„Wir fahren gut damit”

Kundenakquise | Wachsender Trend im Autoversicherungsmarkt: Werkstattempfehlung und Kasko-tarife mit Werkstattbindung. Für Handwerksbetriebe ist das eine Top-Chance, an neue und regelmäßige Aufträge zu kommen. Denn zufriedene Kunden kommen immer wieder.

„Wir fahren gut damit”

In zweistelliger Zahl gehen wöchentlich von der Berliner Schadenaußenstelle der Huk-Coburg Notfallanrufe und damit Aufträge beim Karosseriefachbetrieb Thomas Schuhmann in Berlin-Wilmersdorf ein. „Ein VW steht auf der Landstraße – Nähe Werder. Verkehrsunfall mit einem Kaskoschaden, betrifft Frau Müller. Wir stellen gleich mal weiter.“

„Dann haben wir den Kunden am Telefon und sind diejenigen, die sich um alles Weitere kümmern. Wir beruhigen den Betreffenden erst einmal und sagen, was zu tun ist. Falls der Wagen fahrbereit ist, kann der Kunde gleich zu uns kommen. Ansonsten fahren wir mit dem Abschleppdienst hin“, beschreibt Karosseriebaumeister Schumann den typischen Ablauf für seinen Betrieb.

Service aus einer Hand

Parallel dazu kommt vom Versicherer bereits die Kostenübernahme. „Die checken schon die Daten des Kunden und machen uns eine gebundene Leistungsvereinbarung. Die trifft per Fax noch vor dem Kunden ein, der dann entsprechend versorgt wird“, erklärt Schumann. Versorgt, das heißt: Der Kunde bekommt von der Firma eine In-Etwa-Fertigstellungszeit genannt: „Das berechnen wir mit unserer Software“, sagt der Karosseriebaumeister. Außerdem wird geklärt, ob der Kunde einen Ersatzwagen benötigt. „Wir haben eigene Ersatzwagen, arbeiten aber auch mit einer Vermietung zusammen – just in time. Genauso wie mit dem Abschleppdienst. Wir können die Fahrzeuge aber auch selbst abholen“, erklärt der Firmenchef. Auch während der Reparatur hält der Betrieb Kontakt zum Kunden. „Wenn dann alles geregelt ist, rufen wir dort an und machen einen Termin aus: entweder bei ihm vor Ort oder – falls ihm das lieber ist – hier in der Werkstatt“, erklärt der Karosseriebaumeister.

Seine Firma gehört zu den inzwischen bundesweit 1200 Kfz-Betrieben, die die HUK-Coburg mittlerweile für ihren „Schadenservice Plus“ in der Autoversicherung generell und darüber hinaus für ihren Kaskotarif mit Werkstattbindung unter Vertrag hat: Etwas mehr als die Hälfte sind freie Reparaturfachbetriebe, die auf Unfallinstandsetzung spezialisiert sind – wie Thomas Schumann. Aber auch ein Großteil herstellergebundener Markenbetriebe ist darunter.

Qualität wird geprüft

„Wir wollen auf jeden Fall sicherstellen, dass die Reparaturqualität stimmt und ein hoher Service geboten werden kann“, so Huk-Mitarbeiter Alois Schnitzer über die Messlatte, die dabei angelegt wird. Grundbedingungen, die er nennt: Es muss nach Herstellervorgaben repariert werden. Und es dürfen nur Originalersatzteile verwendet werden. Dabei steht die Nummer zwei am Autoversicherungsmarkt beim Einkauf – bei großen Teilelieferanten – im Hintergrund immer mit auf der Matte.

„Die Dekra prüft regelmäßig in unserem Auftrag die Reparaturqualität. Nicht nur einmal, sondern auch zwischendurch. Darauf legen wir Wert“, erklärt Schnitzer. Erwartet wird zudem ein Hol- und Bringservice.

Die Gesellschaft – mit derzeit knapp acht Millionen Kfz-Kunden – sichert der Partnerwerkstatt bestimmte Umsätze im Jahr zu und erwartet dafür Großkundenkonditionen, die dann über die Prämie an die Versicherten weitergegeben werden. Sollte der Auftraggeber aus Coburg zu wenig Schadenfälle in die Partnerwerkstätten steuern, würde der Werkstattrabatt für ihn im nächsten Jahr geringer ausfallen. „Das ist schon eine faire Geschichte“, meint Schnitzer.

In den letzten sechs Jahren wurden etwa eine halbe Million Kunden mit Autounfallschäden in die Partnerwerkstätten gelenkt. Im Jahr 2007 waren es mehr als 100000 mit einem Reparaturvolumen von über 185 Millionen Euro.

„Natürlich wollen die Versicherer sparen“, meint Schumann. Für den Karosseriebaumeister ist das ein ganz normaler Vorgang, der da stattfindet. Nur, mancher Kollege hat nach seiner Beobachtung Probleme damit, Konditionen zu verhandeln. „Und dann gibt es auf dem Markt immer dieses Getöse: Du lässt dich drücken. Dafür kann man nicht arbeiten.“ Wenn dem so wäre, meint Schumann, wäre er schon längst ausgestiegen. „Aber wir fahren gut damit – seit über neun Jahren.“ Regelmäßige Gewissheit darüber verschafft er sich nicht zuletzt anhand der Zahlen, die er allwöchentlich aus der in eine Fremdfirma ausgelagerten Buchhaltung abruft.

