Alleskönner für eine Tonne Nutzlast

Transporter | Noch nie gab es eine solche Auswahl an leichten Transportern der Drei-Tonnen-Klasse. Nach wie vor dominiert der VW T5 den Markt, doch die neuen Scudo/Expert/Jumpy wollen den Platzhirschen Anteile wegnehmen.

Alleskönner für eine Tonne Nutzlast

Neues aus Japan: Auch Toyota versucht es in der Transporterklasse noch einmal mit einem aufgemöbelten Modell des alten HiAce. Doch trotz Allradvariante und neuen Heckflügeltüren bleibt der HiAce zu teuer für das, was er bietet. Noch dazu kann Toyota für den Hecktriebler weder eine Antriebs-Schlupfregelung (ASR) noch ESP anbieten. Einen Vorteil hat der Japan-Transporter allerdings: Mit 180 Zentimetern Breite ist er deutlich schmaler als die meist 190 Zentimeter messende Konkurrenz.

Volkswagen Nutzfahrzeuge gibt sich derzeit alle Mühe, sich von seinem Hochpreis-Image zu lösen: Preiswerte Einsteigermodelle sollen den Weg zu VW versüßen. Und auch ein Anfang in Sachen „Branchenmodelle aus einer Hand“ ist nun gemacht: Unter dem Produktnamen „Profi Line“ bietet VW eine noch recht überschaubare Anzahl von Grundmodellen mit standardisierten Fahrzeugeinrichtungen an. Zusammen mit dem Ausbau-Partner Sortimo wird der Transporter T5 zum „Service Profi“: Zwei Grundregale der Sortimo-Globelyst-Reihe sitzen links und rechts im Laderaum und werden mit spezifischer Zusatzausrüstung ergänzt. Für temperaturgeführte Transporte gibt es die „Cool Profi“-Reihe. Sie reicht vom Caddy mit rund 500 Kilo Zuladung über den Transporter mit rund 700 Kilo Zuladung bis hin zum Crafter mit bis zu einer Tonne Nutzlast. Die Kühlausrüstung mit Dach-Kühlaggregaten, Isoliereinbau mit Aluwanne und ABS-Wänden stammt vom Systempartner Kerstner. Interessant für den Dienstleister ist die „Express-Profi“-Reihe. Transporter und Crafter werden dabei speziell für den Stückgut-Einsatz konditioniert.

Mit dem Transporter „City“ strapaziert VW Nutzfahrzeuge unnötigerweise das Marketing-Instrument „Sondermodelle“. Denn der City-Transporter in seiner Kastenwagen- und Kombi-Ausprägung hat im Grunde genau das, was man heutzutage von einer Transporter-Grundausstattung erwarten würde: Mit dem 1,9-Liter-TDI (62 und 75 kW) unter der Haube bieten City Kombi und Kastenwagen ein Radio, eine Beifahrer-Doppelsitzbank und ein vollwertiges Reserverad. Das ist der Rede eigentlich nicht wert. Den Transporter ergänzen eine Trennwand mit Fenster, die halbhohe Laderaumverkleidung und eine Heckklappe. Den neunsitzigen Kombi City zeichnen zwei hintere Dreiersitzbänke (die letzte davon „falt- und wickelbar“), Klimaanlage, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber und Spiegelverstellung sowie Airbags für Fahrer und Beifahrer aus. Das sollte heute alles Standard sein und ist es bei manchen Konkurrenten auch. Immerhin: Volkswagen reagiert damit auf die viel kritisierte Hochpreispolitik und bietet nun bezahlbare Nutzfahrzeuge an – wenngleich mit stets abgespeckter Ausstattung.

28 Zentimeter länger

Die zweite Generation von Fiat Scudo, Citroen Jumpy und Peugeot Expert ist 28 Zentimeter länger und sechs Zentimeter breiter als das Vorgängermodell, die Garagenhöhe von unter zwei Metern blieb erhalten. Das Längen- und Höhenkonzept weist neben zwei Radständen und zwei Dachhöhen eine Besonderheit auf: Mit dem um zwölf Zentimeter verlängerten Radstand ist stets auch ein um 21 Zentimeter verlängerter hinterer Überhang verbunden.

