Wo Handwerker Kunden finden

Auftragsplattformen | Wer Kunden über Auftragsplattformen im Internet sucht, genießt Vorteile. Denn hier treffen sich Nachfrager und Anbieter direkt. Allerdings nicht ganz ohne Nebenwirkungen – positive wie negative.

Wo Handwerker Kunden finden

Das Internet wird wieder abgeschafft – das zumindest hoffen all diejenigen, denen Internet-Geschäftsmodelle und die damit einhergehende Preistransparenz das Geschäft verhageln. Anfangs wurde hauptsächlich der Elektronik-Handel schwer getroffen. Dank der Vielzahl von Internet-Shops gehen Verbraucher heute blendend über Preise informiert in Warenhäuser und feilschen, was das Zeug hält. Inzwischen hat die Preistransparenz aber auch den Dienstleistungssektor und damit das Handwerk erreicht. Auftragsplattformen wie My-Hammer haben dafür gesorgt, dass für Privatkunden nur schwer nachvollziehbare Preise auch für komplexere handwerkliche Leistungen kein Buch mit sieben Siegeln mehr sind.

Derzeit tummeln sich mehrere Anbieter am Markt, die Dienstleistungen von Handwerkern vermitteln. Mit Hilfe massiver Werbeausgaben hat es My-Hammer zum Marktführer gebracht. Platz zwei belegt derzeit Quotatis, dessen Geschäftsmodell sich jedoch deutlich von dem des Umkehrversteigerers My-Hammer unterscheidet (siehe Tabelle Seite 31). Auf Platz drei ist Blauarbeit zu finden. Jobdoo und Undertool bewerten Branchenkenner eher als kleinere Spieler.

Online akquirieren

Das Prinzip, nach dem die Auftragsvermittlung funktioniert, ist dabei einfach: Die Kunden stellen die Leistung, für die sie einen Dienstleister suchen, so präzise wie möglich beschrieben ins Netz. Je nach Geschäftsmodell können Handwerker dann um den Auftrag werben. Bei My-Hammer und Blauarbeit geben die Kunden einen Preis an, den sie für die Leistung ausgeben wollen. Dienstleister können ihre Leistung zu dem vorgegebenen Preis anbieten, den möglichen Auftrag wegen unrealistischer Preisvorgaben ignorieren oder zu einem günstigeren Preis anbieten. Von Quotatis bekommen registrierte Handwerker potenzielle Aufträge zugeschickt. Der Wettbewerb um den Kunden ist dann für den Markt nicht mehr einsehbar.

Verdient wird ebenfalls je nach Geschäftsmodell: Jobdoo ist kostenlos. My-Hammer und Undertool verlangen einen prozentualen Anteil vom Auftragsvolumen. Quotatis funktioniert eher wie ein Abo: Zahlende Handwerker bekommen Aufträge zugeschickt. Blauarbeit verkauft hingegen Mitgliedschaften. Zum Ausprobieren bietet das Portal eine kostenlose Mitgliedschaft an.

Kritiker der Online-Auftragsplattformen befürchten, dass diese Form der Auftragsvergabe grundsätzlich die Preise im Handwerk kaputt mache. Doch das Beispiel von Micha Raschke beweist eher das Gegenteil. Denn der Dachdeckermeister aus Neuwied erwirtschaftet nach eigenen Angaben schon zwei Jahre nach der Gründung seiner MR-Dachtechnik zwischen 100000 und 130000 Euro. 60 bis 70 Prozent seines Umsatzes kommt über die Auftragsplattform My-Hammer. Den ruinösen Preiskampf, zu dem die Auftragsplattform manche verleite, macht der 30-Jährige nicht mit. Seine Grundsätze: Nichts unter 3000 Euro, „und Aufträge, die vor allem billig abgewickelt werden sollen, ignoriere ich grundsätzlich“. Dabei nutzt er My-Hammer nicht nur, um direkt für Aufträge zu bieten. Zudem lässt er die Plattform kostenlos für seinen Zwei-Mann-Betrieb werben. „Viele Kunden sehen sich nur meine Referenzen an und beauftragen mich dann direkt“, sagt er. Denn nach getaner Arbeit bewerten My-Hammer-Kunden ihre Handwerker. Maximal fünf Sterne sind zu vergeben für Zuverlässigkeit, Qualität und Freundlichkeit.

