Wenn der Chef den Auftrag einlocht

Golf | Der Golfsport findet stetig neue Anhänger, weil er entspannt, Menschen verbindet, sich zum Teambuilding eignet und selbst im Winter lockt.

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    Trotz Selbständigkeit möchte Pflaster- und Straßenbaumeister Werner Tuscher nicht auf das Gefühl verzichten, als „neuer Mensch“ den Golfplatz zu verlassen.
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    Trotz Selbständigkeit möchte Pflaster- und Straßenbaumeister Werner Tuscher nicht auf das Gefühl verzichten, als „neuer Mensch“ den Golfplatz zu verlassen.
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    Netzwerkmitbegründer Konstantin Pflüger: „Golfspielen eignet sich, um neue Kontakte zu knüpfen, weil man hier viele Stunden miteinander verbringt.“
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    „Auch meine Mitarbeiter sind leidenschaftliche Golfer.“Werner Tuscher, selbständiger Handwerker

Wenn der Chef den Auftrag einlocht

E Einen glänzenden Pokal hat Werner Tuscher zwar nicht erhalten, aber die Freude über den Sieg beim 10. Süddeutsche Business Golf Cup in Würzburg Ende Juli hält auch heute noch an. Der 49-Jährige hat das Turnier gewonnen, nicht ohne Unterstützung seines Golfteams, das sich aus der Belegschaft von Wetu Pflasterbau zusammensetzt.

Nicht nur Unternehmer wie Tuscher entspannen beim Golfen. Immer mehr Handwerker nutzen die Gemeinschaft der Golfclubs zur Erweiterung ihrer sozialen Netzwerke, was berufliche Vorteile bringen kann auch innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft. So ist Golf auch dem Teambuilding förderlich, wenn sich Chef und Angestellte gemeinsam des Sports erfreuen, und gemeinsam können sie auch im Winter für das richtige Handicap sorgen. Wer auf dem heimischen Golfplatz nicht frieren will, kann sich für ein Angebot von Golfreisen entscheiden, um Nebel und Schnee zu entfliehen.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wächst die Golfgemeinschaft und das längst nicht mehr nur bei der betagten Altherrenelite. Jährlich greifen seit 1990 regelmäßig mehr als 20000 Deutsche zum Golfschläger und organisieren sich in einem der 776 Mitgliederclubs des Deutschen Golf Verbands oder sie schlagen ihre Bälle auf einem der etwa 350 freien Golfplätze im Bundesgebiet. Das Angebot nimmt zu, wie sich auch die Mitgliederstruktur ändert. Von den zirka 575000 organisierten Spielern sind 35 Prozent zwischen 22 und 49 Jahre alt. Das ist die Gruppe, der auch Werner Tuscher angehört. Der selbständige Pflaster- und Straßenbaumeister findet zwar nur sonntags Zeit für sein Hobby, aber auf das Gefühl, „als neuer Mensch und völlig entspannt“ vom Platz zu gehen, möchte Tuscher nicht mehr verzichten. Seine Leidenschaft hat auch seine beiden Angestellten Petra und Christian Teubl angesteckt, die ihn oft auf den Golfplatz begleiten. So verbindet er seine große Freude am Sport mit der Förderung des Gemeinschaftsgefühls im Betrieb. „Für den Golf Cup haben wir einen Tag blaugemacht“, sagt der Firmenchef ohne Reue. Und das Schwänzen hat sich gelohnt. Das Team, das um Geschäftspartner Hans Pirkl verstärkt wurde, hat mit eindeutigem Vorsprung den Cup für sich entschieden und wird belohnt und das mit Handicap 25: Ende November reisen sie alle für fünf Tage in das Luxusgolfressort Belle Mare Plage nach Mauritius „Das war schon lange mein Traum“, sagt Tuscher und denkt dabei an den Urlaub und die Auszeit vom Baubetrieb. „Gegen Jahresende wird es zwar stressig im Betrieb, aber wenn wir vorarbeiten, wird das klappen“, bleibt er optimistisch.