Der Rückkehreffekt

Viele Unfallkunden nehmen seine Diens-te später auch bei ganz normalen Reparaturen in Anspruch. „Der Wiederkehreffekt ist sehr hoch“, sagt er, „weil der Kunde – bei Zufriedenheit – ja auch noch den nächsten Bekannten mitbringt.“ Der Umsatz mit der HUK steigt, wie die Umsatzzahlen insgesamt. „Wir werden bekannter. Wir machen eben auch wirklich viel über unsere saubere Arbeit, über unsere Qualität“, sagt Schumann nicht ohne Stolz. Zu seiner Stammkundschaft zählen außerdem zwei große Autohäuser renommierter deutscher Automarken sowie mehrere Werkstätten. „Dazu noch Privatkundschaft. So setzt sich unsere Klientel zusammen“, erklärt er. Trotzdem müsse man sich strecken, „betriebswirtschaftlich fit sowie administrativ und personell gut aufgestellt sein“, wie Schumann es ausdrückt.

„Aber dieser Betrieb ist ja nicht von heute auf morgen entstanden, sondern gewachsen“, fügt er hinzu. Vor knapp fünf Jahren hat er den Wilmersdorfer Karosserie- und Lackierbetrieb mit seinerzeit zehn Mitarbeitern von heute auf morgen nach einem tödlichen Unfall des damaligen Inhabers übernommen. Zusätzlich zur eigenen Werkstatt in Berlin-Zehlendorf mit damals acht Mitarbeitern, die er ebenfalls gerade erst ganz neu aufgebaut hatte – nach Trennung von seinem Kompagnon, mit dem er bis in die Neunzigerjahre die größte Karosseriebaufirma in Berlin betrieb. Heute stehen in der Wilmersdorfer Fachfirma 18 Mitarbeiter in Lohn und Brot.

„Und wir haben in diesem Jahr in beiden Firmen schon um jeweils fünf Mitarbeiter aufgestockt. Weil es gebraucht wird“, so der 48-jährige Handwerksmeister. „Jetzt haben wir mit Schichtarbeit begonnen – das heißt unsere Öffnungszeiten verlängert, sodass wir deutlich flexibler sein können.“

Hohe Ansprüche

Der Kontakt zum Autoversicherer aus Coburg kam seinerzeit über einen Dekra-Sachverständigen zustande. „Damals hieß es einfach: Könnt ihr nicht für uns arbeiten? Heute nennt sich das Schadenmanagement“, sagt Schumann. Und heute kommen vielfach auch die Kfz-Werkstätten auf die Gesellschaft zu. Das meiste läuft dabei über die 38 Außenstellen, die die Huk-Coburg bundesweit unterhält.

„Es bewerben sich viele. Und dann schaut man, ob es passt und ob da noch eine Lücke ist, wo man zusammenarbeiten kann“, so Schnitzer. Womit sich Interessenten in etwa ihre aktuellen Chancen ausrechnen können. „Das Werkstattnetz ist relativ stabil und die Zusammenarbeit auf Langfristigkeit ausgerichtet“, bestätigt Schnitzer. Andererseits gebe es auch Werkstätten, die sich verabschieden wollen. Und ab und zu auch solche, „von denen wir uns trennen – wenn bestimmte Qualitätsansprüche nicht erfüllt werden.“

Für eine noch bessere Auslastung des Huk-Werkstattnetzes sorgt seit Kurzem die VHV mit ihren rund zwei Millionen Kfz-Versicherungskunden, die dessen Dienste ebenfalls über einen werkstattgebundenen Kaskotarif in Anspruch nehmen. Sollten sich dazu irgendwann weitere Partner gesellen, sei nicht auszuschließen, das Netz nochmals zu optimieren, so der Mitarbeiter der Huk-Coburg. Derzeit sei dies jedoch noch nicht angedacht.

Aber nicht nur im Kfz-Bereich nehmen die Kooperationen zwischen Versicherungen und Werkstätten zu. Den Trend, nicht nur als reine Kostenerstatter für die Kunden aufzutreten, sondern gleichzeitig auch Zusatzleistungen und bestimmte Services anzubieten, verfolgen immer mehr Versicherungsgesellschaften auch aus anderen Geschäftsfeldern.

Insbesondere in den Bereichen „eigene Person und Familie“, „Mobilität“ und „Wohnen“ geht es längst nicht mehr nur um die reine Kostenerstattung für den Kunden, sondern auch um weitere zusätzliche Angebote für die Versicherten: sogenannte Assistance-Leistungen. „Ziel ist natürlich die Verbesserung der Kundenzufriedenheit, um damit eine hohe Kundenbindung an die Gesellschaft zu erreichen. Gleichzeitig setzen die Versicherer Assistance-Leistungen ein, um ihre Schadenskosten zu reduzieren“, so das Marktforschungsunternehmen Psychonmics, das in einer aktuellen Studie die Kundenakzeptanz für diese Assistance-Angebote der Gesellschaften untersuchte. Demnach sind für die Anbieter von wohnraumbezogenen Unterstützungsleistungen (Assistancen) Handwerker-Dienstleistungen und Services unabhängig vom Schadenfall besonders erfolgversprechend. Die Allianz arbeitet bei Gebäudeschäden, die über die Wohngebäudepolice versichert sind, sowie bei ihrem Haus- und Wohnungsschutzbrief deutschlandweit mit 2500 Handwerksbetrieben zusammen.

Carla Fritz

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de