Dass diese guten alten Tugenden gerade im transparenten Internet wichtig sind, bestätigt auch Micha Raschke. Denn zufriedene Kunden empfehlen ihn weiter, was ihm lukrative Folgeaufträge bringt. Und warum sich nicht dort tummeln, wo die Kunden Aufträge loswerden wollen?

Denn offenbar suchen Kunden heute lieber einen Handwerker im Internet als im Branchenbuch. Das jedenfalls hat die Kölner Quotatis GmbH in einer Befragung von Nutzern ihrer Online-Auftragsplattform herausgefunden. Der Grund für die Internet-Euphorie sind nicht zuletzt sinkende Preise, so sehen das jedenfalls 50 Prozent der von Quotatis befragten Privatkunden. Allerdings haben nur 16 Prozent der Befragten schon einmal einen Auftrag über eine Auftragsplattform vergeben.

Aufträge künftig nur online?

Sehen auch Handwerker das Internet als Auftragsmaschine? Quotatis hat ihnen diese Frage gestellt. Zutreffend findet das nur ein Drittel (siehe Grafik rechts). Ein weiteres Drittel ist hingegen der Auffassung, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis es hauptsächlich Aufträge über das Internet erhalten wird. Dabei scheinen die Geschäfte grundsätzlich nicht schlecht zu laufen. Denn bereits ein knappes Fünftel der von Quotatis befragten Handwerker generiert 25 Prozent aller Aufträge übers Netz.

Bei Elektromeister Ulrich Kösters sind es sogar schon 30 Prozent seines Umsatzes, den er mit Aufträgen für Fotovoltaikanlagen über Quotatis erzielt. Von zwölf Anfragen, die Kösters Energie & Elektrotechnik in Heek bei Münster von Quotatis zugeschickt bekommt, macht der Juniorchef knapp die Hälfte zu Aufträgen. „Häufig ergeben sich auch Folgeaufträge“, sagt der 31-Jährige. Und das habe auch seinen Vater Berthold von der Auftragsplattform überzeugt. Denn grundsätzlich stehe hinter diesen Anfragen tatsächliches Interesse. „Damit sparen wir uns Werbung, die vielleicht sowieso nichts bringt“, sagt Kösters.

Der Fotovoltaik-Experte hat auch schon andere Plattformen ausprobiert. „Mich haben vor allem Preistreiberei und Schwarzarbeit abgeschreckt“, begründet er seine Vorliebe für Quotatis.

Mit Schwarzarbeit wegen Verletzung der Handwerksordnung befassen sich die Handwerkskammern und der Zentralverband des Deutschen Handwerks in Berlin (ZDH). Bietet beispielsweise jemand für Arbeiten, für deren Ausführung er nicht die erforderliche Qualifikation und Handwerksrolleneintragung hat, können Mitgliedsbetriebe diese Verstöße ihrer Handwerkskammer melden. Rechtsanwalt Heiko Taubert von der Rechtsabteilung des ZDH hat in den vergangenen zwölf Monaten rund 500 solcher Fälle an My-Hammer weitergeleitet, die der Anbieter daraufhin gesperrt hat.

Um als Makler von Handwerksdienstleistungen nicht in Verruf zu geraten, bieten die unterschiedlichen Plattformen Gewerbetreibenden an, bei der Registrierung Gewerbeschein oder andere Qualifikationen vorzulegen.

Warum sich die Kammern und inzwischen auch der ZDH als Interessensvertretung des Handwerks der Verfolgung von Schwarzarbeit auf Online-Plattformen angenommen haben, wird klar, wenn man das Volumen ansieht, um das es geht. Denn die 961700 Handwerksbetriebe haben im vergangenen Jahr rund 490,5 Milliarden Euro umgesetzt. Rund die Hälfte dieses Umsatzvolumens machte das Geschäft mit Privatkunden aus. Davon möchten die Plattformbetreiber profitieren.

gudrun.bergdolt@handwerk-magazin.de