Noch kein Einbruch

Handwerkskonjunktur | Einen Umsatzverlust von zwei Prozent erwartet der Zentralverband des Deutschen Handwerks für 2009. Ob es noch schlimmer kommt, hängt vom privaten Konsum ab.

Das Handwerk trifft der Konjunktureinbruch kräftig, so die Ergebnisse der aktuellen ZDH-Konjunkturumfrage. 64 Prozent der 25300 befragten Handwerksunternehmen bezeichneten ihre Geschäftslage zu Jahresanfang als „befriedigend“ oder „gut“. Für das zweite Quartal hoffen indes 66 Prozent auf Besserung. - © Stefan Bossow / Klaus Niesen

Noch kein Einbruch

In Zeiten der Wirtschaftskrise sind sogar Konjunkturprognosen inflationär. Fast täglich gibt es neue Zahlen, und meistens verheißen sie nichts Gutes. Da überrascht das deutsche Handwerk, das einen Umsatzverlust von real rund zwei Prozent für das laufende Jahr erwartet. Das klingt nicht dramatisch, wenn man die Zahl vergleicht mit Prognosen aus anderen Wirtschaftsbereichen. So meldet das Statistische Bundesamt für das erste Vierteljahr 2009 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 3,8 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2008. Im Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute wird für 2009 ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um sechs Prozent prognostiziert. Kommt also das Handwerk mit einem blauen Auge aus der Krise?

Peter Weiss, Konjunkturexperte beim Zentralverband des Deutschen Handwerks, warnt vor zu viel Optimismus. „Die zwei Prozent Minus sind nur zu halten, wenn die Industrie nicht weiter einbricht, die Konjunkturpakete bei den Betrieben ankommen und die Finanzwirtschaft sich wieder stabilisiert“, dämpft Weiss die Erwartungen. Auch Hanns-Eberhard Schleyer, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), sagte bei der Vorstellung des aktuellen Konjunkturberichts des Verbandes: „Natürlich hat die Krise auch das Handwerk erreicht.“ Besonders die handwerklichen Zulieferer zur Exportwirtschaft würden kräftiger leiden, und der harte Winter habe dafür gesorgt, dass die Bauwirtschaft nicht so floriert wie im Jahr davor.

Wie stark ist das Handwerk nun konkret betroffen? Auf diese Frage gibt der Konjunkturbericht des ZDH keine eindeutige Antwort. Der Verband hat aktuell bundesweit 25300 Unternehmen aus allen Handwerksbranchen befragt, zur Wirtschaftslage in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres und zu den Erwartungen für 2009. Eine zentrale Aussage ist: 64 Prozent der Betriebsinhaber bezeichnen ihre Geschäftslage als zufriedenstellend oder gut. Das klingt zwar positiv, aber im Herbst 2008 waren es noch 77 Prozent, die ihre Lage als zufriedenstellend oder gut einschätzten.


20 Prozent bauen Personal ab


Laut ZDH-Konjunkturexperte Weiss liegen auch alle übrigen Indikatoren unter dem Vorjahresniveau: Aufgrund der stärker als im Vorjahr rückläufigen Umsatz- und Auftragsentwicklung mussten mehr Betriebe ihre Mitarbeiterzahlen reduzieren, die Verkaufspreise senken und ihre Investitionsausgaben kürzen. Damit, so Weiss, habe sich der konjunkturelle Abschwung im Handwerk abrupt beschleunigt.

Im ersten Quartal 2009 haben 80 Prozent der Inhaber ihren Beschäftigtenstand stabil gehalten oder ausweiten können, 20 Prozent der Betriebe mussten Personal abbauen im ersten Quartal 2008 waren es 16 Prozent. Für die kommenden Monate sind viele Betriebe unsicher, ob ihre Auslastung hohe Beschäftigtenzahlen rechtfertigen wird, hat der ZDH bei seiner Konjunkturumfrage ermittelt.

Den größten Personalabbau meldeten die handwerklichen Zulieferer, die im Zuge der boomenden Industriekonjunktur in den letzten beiden Jahren Personal aufgebaut hatten. Die Bau- und Ausbauhandwerke, die in den letzten beiden Jahren ihre Belegschaft zumindest stabil halten konnten, mussten sich ebenfalls stärker als im Vorjahr von Mitarbeitern trennen. Am stabilsten war die Personalpolitik in den zumeist sehr kleinen Betrieben der persönlichen Dienstleistungshandwerke. Dort berichten 88 Prozent über unveränderte oder gestiegene Mitarbeiterzahlen. Annähernd so stabil war die Entwicklung in den Lebensmittel- und Gesundheitshandwerken. Im Kfz-Gewerbe haben sich dagegen trotz der belebenden Wirkungen der Umweltprämie 21 Prozent der Betriebe von Mitarbeitern getrennt.

Umsätze sinken kräftig

Im ersten Quartal 2009 sind die Umsätze in den Handwerksbetrieben stark und über das saisonübliche Maß hinaus gesunken. Neben dem harten Winter, der die Arbeit auf den Baustellen lange Zeit unterband, hat die schwache Nachfrage aus dem gewerblichen Bereich die Betriebe getroffen. Zudem mussten viele Unternehmen ihre Absatzpreise senken, was ebenfalls die Umsätze drückt.

Konkret berichten in der ZDH-Konjunkturumfrage 54 Prozent der Inhaber über rückläufige Umsätze, nur zehn Prozent konnten sie steigern. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2008 waren 42 Prozent der Betriebe von Umsatzverlusten betroffen und 15 Prozent konnten über Zuwächse berichten. Für die kommenden Monate gehen immerhin wieder
48 Prozent der Betriebe von gleichbleibenden und 19 Prozent von steigenden Umsätzen aus.