Mit diesen Grundmaßen liegt der neue Fiat Scudo sehr nah an den Eckdaten des Mercedes Vito. Aber Scudo/Jumpy/Expert sind deutlich höher im Innenraum als alle anderen Konkurrenten. Wer oft im Laderaum halb gebückt stehen muss und nach Material sucht, wird diese Grundeigenschaft sehr schnell schätzen lernen. Auffallend ist, dass der Scudo mit 47 Prozent das schlechteste Verhältnis von Ladelänge zur Gesamtlänge aufweist. Mindestens 50 Prozent sind hier der Klassenstandard, der VW T5 bietet sogar 52 Prozent, der Toyota HiAce sogar 53 Prozent. Dieses Maß spiegelt letztlich die konstruktiv eingebaute Transportleistung wider. Beim neuen Scudo hat man viel Laderaumpotenzial dem zugegebenermaßen hübschen Design und der Sicherheit geopfert. Aber auch bei den Türgrößen hat man gegeizt: Bei eingebauter Trennwand fällt die effektive Breite der seitlichen Schiebetür so schmal aus, dass eine Gitterbox gar nicht und eine 80 Zentimeter breite Europalette nur mit Mühe durch die Öffnung passt.

Spritzig und günstig

Als fein abgestimmtes Triebwerk mit Sechsgang-Getriebe erweist sich beim Scudo der 88 kW-Diesel. Für überwiegenden Stadtverkehr empfiehlt sich der nur 1,6 Liter große 66 kW/90 PS-Diesel. Ihm genügt ein Fünfgang-Getriebe, dank kurzer Übersetzung wirkt auch dieser Triebstrang recht spritzig und ist dennoch günstiger Im Verbrauch. Der 140-PS-Benziner soll als Basis für eine künftige Scudo-Erdgas-Variante dienen.

Sehr viel mehr Effizienz zumindest beim Laderaum zeichnet im direkten Vergleich den neuen Ford Transit aus. Der Klassiker gilt auch nach dem letzten Facelift als zuverlässiger Transporter ohne Schnickschnack. Wichtig für Garagenparker: Es gibt den Transit jetzt auch mit dem längeren Radstand in der Variante mit niedrigem Dach. Der Fronttriebler wartet jetzt mit einer komplett neu gestalteten Kabine und neuem Armaturenbrett mit Joystick-Schaltung auf.

Muster an Elastizität

Die Kur bekam auch den Motoren gut: Der 2,2-Liter mit 85, 110 und 130 PS ist ein Muster an Elastizität und besonders die 110 PS-Variante erwies sich im Test als ausgesprochen sparsam. Wer Ladelänge benötigt, ist mit dem Transit ebenfalls bestens bedient: Kein anderer bietet Ladelängen bis zu 340 Zentimeter. Leichte Abstriche im Abroll- und Geräuschkomfort sowie eine ebenfalls oft magere Grundausstattung relativieren allerdings das ansonsten sehr positive Bild des Ford Transit ein wenig.

Bei Renault, Opel und Nissan bekommt man dagegen relativ viel fürs Geld. Die baugleichen Trafic, Vivaro und Primastar haben seit ihrem Erscheinen den Marktführern VW und Ford ziemlich zugesetzt. Sehr sparsame Motoren, eine leise, recht komfortable und praktisch ausgestattete Kabine und der geräumige, nahezu kubische Laderaum des Franzosen fanden viel Interesse.

Mutig auch der Schritt, das automatisierte Schaltgetriebe „Quickshift“ für den Trafic anzubieten. Es erspart nicht nur Tausende manueller Schaltungen auf den üblicherweise befahrenen Kurzstrecken, sondern es erzieht auch zu einer gelassenen Fahrweise, spart Sprit und senkt den Verschleiß. Dass ein solches Automatikgetriebe auch die Unfallzahlen im Fuhrpark senkt, lässt sich mittlerweile in größeren Flotten eindeutig belegen.

Fazit: Was die klassischen Dreitonner fürs Handwerk prädestiniert, ist vor allem ihr ausgewogenes Verhältnis von Größe zu Nutzlast. Letztere liegt bei knapp einer Tonne und das ist so viel, wie manch gut ausgestatteter und auf Volumen ausgelegter 3,5-Tonner vom Schlage eines Sprinter oder Crafter transportieren darf.

Robert Domina

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de