Wohnsitz guter Betriebe

Bonitätsindex - Ein gutes Rating ist für die Zukunft jedes Betriebs entscheidend. Die größte Auskunftei hat ihre Bewertungskriterien jetzt deutlich erweitert. Wie Unternehmen das am besten nutzen.

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    Bonitätsatlas Handwerk 2011Nord-Süd-Gefälle: Was das finanzielle Polster deutscher Handwerksbetriebe angeht, liegen die Unternehmen im Süden vorne. Die rote Karte bekommen viele Handwerker im Nordosten der Republik.
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    Deutsche Betriebe liegen vorne: Sie haben im Schnitt das niedrigste Zahlungsziel im Inland.
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Wohnsitz guter Betriebe

Acht von zehn Insolvenzen gehen auf Zahlungsunfähigkeit zurück. Oft spielen in diesem Schreckensszenario Forderungsverluste die größte Rolle. Das ergab eine Studie von Creditreform in Neuss. Sollte der aktuelle Konjunktur-aufschwung abbrechen, könnte 113000 gefährdeten Unternehmen das Abrutschen in die Insolvenz drohen, schätzte die Wirtschaftsauskunftei Ende vergangenen Jahres.

Bei deutschen Handwerksbetrieben gibt es immer noch erhebliche Problemregionen. Das zeigt der „Bonitätsatlas Handwerk 2011“, den Creditreform exklusiv für die vorliegende Ausgabe von handwerk magazin erstellte (siehe Seite 64). „Viele Unternehmen schneiden heute besser ab. Allerdings ist auch die Gruppe der negativ bewerteten Betriebe gewachsen“, sagt Volker Ulbricht, Hauptgeschäftsführer von Creditreform, im Interview mit handwerk magazin (siehe Seite 67).

Handwerksbetriebe im Nordosten der Republik stehen, was ihre Bonität und damit ihre künftige Zahlungsfähigkeit betrifft, deutlich schlechter da als Unternehmen in Baden-Württemberg oder Bayern. Als Krisenregionen können demnach auch Handwerksbetriebe in Teilen des Ruhrgebiets und Firmen im Saarlandes bezeichnet werden. Ähnlich unterschiedlich schneiden auch die verschiedenen Branchen in der Bewertung der Auskunftei ab. Während Unternehmen aus den Wirtschaftszweigen Chemie und Informationstechnologie aktuell wieder bessere Noten bekommen, wird Betrieben aus klassischen Handwerksgewerken wie der Baubranche nach wie vor nur eine schwache Bonität bescheinigt.

Trotz einem Ende der Wirtschaftskrise stehen die Zeichen für Handwerksbetriebe somit nicht auf Entwarnung. Die Zahlungsmoral von Kunden und Lieferanten hat sich nicht deutlich verbessert, die Reserven vieler Unternehmen sind angegriffen. Auch das Boomjahr 2010 änderte daran nicht viel. Die Auskunfteien verbesserten jetzt ihre Bonitätsbewertungen basierend auf einer größeren Datenbasis über Zahlungsverhalten und Jahresabschlüsse von Firmen. Handwerksunternehmer können davon profitieren, wenn sie nicht nur ihre Risiken im Geschäftsalltag überprüfen, sondern auch die angebotenen Frühwarnsysteme nutzen, um die künftige Zahlungsfähigkeit von Kunden und Lieferanten im Auge zu behalten.

Drohende Pleite ist absehbar

Eine wichtige Rolle bei der Bonitätsbewertung spielt die Zahlungsfähigkeit eines Betriebs (siehe Checkliste Seite 65). „Eine drohende Insolvenz lässt sich in den meisten Fällen lange im Voraus erkennen. Drei Viertel der insolventen Unternehmen haben bereits über einen längeren Zeitraum unregelmäßig gezahlt“, stellt auch die Wirtschaftsauskunftei D&B in Wiesbaden immer wieder fest. Unternehmer erkennen Zahlungsschwierigkeiten zum Beispiel daran, wenn ihre Kunden Bankverbindungen häufig wechseln oder plötzlich Zahlungen per Scheck anweisen.

Experten raten mittelständischen Unternehmen dazu, ein Frühwarnsystem zu installieren, das diese Signale erkennt und den Betrieb rechtzeitig darüber informiert. Arbeitet der Unternehmer zum Beispiel regelmäßig mit einer Auskunftei zusammen, wird er automatisch über die veränderte Bonitätsbewertung eines Kunden oder auch eines wichtigen Lieferanten informiert, wenn er innerhalb der letzten zwölf Monate eine Auskunft über das entsprechende Unternehmen abgerufen oder einen sogenannten Monitoring-Auftrag platziert hat.

Zur eigenen Absicherung sollten Betriebe Geschäfte mit einem höheren Risiko einer strengeren und umfassenderen Prüfung unterziehen, als Geschäfte mit geringem Risiko. Die Auskunfteien bieten für diese Abstufungen verschiedene Produkte zu entsprechenden Kosten an. handwerk magazin hat hier eine aktuelle Übersicht für Handwerksunternehmer zusammengestellt (siehe Tabelle links). Für die Überprüfung einer neuen Kundenbeziehung mit einem geringen Auftragsvolumen kann zum Beispiel eine günstige Kompaktauskunft reichen. Geschäftspartner mit einem hohen Auftragsvolumen sollte der Betrieb dagegen sorgfältig überprüfen, sonst steht er im schlimmsten Fall mit leeren Händen da.

Zahlungsverhalten unter der Lupe

Gerade, weil die Zahlungsfähigkeit das Überleben eines Betriebs bestimmt, haben die Auskunfteien ihre Bewertungssysteme aufgrund einer größeren Datenbasis über Zahlungserfahrungen und Jahresabschlüsse verbessert. Creditreform erfasst verstärkt das Zahlungsverhalten deutscher Unternehmen im Debitorenregister. „Wir haben eine Million elektronische Bilanzen in unseren Datenbanken. Wir kennen das Zahlungsverhalten unserer Mitglieder sehr genau und wir haben die Analysewerkzeuge deutlich verbessert“, erklärt Creditreform-Geschäftsführer Ulbricht.

Wettbewerber Bürgel aus Hamburg setzt für eine breitere Datenbasis dagegen auf eine Kooperation mit Inkasso-Spezialist EOS und der Kreditversicherung Euler Hermes. Die drei Partner haben jetzt eine neue Wirtschaftsdatenbank gestartet. Unternehmer können hier „Risikoinformationen zu über 3,8 Millionen Debitoren in Deutschland“ abfragen, so Bürgel. Zusätzlich bieten die Unternehmen ihren Kunden „ein Frühwarnsystem an, das alle Informationen bündelt und Unternehmen Hinweise liefert, wie sich die Bonität ihrer Kunden entwickelt“, erklärt Stephan Spieckermann, Geschäftsführer der EOS Deutschland.

Neu im Geschäft für Firmenauskünfte ist die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, kurz Schufa. Sie speicherte bisher nur Bonitätsdaten von Verbrauchern und reichte sie auf Anfrage an Banken und Unternehmen weiter. Mit dem zweiten Standbein, den Unternehmensauskünften, will die Schufa in erster Linie Marktführer Creditreform Konkurrenz machen.

Einen Wettbewerbsvorteil sieht die Schufa in ihrem großen Bestand an Verbraucherdaten, die die Basis für die Firmendatenbank bilden – zum Beispiel für Auskünfte zu Personengesellschaften. Wettbewerber bezweifeln allerdings, dass diese Strategie der Schufa bei den komplexen Firmenauskünften aufgehen kann.

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de

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