Junge Handwerker, günstiger Preis - mit „Azubis im Einsatz“ begeistert die Jakob Kerker GmbH Nachwuchs und Kunden. Wie Betriebe ihre Lehrlinge motivieren können.
Azubis im Einsatz
Für Manfred Kerker, Geschäftsführer der Jakob Kerker GmbH aus Schwabmünchen, bedeutet „Ausbildung“ mehr als Fachwissen, Fertigkeiten und Erfahrung zu vermitteln. „Wir wollen Lehrlinge auch zu eigenverantwortlichen Mitarbeitern schulen, unser Image als Ausbildungsbetrieb noch mehr verbessern und dem Fachkräftemangel vorbeugen“, sagt der Chef des Unternehmens für Sanitär, Heizung, Klima. Mit 65 Beschäftigten und zwölf Auszubildenden erzielt er sieben Millionen Euro Umsatz im Jahr.
Das neueste Projekt heißt „Azubi im Einsatz“. Hier schickt die Firma einen Lehrling im dritten Jahr mit dem roten Mini Countryman für einfache Reparaturen allein zu Kunden, die dies wünschen. Defekte Ausdehnungsgefäße von Heizungsanlagen ersetzen, Armaturen austauschen, Spülkästen reparieren, gehören zum Beispiel dazu. „Der künftige Anlagenmechaniker lernt so praktisch seinen Beruf und den Umgang mit Kunden, ohne Beistand eines Kollegen“, so Kerker. Die Kunden wiederum profitieren vom starken Preisnachlass: 25 Euro inklusive Mehrwertsteuer und damit 60 Prozent weniger als bei Facharbeitern kostet dieser Service.
Künftige Fachkräfte binden
Wie die Jakob Kerker GmbH, so bauen auch andere Handwerksfirmen ihre Anreize für Jugendliche aus. Viele Kollegenbetriebe haben sich bereits bei Manfred Kerker nach der Vorbereitung und der Praxis des Projekts erkundigt. „Immer mehr Betrieben ist inzwischen bewusst geworden, dass sie durch gute Ausbildung mit guten Rahmenbedingungen junge Menschen auch als spätere Fachkräfte an die Firma binden können“, weiß Anja Stiebritz, Ausbildungsberaterin der Handwerkskammer für Schwaben in Augsburg.
„Junge Menschen wollen ernst genommen werden, dazugehören und anerkannt sein“, skizziert die Expertin die beste Leitlinie für Azubis. Dafür seien zwar monetäre Anreize wie die Lehrlingsvergütung auch wichtig. „Im Vergleich zur Industrie punkten Handwerksbetriebe jedoch mehr mit persönlichen Extras wie selbständigem Einsatz, gemeinsamen Ausflügen, guter Firmenkleidung oder gemeinsamem Sport.“ Die gibt es bei der Jakob Kerker GmbH auch. Neben Azubi im Einsatz bietet die Firma jährlich eine viertägige Schulung mit Persönlichkeitstraining an, in denen die Lehrlinge auch Spielregeln für den Umgang mit Kunden üben. Hinzu kommen Ausflüge, mit denen Kerker Fachinformationen und Spaß kombiniert. So waren die Azubis vor kurzem beim renommierten Armaturenhersteller Hans Grohe, um sich zu informieren und selbst in der Erlebnislandschaft die Duschen zu testen. Oder beim Heizungsunternehmen Viessmann samt Abstecher im Klettergarten.
Die gemeinsame Berufskleidung mit dem Firmenlogo samt Übernahme der Hälfte der Reinigungskosten und die Kostenübernahme für Fahrten zur Berufsschule durch die Firma sind nur zwei weitere Beispiele dafür, wie Kerker seine Lehrlinge fördert. Auch die Kosten für den Anhängerführerschein trägt das Unternehmen .
Einsatz im dritten Lehrjahr
Die originellste Idee jedoch ist das Projekt Azubi im Einsatz, die bei den Kunden sehr gut angekommen ist. „Gleich nachdem wir 5000 Flyer mit einem Foto des roten Flitzers und unseren Azubis an Stammkunden geschickt hatten, kamen schon die ersten Aufträge“, berichtet Kerker. Heute laufen viele dieser Kleinaufträge mit bis zu zwei, drei Stunden Arbeitszeit über diesen Weg. Jeweils ein Lehrling im dritten Ausbildungsjahr ist für bis zu drei Monate der diensthabende Azubi im Einsatz.
Zurzeit fährt Florian Pfisterer zu den Kunden. „Ich achte darauf, dass ich alles richtig mache“, ist sein Anspruch. „Die meisten finden das Projekt gut und freuen sich richtig, wenn ich komme“, so Pfisterer. Wenn er dann mal etwas mehr Zeit braucht, haben sie überwiegend Verständnis dafür und geben auch dann oft mehr Trinkgeld als die Kunden der regulären Aufträge. Er freut sich über das Vertrauen der Jakob Kerker GmbH in ihn, „fast genauso aber auch darüber, dass ich mit dem roten Mini fahren darf“.
Praxistipps: Den Firmennachwuchs richtig motivieren
Anerkennung und Extras sprechen Lehrlinge neben der monatlichen Lehrlingsvergütung am meisten an. Was Handwerksunternehmer ihren Azubis anbieten können.
- Lehrlingsvergütung: Die meisten Betriebe zahlen die monatliche Lehrlingsvergütung nach Tarif. Der Betrieb kann die Vergütung erhöhen und so den direkten finanziellen Anreiz schaffen.
- Fahrtkosten: Der Betrieb kann die Fahrten der Lehrlinge von der Wohnung zum Betrieb bezuschussen oder die Kosten ganz übernehmen. Zusammen mit anderen Extras sind je Lehrling bis zu 44 Euro monatlich steuerfrei.
- Benzingutschein: Zusammen mit anderen Extras darf der Betrieb den Lehrlingen einen Benzingutschein für bis zu 44 Euro monatlich steuerfrei geben.
- Führerschein: Bezuschusst der Betrieb generell die Führerscheinkosten, muss er dies wie Arbeitslohn versteuern. Etwas anderes gilt, wenn der Azubi einen Führerschein überwiegend im betrieblichen Interesse erwirbt: So kann die Firma die Kosten des Führerscheins für Transporter sowie für Anhänger als Auslagenersatz steuerfrei übernehmen.
- Berufskleidung: Einheitliche Kleidung mit dem Firmenlogo verbindet. Kauf und Reinigung oder Miete kann die Firma übernehmen und absetzen.
- Betriebsausflüge: Der Betriebsausflug im Sommer und eine weitere Firmenveranstaltung motivieren und sind steuerfrei. Je Veranstaltung und Mitarbeiter darf der Betrieb 110 Euro brutto dafür ausgeben.
- Fortbildung: Kurse, Seminare, Studium - was der Betrieb Lehrlingen ganz überwiegend im betrieblichen Interesse anbietet, ist steuerfrei.
- Sport: Bietet der Betrieb Sport in der Firma an oder extern Gesundheitskurse, hält das fit und ist steuerfrei. Beiträge fürs Sportstudio sind steuerpflichtig.