Digitalisierung Zeiterfassung: Abschied vom Stundenzettel

Sie wollen vom Schreibtisch aus jederzeit über Aufträge und Kosten informiert sein? Mobile Systeme liefern alle Informationen per Knopfdruck. So finden Sie die passende Lösung für den Betrieb. Dann brauchen Sie als Handwerksbetrieb auch keine Stunden- und Wochenzettel mehr.

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    Zeiterfassung direkt auf der Baustelle: Helmut Daume (re.) und Mitarbeiter Frank Kazmierzak.
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    Genauer, schneller und unbürokratischer so die Hauptgründe der Betriebe für die Einführung elektronischer Erfassungssysteme.
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    Zu wenig Funktionen, zu kompliziert und nicht kompatibel - viele Betriebe klagen bei ihrem System über Mängel.

Die Arbeitszeitabrechnung funktionierte in Helmut Daumes Unternehmen bis vor sechs Jahren „so wie in den meisten Handwerksbetrieben“, erklärt der Dachdecker- und Klempnermeister aus Ahaus: „per Stundenzettel“. Was bei Firmen mit fünf oder zehn Mitarbeitern in der Praxis noch einigermaßen handhabbar ist, erwies sich für die Helmut Daume Dachhandwerk GmbH & Co. KG mit ihren damals 30 Beschäftigten, individuellen Arbeitszeitvereinbarungen, Jahresarbeitszeitkonten und gleich mehreren Profitcentern als nicht mehr praxistauglich: „Zu fehlerbehaftet, zu langsam und vor allem zu zeitraubend“, fasst der Firmenchef, der auch Betriebswirt des Handwerks ist, seine Erfahrungen mit der leidigen Zettelwirtschaft zusammen.

Rund zwölf Monate später waren die Papierstapel in dem 1920 vom Großvater Carl gegründeten Familienbetrieb endgültig Geschichte. Die Arbeitszeiten werden seither elektronisch erfasst, „und zwar live“, erklärt Lohnbuchhalterin Christel Scholz, „also direkt auf der Baustelle, vor Ort beim Kunden oder im Büro“.

Erst testen, dann kaufen

Technisch möglich macht das in diesem Falle der Onlinedienst Virtic.de. Der Name steht für „Virtual Time Clock“, also „Virtuelle Stechuhr“. Für den gleichnamigen Dortmunder Anbieter entschieden sich die Ahauser Dachhandwerker nach „intensiver Marktrecherche und dreimonatigen Tests von mehreren Systemen“, wie Buchhalterin Christel Scholz bekennt; sie leitete seinerzeit das Erprobungsverfahren.

„Der Markt ist äußerst kleinteilig und deshalb schwer zu überblicken“, bestätigt Ingrid Beckmann. Die Informatikerin aus Dortmund startete 2008 mit einem Geschäftspartner das Informationsportal www.mobile-zeiterfassung.info (siehe auch Online exklusiv). Die werbefinanzierte Seite liefert heute den wohl umfassendsten Überblick über die Branche. So werden hier rund einhundert technische Lösungen zur mobilen Arbeitszeiterfassung vorgestellt. Einen klassischen Platzhirsch gibt es laut Beckmann nicht, „der Markt besteht bis heute aus lauter Nischen“.

Dass es sich lohnt, die unterschiedlichen Anbieter und Lösungen genau zu sondieren, zeigt eine Umfrage der Fachhochschule Furtwangen im Auftrag des Herstellers Reiner SCT: Nur sechs von zehn Unternehmen würden demnach ihr derzeit genutztes Zeiterfassungssystem uneingeschränkt weiterempfehlen. Die Gründe für die Unzufriedenheit überraschen: So empfinden 32 Prozent die Systemfunktionen als nicht ausreichend, 17 Prozent ist die Anwendung zu kompliziert, 13 Prozent beklagen die fehlende Schnittstelle zur Unternehmenssoftware (siehe Grafik Seite 40).

Perfekter Durchblick für die Chefs

Dass ein solches System bei der richtigen Auswahl nicht nur Stundenzettel spart, sondern auch die Auftragssteuerung und Kalkulation massiv erleichtert, zeigt das Beispiel im Ahauser Dachdeckerbetrieb. Um etwa den Arbeitsbeginn seines Teams zu registrieren, wählt der zuständige Vorarbeiter auf seinem Mobiltelefon einfach den jeweiligen Auftrag aus einer vorgegebenen Liste und drückt auf „Beginn“. Jede Statusänderung im Laufe des Tages quittiert er wiederum per Handy-Taste, zum Beispiel den Anfang und das Ende von Pausen, Ortswechsel zu einer anderen Baustelle, Materialbesorgungsfahrten oder den Feierabend.

Mit jedem Knopfdruck wird die entsprechende Information zu einem zentralen Server geschickt und landet dort automatisch in einer Datenbank. „Auf diese Weise entsteht eine Echtzeit-Dokumentation von allem, was wir im Unternehmen tun“, zeigt sich Firmenchef Daume begeistert.

Kosten und Aufträge im Griff

Mithilfe der gewonnenen Daten können die Leiter der Profitcenter beispielsweise nicht nur jederzeit verfolgen, welche Mitarbeiter gerade auf welchen Baustellen beschäftigt sind, sondern auch frühzeitig erkennen, wenn Kosten aus dem Ruder laufen oder bestimmte Tätigkeiten sich als Zeiträuber entpuppen.

Ausschlaggebend für die Anschaffung von Virtic war laut Daume, dass das System mit normalen Handys läuft und sich der Betrieb durch die Auslagerung der Arbeitszeitverwaltung auf den Virtic-Server nicht um Hard- und Software-Updates zu kümmern braucht. Statt wie früher mühsam Stundenzettel abzutippen, ist Christel Scholz heute für die Pflege und Wartung der Daten zuständig. Dabei bietet das Programm ihr vielfältige Unterstützung.

So erkennt es , wenn eine Zeitmeldung versehentlich am falschen Ort (also: zu früh oder zu spät) erfolgte. Denn zu jedem Handyklick werden auch die geografischen Koordinaten gespeichert. Zudem werden tarifliche Regelungen wie etwa Überstundenzuschläge automatisch berücksichtigt. „Wir passen unsere Software individuell an und reagieren in wenigen Stunden auf Veränderungen“, verspricht Virtic-Geschäftsführer Bernd Wolff, der als Elektromeister selbst viele Jahre einen Handwerksbetrieb führte und die Bedürfnisse seiner Kunden aus dem Effeff kennt.

Neben einer einmaligen Einrichtungsgebühr von etwa 60 Euro pro Mitarbeiter kostet dieser Service Helmut Daume einen monatlichen Fixbetrag „in mittlerer dreistelliger Höhe“, wie er verrät. Das zahle sich „doppelt und dreifach aus“, hat der Chef von mittlerweile 40 Beschäftigten ausgerechnet. Allein der Verwaltungsaufwand reduziere sich um mindestens 15 bis 20 Stunden monatlich. Zudem werde die unbestechliche Abrechnung von den Mitarbeitern als gerechter und motivierender empfunden. „Und wir besitzen dank der präzisen Daten heute eine Kalkulationsbasis für unsere Aufträge, von der wir vor Jahren nur träumen konnten.“