Aufträge gehen zurück

Hauptursache für die Verschlechterung beim Umsatz im Gesamthandwerk ist der massive Rückgang bei den Handwerken für den gewerblichen Bedarf. Hier erzielten 58 Prozent der Betriebe weniger Umsätze. Besonders betroffen waren die stark von der Industrie abhängigen Elektromaschinenbauer und Feinwerkmechaniker. Aber auch die Leistungen der Gebäudereiniger wurden weniger nachgefragt. Immerhin rechnet die überwiegende Zahl der Bau- und Ausbaubetriebe auch im Hinblick auf die Konjunkturpakete mit unveränderten oder gestiegenen Umsätzen in den kommenden Monaten. In den Kfz-Handwerken hat die Umweltprämie offensichtlich noch keine große Wirkung gezeigt. Zwar melden mit 16 Prozent etwas mehr Betriebe als in den Vorperioden gestiegene Umsätze, 53 Prozent geben aber Umsatzverluste an. Da viele Umsätze mit den bestellten Neuwagen erst im zweiten Quartal realisiert werden, könnte sich in dieser Branche die Lage verbessern. Nachdem die Auftragseingänge in Folge der Wirtschaftskrise schon zum Jahresende 2008 nachgelassen hatten, verschärft sich nun die Lage laut ZDH aktuell „deutlich und über das saisonübliche Maß hinausgehend“. 50 Prozent der Betriebe klagen über einen gesunkenen Auftragsbestand, nur zwölf Prozent registrierten ein Auftragsplus, der Rest meldet keine Veränderung. Im gleichen Vorjahreszeitraum waren erst 36 Prozent der Betriebe von rückläufigen Aufträgen betroffen, und noch 17 Prozent konnten mehr Aufträge verbuchen.

Insgesamt liegen die Auftragsreichweiten bei durchschnittlich 5,4 Wochen und damit um 0,4 Wochen niedriger als im Herbst 2008. Zwar hat sich die Auftragsentwicklung in allen Gewerbegruppen verschlechtert, am stärksten jedoch wie beim Umsatz in den Handwerken für den gewerblichen Bedarf, die kaum noch Nachfragen aus der Industrie erhalten. Während im Vorjahresquartal noch 76 Prozent der Betriebe von unveränderten oder gestiegenen Auftragsbeständen berichteten, sind es aktuell nur noch 42 Prozent. 58 Prozent mussten Auftragsrückgänge hinnehmen. Die Auftragsreichweiten sind im gewerblichen Bereich von durchschnittlich 7,7 Wochen im Vorjahresquartal auf aktuell noch 6,1 Wochen abgeschmolzen.

Im Bauhauptgewerbe hat sich die Auftragsentwicklung stärker abgeschwächt als in den beiden Vorjahresquartalen. 53 Prozent der Betriebe berichten über weniger Aufträge, nur 47 Prozent konnten sie halten oder steigern. Im Ausbaugewerbe hat sich die Auftragsentwicklung nur moderat verschlechtert, die Reichweiten sind mit dem Vorjahresniveau vergleichbar.

Konjunkturpakete wirken

Für die kommenden Monate rechnen die Bau- und Ausbauhandwerker auf die zügige Umsetzung der Konjunkturpakete, 65 Prozent der befragten Betriebe erwarten unveränderte oder steigende Auftragseingänge. Deutlich skeptischer sind die handwerklichen Zulieferer, 53 Prozent hoffen auf unveränderte oder steigende Nachfragen. Erstaunlich stabil verlief die Auftragsentwicklung in den Lebensmittelhandwerken, bei denen 60 Prozent der Firmen von unveränderten Auftragseingängen berichten und bei denen die größte Zuversicht auf eine zukünftig stabile Auftragsentwicklung bestand (73 Prozent).

Die gesunkene Nachfrage nach handwerklichen Produkten und Dienstleistungen hat zwangsläufig auf die Preise gedrückt. 23 Prozent der Betriebe muss-
ten im ersten Quartal 2009 ihre Preise senken (im dritten Quartal 2008 waren es nur 13 Prozent). Gut 64 Prozent der Betriebe konnten aktuell ihre Preise halten, 13 Prozent sie sogar erhöhen.

Der Druck auf die Preise war besonders stark bei den handwerklichen Zulieferern in Folge des Produktionseinbruches in der Industrie. 34 Prozent aus dieser Gruppe gaben Absatzpreissenkungen an, nur noch acht Prozent konnten Preiserhöhungen am Markt durchsetzen. Aber auch in den Bauhandwerken mussten 33 Prozent der Betriebe Preisabschläge hinnehmen, um an neue Aufträge zu gelangen. Nur acht Prozent haben ihre Preise erhöhen können.

Für die kommenden Monate erwartet ein Viertel der Handwerksbetriebe, dass es seine Preise senken muss, nur noch zwölf Prozent der Inhaber kalkulieren mit Steigerungen auf dem Etikett.

Kein Einbruch im Handwerk

Bleibt die Frage, wie stark die Wirtschaftskrise das Handwerk noch treffen wird. ZDH-Generalsekretär Schleyer nannte als Fazit der Konjunkturumfrage, „Einen Einbruch wie andere Wirtschaftszweige hat das Handwerk nicht erlebt.“ Die aktuellen Zahlen geben ihm Recht. Doch vieles wird in den kommenden Monaten und im nächsten Jahr vom privaten Konsum abhängen. Schon jetzt halten Vertreter einiger Handwerksbranchen die zwei Prozent Minus des ZDH für zu optimistisch. Wenn sie erreicht werden, so ZDH-Konjunkturexperte Weiss, „sind wir mit einem blauen Auge davongekommen“. -

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de