Zimmerer: Holzhäuser für Flüchtlinge

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Eine neue Internetplattform des bayerischen Innungsverbandes soll den schnellen Bau von Holzhäusern für Flüchtlingsunterkünfte erleichtern. Ein Projekt mit Chancen – auch für andere Regionen.

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    © Landesinnungsverband der Bayr. Zimmerer
    Das Flüchtlingswohnheim in Königsbrunn wurde in Holzständerbauweise erstellt.
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    © Gumpp
    „Durch Standardisierung können wir schnell bauen.“ Alexander Gumpp, ­ Holzbauunternehmer und Vizepräsident der bayerischen Zimmerer.

Vom Spatenstich bis zur schlüsselfertigen Übergabe brauchen wir für ein Haus mit vier Wohnungen nur drei Monate“, rechnet Alexander Gumpp vor. Der Holzbauunternehmer und Vizepräsident des bayerischen Zimmererhandwerks hat das mit seinem Unternehmen Gumpp und Maier aus Binswagen selbst vorgemacht: In Königsbrunn bei Augsburg entstand in dieser Zeit ein Asylbewerberheim mit zehn Häusern für 120 Flüchtlinge.

Holzhäuser in Fertigbauweise für Flüchtlinge – mit dieser Idee wollen die bayerischen Zimmerer eine Alternative zu Wohncontainern, Zelten oder der notdürftigen Unterbringung in Turn- und Gewerbehallen anbieten. Mit seiner neuen Internetplattform „schneller-wohnraum.de“ bringt der Landesinnungsverband Auftraggeber wie Kommunen oder andere Träger mit Zimmererbetrieben zusammen.

Die Idee schlug gewaltig ein, innerhalb kurzer Zeit meldeten die Zimmereibetriebe 137 000 Quadratmeter Wohnfläche, die sie im ersten Quartal 2016 bauen könnten. Das würde nach Schätzungen des Verbandes für rund 14 000 Flüchtlinge ausreichen. Gleichzeitig stünden 30 700 Manntage für die Montage der Bauten zur Verfügung. 13 Betriebe haben schon mit Projekten begonnen.

Freie Kapazitäten im Überblick

Die Startseite der Internetplattform liefert neben der Anzeige über freie Kapazitäten und allgemeinen Informationen auch Best-Practice-Beispiele. Interessierte Kommunen und Landkreise erhalten über ein Dropdown-Menü die Kontaktdaten der für sie jeweils zuständigen Zimmerer-Innung. Deren Obermeister ist ihr erster Ansprechpartner. Im internen Bereich geben die Holzbaubetriebe ihre freien Kapazitäten für Produktion und Montage ein.

Die weiteren Gespräche und Verhandlungen finden dann vor Ort auf lokaler und regionaler Ebene statt. „Kurze Planungszeiten, modulare Grundrisse, witterungsunabhängige Vorfertigung, montagefertig geliefert, trockener Ausbau“, das seien geldwerte Vorteile für Investoren, sagt Alexander Habla, Hauptgeschäftsführer des bayerischen Zimmererhandwerks. Nicht zu vergessen der geringe Heizenergiebedarf und die geringe Wartung.

Noch viel wichtiger ist aber, dass solche Holzhäuser nicht zehn Jahre halten wie Metallcontainer, sondern dauerhaften Wohnraum bieten, der auch eine Nachnutzung möglich macht. Ein „Tunnelblick“ nur auf die Baukosten ist für die Zimmerer der falsche Ansatz, weil bei der Frage nach der Wirtschaftlichkeit immer die Gesamtkosten bis zum Ende einer Gebäudenutzung zählen. Das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis entstehe durch eine hohe Bauqualität mit langer Nutzungsdauer und niedrigen Heizkosten. Deshalb sei die Anfang 2016 in Kraft tretende Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) auch sinnvoll, diese wegen der Flüchtlingsproblematik auszusetzen und auf 2021 zu verschieben lehnt der Verband als kurzsichtig ab.

Nachahmer sind willkommen

Noch ist die Internetplattform auf die Innungsmitglieder des bayerischen Zimmererhandwerks beschränkt, Nachahmer sind aber willkommen. Schließlich wird mit rund einer Million Flüchtlingen gerechnet, die noch 2015 nach Deutschland kommen – und Wohnungen brauchen. Doch in Deutschland fehlen nach Angaben des Pestel-Instituts vier Millionen Sozialwohnungen, die Flüchtlingswelle wird diesen Zustand noch deutlich verschärfen. In den nächsten Jahren müssten jeweils mindestens 400 000 neue Wohnungen gebaut werden, nicht nur für Flüchtlinge. Mit einer Wohnungsbau-Offensive will Bundesbauministerin Barbara Hendricks jetzt für Entlastung auf den Wohnungsmärkten sorgen. Dazu zählen die verbilligte Abgabe von Grundstücken, Förderanreize, Vereinfachungen im Bauplanungsrecht und die Förderung von variablen Wohnungen.

Das Holzbauhandwerk ist bereit, nachhaltigen Wohnraum zu schaffen. Erste Anfragen von Kommunen und auch von privaten Investoren zeigen, dass sich mithilfe des Projektes ein interessantes Geschäftsmodell für die Branche entwickeln kann.