"O" bis "O" – Oktober bis Ostern Reifenwechsel auf Winterreifen: Wer bei falscher Bereifung haftet

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Gibt es eine Winterreifenpflicht in Deutschland? Wie sind die genauen Vorschriften, und wie ist die Pflichtenverteilung zwischen Betrieb und Mitarbeitern? Hier die Antworten.

Was Firmenchefs wissen müssen: Die wichtigsten Vorschriften für Winterreifen bei Dienstwagen. - © Igor - stock.adobe.com

Von „O“ bis „O“ – Oktober bis Ostern – herrscht einem ungeschriebenen Gesetz zufolge Winterreifenzeit. Winterzeit ist Unfallzeit - erst recht wenn man mit den falschen Reifen unterwegs ist. Doch wie sind die genauen Vorschriften, wann sind Winterreifen notwendig, und wie ist die Pflichtenverteilung ziwschen Betrieb und Mitarbeitern? Hier die Antworten von Experten der ARAG Versicherung sowie dem Fach- und Führungskräfteverband DFK.

Wann Winterreifen?

Einen festgelegten Zeitraum (zum Beispiel von Oktober bis März), in dem verpflichtend mit Winterreifen zu fahren ist, gibt es nicht. Es bleibt bei einer situativen Winterreifenpflicht. Diese Verhaltensvorschrift betrifft alle Kraftfahrzeugführer und -halter, also auch solche mit im Ausland zugelassenen Fahrzeugen. Das Gesetz schreibt vor: Winterreifen, oder auch Reifen die der Richtlinie 92/23/EWG entsprechen, müssen genutzt werden, wenn „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte“ vorherrscht (§ 2 Absatz 3a StVO). Winterreifen sind also spätestens bei Reif, Eis und Schnee Pflicht – zumindest, wenn man mit dem Auto fahren will. Wer sein Auto bei entsprechender Witterung stehen lässt, hat auch mit Sommerbereifung kein Bußgeld zu befürchten.

Sich während der Fahrt auf eine eventuell vorhandene Außentemperaturanzeige zu verlassen, ist gefährlich. Die Temperatur auf dem Asphalt kann wesentlich niedriger sein. Unterhalb von drei Grad ist außer bei sehr trockener Witterung stets mit Glätte zu rechnen. Besonders gefährdet sind immer Brücken, Waldschneisen und Straßeneinschnitte.

Wer ist verantwortlich?

Beim Firmenwagen ist grundsätzlich der Arbeitgeber für TÜV und Instandhaltung verantwortlich, da er der Halter des Fahrzeugs ist. Dasselbe gilt auch für die Bereifung: Der Arbeitgeber muss den passenden Reifen finden, denn seit Ende November 2010 gibt es in Deutschland eine Winterreifenpflicht. Wenn bei winterlichen Straßenverhältnissen mit Schnee, Eis, Glätte oder Matsch nicht Reifen mit einem entsprechenden Laufflächenprofil und Struktur am Auto sind, riskiert der Halter ein Bußgeld. Ganz aus der Affäre ziehen kann sich der Arbeitnehmer aber auch nicht: Der Fahrer ist verpflichtet, vor Fahrtantritt zu überprüfen, ob sich das Fahrzeug in einem sicheren und ordnungsgemäßen Zustand befindet.

Wer ist Halter?

Mitunter werden die „Halterpflichten“ in einer Dienstwagenüberlassungsvereinbarung im Innenverhältnis auf den Arbeitnehmer übertragen. „In der Beratungspraxis ist immer wieder festzustellen, dass Vertragsunterlagen nicht gelesen werden. Das gilt insbesondere für (Neben-)-Vereinbarungen, die sich in einer separaten Unterlagen, wie einem Dienstwagenüberlassungsvertrag befinden“, so Anwältin Kroll. Spätestens mit Herbstbeginn sollte der Dienstwagenüberlassungsvertrag gründlich gelesen werden, damit klar ist, wer sich um die richtige Bereifung zu kümmern hat. Kommt es wegen der Benutzung der Sommerreifen zum Unfall, kann dies zur erheblichen Leistungskürzung der Kaskoversicherung wegen grober Fahrlässigkeit (§ 81 VVG) führen.

Was ist betrieblich veranlasst?

