Wenn der eigene Anwalt pfuscht

Anwaltshaftung Was tun, wenn der eigene Rechtsanwalt Fehler macht? Sollte der Jurist oder seine Kammer nicht helfen, können Mandanten Bundesschlichterin Renate Jaeger einschalten.

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    Konkurrenz: Die Zahl der Anwälte steigt weiter an, die Qualität wird dadurch nicht besser.
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    „Es wurde Zeit, dass auch Anwälte eine zentrale Schlichtungsstelle anbieten.“Renate Jaeger, neue Schlichterin der Rechtsanwaltschaft in Berlin.

Wenn der eigene Anwalt pfuscht

Säumige Kunden, unberechtigte Mängelrügen, unfaire Verträge - wer rechtlichen Ärger hat, wendet sich an einen Rechtsanwalt, den er für kompetent hält und dem er vertraut. In der Hoffnung, dieser werde seine Interessen optimal vertreten. „Doch immer wieder enttäuschen die Experten diese Hoffnung“, weiß Holger Scheiding von der Handwerkskammer in München. Zwar gehen jährlich nur 30 Beschwerden hierzu in seiner Rechtsabteilung ein. Die aber haben es oft in sich. „Falsche Beratung und überhöhtes Honorar, sind häufige Streitpunkte“, berichtet Scheiding. „Manche haben den Eindruck, ihr Anwalt unternehme gar nichts, oder zumindest nicht transparent für sie. Wenn er sich dann auf Nachfrage verleugnen lässt, ist die Enttäuschung riesig.“

Doch diesen Ärger müssen Unternehmer nicht einfach hinnehmen. Hat ihr Anwalt tatsächlich gepfuscht, haftet er für den Schaden. Sieht er den Fehler ein, geht das einfach. Wenn nicht, kann eine Schlichtung helfen.

Schon über 500 Fälle

Während die regionalen Rechtsanwaltskammern schon bisher Anlaufstelle für Beschwerden unzufriedener Klienten sind, gibt es seit Anfang dieses Jahres alternativ die zentrale, bundesweite Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft in Berlin. Schlichterin Renate Jaeger könnte als pensionierte Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eigentlich ihren Ruhestand genießen. „Doch als die Bundesrechtsanwaltskammer diese Aufgabe an mich herangetragen hat, habe ich gerne zugesagt“, so Jaeger. „Wo Ärzte, Banken, Versicherungen und andere Branchen ihren Kunden bundesweit eine Ombudsstelle anbieten, sollte auch die Anwaltschaft diesen Service bieten“, so Jaeger.

Auf die Schlichterin und den neunköpfigen Beirat, der sie unterstützt, wartet jede Menge Arbeit. Schon bevor sie Anfang des Jahres ihr Büro in der Berliner Neue Grünstraße bezog, stapelten sich bereits 250 Schlichtungsanträge auf ihrem Schreibtisch. Bis Anfang April sind 292 neue dazugekommen. „Bei den meisten“, so Geschäftsführerin Christina Müller-York, „dürfte es sich um den Vorwurf der falschen Beratung, der Untätigkeit, des Versäumens von Fristen sowie des überhöhten Honorars handeln, häufig auch um eine Kombination aus diesen Beschwerdepunkten. Genauer und statistisch erfasst können wir dazu Endes des Jahres Auskunft geben.“

Streitwert bis 15000 Euro

Einen Schlichtungsantrag kann jeder Mandant nach Berlin schicken, der meint, dass ihm ein Beratungsfehler seines Anwalts geschadet hat oder dass dessen Honorar überhöht ist. Der Streitwert bei Renate Jaeger ist auf 15000 Euro begrenzt. Läuft bereits eine Schlichtung bei der Rechtsanwaltskammer, ein Verfahren beim Gericht oder gibt es schon einen Vergleich, nimmt die Geschäftsstelle den Antrag nicht an.

Welche Angaben der Antrag enthalten muss, steht im Merkblatt, das Mandanten online unter schlichtungsstelle-der-rechtsanwaltschaft.de finden. „Die Details darin klingen vielleicht etwas bürokratisch“, räumt Christina Müller-York ein. „Sie dienen aber allein dazu, zeitaufwendige Nachfragen zu vermeiden.“ Das Verfahren ist für Mandant und Rechtsanwalt kostenlos.

Scheint die Beschwerde des Mandanten begründet, fordert die Schlichtungsstelle den kritisierten Anwalt dazu auf, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen, wozu er nicht verpflichtet ist. Am Ende steht ein Schlichterspruch, also ein Kompromissvorschlag von Renate Jaeger.

Wie schon die Schlichtungen bei regionalen Rechtsanwaltskammern gezeigt haben, kehrt in den meisten Fällen mit dem Schiedsspruch Rechtsfriede ein. Von den 119 Anträgen, die 2009 bei der Kammer Köln eingingen, konnten 80 Prozent gütlich bearbeitet werden. Andere Kammern melden ähnliche Zahlen. Auch Holger Scheiding von der Handwerkskammer München hält von der Schlichtung sehr viel. „Sie darf allerdings keinen schlechten Kompromiss beinhalten“, sagt er. „Wenn ein Mandant eindeutig im Recht ist, ist die Schlichtung keine gute Lösung.“

harald.klein@handwerk-magazin.de

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