Geschäfte auf dem Green

Golf verbindet er auch mit beruflichen Chancen. Seine Mitgliedschaft im Golfclub Bad Abbach Deutenhof hat ihm bereits drei Aufträge mit einem Umsatzvolumen von 50000 Euro eingebracht. Davon kann er auch sein Hobby mitfinanzieren, denn ein einjähriges Spielrecht auf der Championship-Anlage seines Clubs kostet 1650 Euro, plus 100 Euro für Mitgliedschaft und Anmeldung.

Nichtsdestotrotz: Kontakte, vor allem Geschäftskontakte, lassen sich hier einfach knüpfen. Das meinen diejenigen, die sich gezielt in Golf-Netzwerken organisieren. „Man verbringt hier viele Stunden miteinander, da kann man sich nicht einfach verstellen. Wer hier betrügt, der tut das wahrscheinlich auch im Beruf“, nennt Konstantin Pflüger, Mitbegründer des Green Business Clubs, die Stärken des Sports. Sein After-Work-Golf Network ist in 20 Regionalgruppen bundesweit organisiert, in denen regelmäßig Spieltermine vereinbart werden. Die Zielgruppe ist klar definiert: „Wir sprechen Leute an, die wenig Zeit haben und beruflich ein großes Netzwerk brauchen. Es ist nicht schlimm, wenn zu einem Termin mal einer ausfällt, denn die Spielpartner finden sich spontan vor Ort.“ Pflüger erklärt außerdem, dass „bei uns jederzeit über den Beruf gesprochen werden darf.“ Damit bezieht er Stellung zu einer allgemeinen Golferetikette, die das in einem gewissen Umfang untersagt. „Der Job ist ein großer Bestandteil unseres Lebens warum sollte man sich darüber nicht austauschen?“, fragt der Networker. Raumausstattermeister Kai-Thorsten Petersen aus München ist Mitglied des Netzwerkes. Über sein Hobby ist er schon öfter an Aufträge gekommen, „weil man mit den wechselnden Spielpartnern leicht ins Gespräch kommt.“

Schwungvoller Wintersport

Auf ihre Kontakte müssen Golfer auch in den Wintermonaten nicht verzichten. Eventmanager bei GreenSports, Julian Wuttke, kennt die beliebtesten Reiseziele der Golfer. Jährlich steht er als Golfcoach und Begleiter von Reisegruppen auf den Greens der Welt. „Zum Networken eignet sich derzeit Belek in der Türkei, da es unter Golfern immer beliebter wird.“ Eva-Maria Kinzel, Inhaberin von Kinzelreisen in Oberstdorf, die sich auf Golfreisen spezialisiert hat, empfiehlt zum Netzwerken eher Golfkreuzfahrten. Beispielsweise werden in der Karibik verschiedene Plätze angesteuert, wo Golfer in kurzer Zeit viele Plätze kennenlernen. Die Reise in den Süden ist zwar verlockend, scheitert aber oft am Zeitmangel. Jens Bernitzky, Geschäftsführer von Golf Tourism Development & Services, hat unter 5700 Mitgliedern einer Golfcommunity innerhalb des Netzwerkes xing eine Umfrage zum Reiseverhalten gestartet. Dabei haben 29 Prozent der Teilnehmer angegeben, im Krisenjahr 2009 keine Fernreisen zu unternehmen. Zum Wintergolf treffen sich stattdessen Hartgesottene zwischen November und März sonntags etwa auf dem freien Golfplatz im nordrhein-westfälischen Mühlenhof in Kalkar Niedermörmter. Touristische Wintergolfangebote bietet das nahe Ausland: Mit der „4. Winter Golf Challenge” in Rein/Taufers im Februar 2010 lockt Südtirol gespielt wird mit bunten Bällen. Wer seinen Golfball nicht im Schnee suchen möchte, kann in Indoor-Golfanlagen mit Simulatoren an seinem Handicap arbeiten. Die Loungebereiche der Anlagen eignen sich zum Austausch mit anderen, die ebenfalls im Winter nicht auf den richtigen Schwung verzichten wollen.

Nach seinem Erfolg beim Business Golf Cup möchte auch Werner Tuscher nun konsequent sein Handicap verbessern, denn eins steht für ihn und sein Team fest: „Wir werden wieder angreifen.“ -

Iris Stelter

redakteur@handwerk-magazin.de