Heinz Weber "Wir müssen die Gründerförderung reformieren"

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Heinz Weber, Bundesvorsitzender der Betriebswirte des Handwerks, kritisiert, dass die Gründungsförderung nicht mehr ihre Ziele erreicht. Hier seine Reformvorschläge.

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    Der Bundesvorsitzende der Betriebswirte des Handwerks sieht bei KMUs keinen oder  einen schlechten Finanzierungszugang: »Viele Banken wollen gar keine Gründungsdarlehen unter 30.000 Euro vergeben.«
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    Heinz Weber kämpft als Bundesvorsitzender der Betriebswirte des Handwerke für einfache Zugänge zu Fördermitteln für Gründer: »Wozu brauchen wir zur Beantragung der KfW-Mittel für eine Gründung eine Primärbank?«

Es ist nicht ganz einfach an diesem Tag in der Bundeshauptstadt Berlin einen ruhigen Ort für ein Gespräch zu finden. Also schlägt der Fotograf sein Büro in Charlottenburg vor: Ein umgebauter Laden mit blanken Backsteinwänden und groben Holzdielen. Ein wenig Start-up-Atmosphäre. Womit wir auch schon beim Thema wären.

Sie begleiten als Berater und Finanzierer viele Firmengründungen. Wo sehen Sie die größten Probleme?

Heinz Weber: Grundsätzlich sind die Mittel vorhanden. Das ist die gute Nachricht. Doch die Banken stehen unter starkem Druck: Das Provisionsgeschäft ist weggebrochen. Es besteht ein starker Wettbewerb. Kontoführungsgebühren sind nicht mehr so einfach durchsetzbar und bringen nicht mehr die Umsätze wie früher. Die Rechengröße, wann sich ein Kredit für die Banken rechnet, wird immer höher. Das führt dazu, dass viele Institute gar keine Gründungsdarlehen vergeben wollen, die unter 30.000 Euro liegen. Viele Gründer brauchen aber gar nicht so viel Fremdkapital. Erfahrungsgemäß ist die Größenordnung unter 25.000 Euro.

Gilt das grundsätzlich?

Die Sommerumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages belegte, dass 36 Prozent der Betriebe mit weniger als 20 Beschäftigten über keinen oder einen schlechten Finanzierungszugang verfügen. Sie können sich nicht selbst wie die Großen extern finanzieren oder sind einfach zu klein für die Bank.

Gilt das auch bei KfW-Förderungen?

Um Fördermittel oder zinsverbilligte Darlehen der KfW oder regionaler Förderbanken zu erhalten, führt der Weg immer über die Hausbank oder eine andere Primärbank zur KfW. Fakt ist, dass die Bank dafür 0,25 Prozent Provision erhält. Betriebswirtschaftlich ist es also völlig verständlich, dass die Bank sagt, das machen wir nicht.

Welche Auswirkungen hat das für Gründer?

Kleine Gründungskredite werden dann als Verbraucherdarlehen gewährt, natürlich zu ungünstigen Konditionen. Der Zinssatz dafür liegt dann zwischen sechs und acht Prozent. Mitunter werden Gründungskredite aber auch als Immobiliendarlehen vergeben, wenn eine Immobilie zur Besicherung vorhanden ist.

Wie könnte eine Lösung für dieses Problem aussehen?

Wofür brauchen wir zur Beantragung der KfW-Mittel überhaupt eine Primärbank? In den 53 Handwerkskammern Deutschlands sitzen überall Betriebsberater mit BWL- und Ortskenntnissen! Das heißt, die kennen die Betriebe! Wenn nun eine junge Friseurin einen alteingesessenen Betrieb übernehmen möchte und dieser Betriebsberater über den Businessplan und die Ertragsvorschau sieht, dann kann er einschätzen, ob das funktionieren kann, denn er kennt auch die bisherigen Zahlen. Wenn dann diese junge Unternehmerin nur 20.000 Euro benötigt, dann sollte es möglich sein, dass der Betriebsberater einen Stempel draufsetzt und zur KfW schickt. Warum sollte, wenn es sogar Haftungsfreistellungen für Banken gibt, das nicht auch für Kammern möglich sein?

Gibt es weitere Ansätze?