Auch ist nicht jedem bekannt, dass bei der Haftungsfrage danach zu differenzieren ist, ob der Unfall bei „betrieblich veranlasster“ Nutzung des Dienstwagens passiert ist, also im Rahmen der arbeitsvertraglichen Tätigkeit, oder bei einer Privatfahrt. Nur bei „betrieblich veranlasster“ Tätigkeit gelten gewisse Haftungserleichterungen zu Gunsten des Arbeitnehmers. „Der Weg zur Arbeit ist übrigens keine betrieblich veranlasste Tätigkeit, sondern Privatsache“, stellt die Fachanwältin Kroll klar.

Für die Versicherung macht es im Schadensfall keinen Unterschied, ob es sich um eine dienstliche oder private Fahrt gehandelt hat: „Der Versicherung ist das in aller Regel egal. Im Grunde ist das ein Thema zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“, erläutert Kroll. „Eines ist jedoch klar, wer bei winterlichen Straßenverhältnissen mit Sommerreifen unterwegs ist, handelt in jedem Fall grob fahrlässig und riskiert den Versicherungsschutz.“

Was sind Winterreifen?

Seit der Änderung der Winterreifenverordnung reicht es nicht mehr aus, wenn die Reifen mit einer M + S-Kennzeichnung versehen sind. Vielmehr verweist § 2 Abs. 3a der StVO jetzt auf den neuen § 36 Abs. 4 der StVZO, weshalb nur noch solche Reifen als wintertauglich gelten, welche mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) nach der Regelung Nr. 117 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Reifen hinsichtlich der Rollgeräuschemissionen und der Haftung auf nassen Oberflächen und/oder des Rollwiderstandes (ABl. L 218 vom 12.8.2016, S. 1) gekennzeichnet sind. Es gibt aber Übergangsregelung: Bis zum 30.09.2024 gelten Reifen mit M+S Kennzeichnung als wintertauglich, wenn sie bis zum 31.12.2017 hergestellt worden sind.

Wie ist es im Ausland?

Wer mit dem Auto in den Herbst- oder Winterurlaub fahren möchte, sollte darauf achten, dass auch in einigen europäischen Ländern eine Winterreifenpflicht gilt. Wer z. B. in Österreich vom 1. November bis zum 15. April bei winterlichen Verhältnissen mit Sommerreifen unterwegs ist, riskiert nicht nur ein hohes Bußgeld; darüber hinaus kann sogar das Fahrzeug aus dem Verkehr gezogen werden. In Norwegen dürfen Sommerreifen bei Eis und Schnee nur mit Schneeketten gefahren werden. In bestimmten Gegenden Italiens müssen vom 15. Oktober bis zum 15. April die Winterpneus auf gezogen sein oder Schneeketten mitgeführt werden und in Schweden sollte man eine Schneeschaufel im Kofferraum haben. Aufgrund der unterschiedlichen Handhabungen sollte man sich kurz vor Ferienantritt über die jeweiligen Bedingungen im Urlaubsland informieren. Denn Verstöße können Urlauber teuer zu stehen kommen.

Was ist bei der EU-Plakette zu beachten?

Rollwiderstand, Nasshaftung und Abrollgeräusch – das sind die Prüfkriterien der EU-Kennzeichnung. Seit dem Jahr 2012 muss jeden neuen Reifen, der nach dem 1. Juli 2012 produziert wurde, ein Label zieren, das Auskunft über das Reifenverhalten gibt. Nur auf den Rollwiderstand zu achten, der den Kraftstoffverbrauch angibt, ist nicht empfehlenswert. Der wichtigste Wert hinsichtlich der Verkehrssicherheit ist die Nasshaftung. Hier kann die Differenz im Bremsweg zwischen gutem A- und schlechterem F-Reifen bei mehreren Metern liegen. Bei einer Vollbremsung kann dies den Unterschied zwischen einem großen Schrecken und einem Totalschaden ausmachen. Dies sollte natürlich gerade auch beim Neuerwerb von Winterreifen beachtet werden – das Fahrverhalten auf Schnee und Eis ist aber nicht explizit gekennzeichnet. Daher ist es beim Winterreifenkauf zusätzlich ratsam, auch auf unabhängige Testberichte zurückzugreifen.