neoprenanzug.

Infos: www.schluchten.de

Literatur (Auswahl): Alfons Zaunhuber (1996): „Canyoning – Bergsport im Wasser“; Roger Büdeler/Gabriele Flitner (1997): „Pyrenäen. Die schönsten Canyoning-Touren.“

Wasserwandern

Sanft ist das Boot durch die Natur geglitten, jetzt scheint der Fluss plötzlich abzureißen, verschiebt sich der Horizont. Ein leichter Sog zieht das Boot in Richtung Wehrkante. Noch ein paar beherzte Paddelschläge und schon schießt das Boot die Schräge herunter und taucht ins Unterwasser ein.

Ein Tag im Kajak oder Kanadier wird nie langweilig. Neben Schwallstrecken, künstlichen oder natürlichen Stufen warten idyllische Flusslandschaften, Vögel und Schmetterlinge auf ihre Entdeckung. Das Paddeln auf Zahmwasser-Flüssen ist nicht besonders schwer, auch wenn es am Anfang meist nur im Zick-zack geht. Bereits nach kurzer Zeit lernt der Kanute den Fluss lesen und kann einfach dem Wasser folgen. Spezielle Techniken und das Befahren von Wildwasser üben Anfänger am besten in organisierten Kursen. Boote und benötigte Ausrüstung lassen sich an vielen Flüssen ausleihen. Wie bei allen Natursportarten sind auch beim Kanufahren das Erkennen und der richtige Umgang mit Gefahrenquellen wichtig. Hierzu zählen besonders Hochwasser, aber auch Risiken durch Wehre, Schleusen, Baumverhaue und Brückenpfeiler.


Wo: Grundsätzlich auf allen Fließgewässern in Deutschland, regionale Sperrungen und Befahrungsregelungen beachten.

Familientauglich: Schwimmkenntnisse erforderlich, ab etwa acht Jahren können Kinder selbstständig paddeln lernen.

Ausrüstung: Boot: Kanadier (offenes Boot, in dem man auf Bänken sitzt oder kniet) oder Kajak (bis auf Sitzluke geschlossenes Boot), Paddel (Stechpaddel für Kanadier, Doppelpaddel fürs Kajak), Schwimmweste, gegebenenfalls Helm, Neoprenanzug, Spritzdecke.

Infos: www.kanu.de; Datenbank Bootsverleih unter http://service.nofrills.de/kanumagazin/verleih-guide/

Literatur (Auswahl): DKV-Flussführer

sandra.rauch@holzmannverlag.de