Eine zweite Lösung könnte sein: Wenn der Bund schon über die Arbeitsagenturen Fördermittel für Existenzgründer zur Verfügung stellt, die die Arbeitslosigkeit beenden oder verhindern, und die bislang auch einen Businessplan sehen wollen, warum soll nicht auch hier ein Förderprogramm bis 25.000 Euro möglich sein?
Eine dritte Lösung könnte sei: Aktuell habe ich mit dem Bundesverband und der Signal Iduna sowie der Akademie für Zukunftsvorsorge einen Arbeitskreis gegründet, um diese Probleme zu lösen. Denkbar wäre eine Crowdfunding-Lösung im Handwerk mit Unterstützung der Signal Iduna/Donner Bank.

Sehen Sie hier auch die Betriebswirte des Handwerks?

Die Betriebswirte des Handwerks könnten Patenschaften übernehmen und die Gründer begleiten.

Bürokratie ist sicher ein weiteres Problem?

Wer heute einen Betrieb gründen oder übernehmen will, wird den mehrfach geforderten Bürokratieabbau nachvollziehen können und auch für sich herbeisehnen. Kürzlich bat mich eine junge Friseurmeisterin um Hilfe bei der Beantragung des Mikrostarterdarlehens der N-Bank. Dabei handelte es sich um Darlehen in geringer Höhe bis 25.000 Euro. Wenn eine Förderbank Unterlagen wie Personalausweis, Schufa-Auskunft, Lebenslauf, Gewerbeanmeldung, Jahresabschlüsse – wir sprechen hier von Existenzgründern! – und die BWA sowie Ertragsplanungen verlangt, dann ist das auf der einen Seite verständlich. Wenn es sich bei den Existenzgründern um Jungunternehmer handelt, die die Arbeitslosigkeit beenden wollen, und diese Unterlagen die Agentur für Arbeit nicht anerkennt, sondern eigene Formvorschriften für Antragsunterlagen hat, dann kann ich verstehen, warum der eine oder andere Existenzgründer unsicher wird oder sogar aufgibt.

Das ist sicher nur eine der Hürden?

Wenn dann im Antragsformular der Förderbank gefragt wird: Sind Sie eine PEP? Ja oder Nein? Eine PEP ist eine politisch exponierte Person. Wenn dann auch noch nach KMU-Einstufung und Deminis-Beihilferegelung gefragt wird, dann wird deutlich, dass es ohne externen – kostenpflichtigen – Berater doch gar nicht funktioniert. Und das angesichts einer „One-stopp-Philosophie“, um Existenzgründern den Start zu erleichtern. Im Rahmen der Kreditentscheidung hat dann die Bank die letzten drei Jahresabschlüsse angefordert, und als unverständlicherweise die Betriebsübergeberin diese nicht offenlegen wollte, hat unsere junge Friseurmeisterin aufgegeben.

Eine Odysee. Wie entwickelte sich dieser Fall weiter?

Sie hat einen anderen Betrieb gefunden. Und zwar in Bremen! In Bremen ist aber nicht die N-Bank, sondern die Bremer Aufbaubank zuständig – mit ganz eigenen Formularen und Internetzugang. Also ging alles von vorne los. Die junge Dame ging zu ihrer Hausbank, aber die Volksbank wollte kein KfW-Darlehen in der Größenordnung vergeben. Als die Bank erfuhr, dass die Eltern bereit seien, Grundbuchsicherheiten zu stellen, wollte der Bankberater ihr ein Hypothekendarlehen gewähren. Dieses wiederum rechnet sich für die Bank aber erst ab 50.000 Euro. Das hätte der Berater ihr glatt bewilligt.

Vita Heinz Weber

  • Geb. 23.12.1963 in Bremerhaven, verheiratet, 2 Kinder, Abitur 1983 in Bad Bederkesa.
  • Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Volksbank Ringstedt-Köhlen,
  • Prüfung zum Bankbetriebswirt,
  • Leiter Wertpapierabteilung der Volksbank Landkreis Cuxhaven.
  • Seit 2009 Vorstandsmitglied des Finanzdienstleisters Grotelüschen & Weber AG in Bremerhaven.
  • Seit 2004 Vorsitzender des Regionalvereins Betriebswirte des Handwerks Bremerhaven-Cuxland.
  • Mitglied im BdH Bundesvorstand seit 2012, Bundesvorsitzender seit Sommer 2014.