Wenig Neues bei Vista

Betriebssystem | Der Nachfolger von Windows ist jetzt am Markt, aber wirklich neue Features hat Microsoft nicht in das Betriebssystem Vista gepackt. Trotzdem kann der Umstieg lohnen.

Wenig Neues bei Vista

Vista ist da – nachdem Microsoft fünf Jahre an der Entwicklung des Windows-XP-Nachfolgers gearbeitet hat. Eine Investition, die sich lohnt, zumindest für Microsoft. Vista soll bis zum Ende des Jahrzehnts für noch bessere Geschäfte sorgen, dem Wettbewerb das Wasser abgraben und die Marktführerschaft weiter ausbauen. Zwar gibt es schon jetzt keinen ernstzunehmenden Konkurrenten. Trotzdem sorgt Microsoft mit technischen Raffinessen in der Software dafür, dass Betriebssystem-, Internet- und Officeanwendungen aus einem Guss sind und ein Umstieg auf Wettbewerbsprodukte auch in Teilbereichen kaum möglich ist.

Mehr Komfort, höhere Transparenz des Datenflusses und eine im Vergleich zu den früheren Windows-Versionen bessere Bedienoberfläche haben sich die Anwender gewünscht. Ein paar neue bunte Bildoberflächen und Einstellmöglichkeiten mit netten Toolbars, zusätzlich neue Fenster zum Anklicken, Buttons, Popups und Menüs haben sie bekommen – das ist enttäuschend wenig angesichts der langen Entwicklungszeit. Nicht einmal die Forderung der EU-Administration nach einer strikten Trennung des Betriebssystems von den Zubehör-Programmen wie Windows Media Player oder dem Internet Explorer erfüllt das neue Vista. Microsoft hat sogar in der Fehde mit den Kartellbehörden noch eins draufgesetzt und integriert jetzt auch noch zusätzlich ein Anti-Virenprogramm. Das eröffnet für die Zukunft ein weiteres lukratives Geschäft, denn die Einheit von Betriebssystem und Virenabwehr wird mittelfristig die lästigen Wettbewerber von Sicherheitsprogrammen aus dem Markt kippen. Die Zusatzprogramme gegen allerlei Ungeziefer könnten bald überflüssig werden.

Bessere Suchfunktion

Was bietet das neue Vista? Ja, es gibt einige Verbesserungen, die dringend nötig waren, und andere, auf die viele Anwender auch verzichten können:

n Endlich gibt es eine bessere Suchfunktion. Dateinamen und Inhalte können jetzt so einfach und schnell gefunden werden wie im Internet bei Google.

n Lobenswert auch die neue Benutzerverwaltung: Die Anwender müssen sich nicht mehr als Administrator anmelden, um Windows einstellen oder eine Datei auf die Festplatte schreiben zu können. Weil das auch ein Einfallstor für Viren aus dem Internet öffnet, nerven jetzt allerdings die häufigen Sicherheitshinweise.

n Das Betriebssystem startet schneller (wenn die Hardware mit einem Flash-speicher die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt) und beendet nicht mehr aktive Programmanwendungen schneller. Freilich, auch weiterhin will Microsoft nach jedem unvorhergesehenen Ende durch Absturz sich selbst eine Fehlermeldung per E-Mail senden.

n Die neue Oberfläche Aero kommt jetzt dreidimensional auf den Bildschirm. Die Fenster haben einen halbtransparenten Rahmen mit Schatten.

Sicher vor Raubkopien

Die größten Anstrengungen hat Microsoft gemacht, um den Anwendern auf die Finger zu sehen. Vista ist bestens gegen Raubkopieren und gegen die (eigentlich rechtlich zulässigen) Zweitvermarktung von Lizenzen abgesichert. Die schon von Windows XP her bekannte umständliche Produktautorisierung wird mit Vista noch komplizierter. In der Vergangenheit waren nur Privatkunden mit dem Eintippen von endlosen Zahlen/Buchstabenkombinationen und der anschließenden Herstellerautorisierung durch Freischaltung per Telefon oder Internet genervt. Jetzt gilt das zeitaufwendige Verwalten der Produktschlüssel und Zugangsberechtigungen für alle Betriebssystem-Varianten, also auch für die Unternehmenslizenzen. Ist das Betriebssystem einmal autorisiert, dann kann es nur noch ein einziges Mal neu aktiviert werden. Das macht die Vista-Anschaffung für die Käufer zu einem schlechten Geschäft. Denn neuerliche Installationen sind immer dann notwendig, wenn sich etwa die PC-Konfiguration durch mehr Hauptspeicher, einen zusätzlichen Datenspeicher oder einen schnelleren Prozessor ändert. Auch ein Systemabsturz kann eine Neuinstallation erforderlich machen. Spätestens aber nach dem zweiten Absturz ist dann die teure Betriebssystem-Lizenz, die jedem neuen Rechner meist als so genannte OEM-Version beiliegt, Makulatur. Das Betriebssystem lässt sich nicht mehr auf eine Festplatte installieren. Wer darauf angewiesen ist, muss schließlich eine neue Vista-Lizenz kaufen. Doch nicht jede Vista-Version hat diese Tücke. Deshalb lohnt sich, die verschiedenen Produktverpackungen von Microsoft vor dem Kauf genau unter die Lupe zu nehmen.

Am besten ist dran, wer die Software als Vollversion zusammen mit dem dazugehörigen Datenträger kauft. Vista mit DVD ist die teuerste Variante. Aber das Medium zusammen mit Lizenz und Produktschlüssel ermöglicht die weitestgehende Nutzung: Beliebig häufige Installation, auch bei Umstieg auf einen neuen Computer oder Weiterveräußerung der Lizenz an Dritte bleibt die Programmnutzung gültig.

Einige wesentliche Einschränkungen hat dagegen das Vista-Update. Es ist preiswerter, setzt aber zur Installation eine ältere Windows-Version auf der Festplatte voraus. Wird später mal ein neuer Rechner fällig, dann ist das Update wertlos.

Wer das Betriebssystem zusammen mit einem Computer kauft, findet – abhängig vom Hardwarehersteller – eine Vorinstallation von Vista auf der Festplatte und in der Verpackung ein kleines Blatt Papier mit der Lizenznummer, vielleicht sogar zusätzlich eine kleine Broschüre für den Einstieg. Besonders geizig zeigen sich manche Billig-Anbieter: Sie installieren die Software vor und kleben eine nicht mehr abziehbare Folie mit dem Produktschlüssel auf die Hardware. Dann geht Vista zusammen mit dem Computer eine Einheit ein und ist davon losgelöst nicht nutzbar. Wer zu häufig nach Abstürzen nachinstalliert oder das Programm auf einen neuen Rechner übertragen will, hat mit einer OEM-Version Pech gehabt. Denn dieses Vista entpuppt sich als Schmalspurprogramm. Es ist inhaltlich zwar identisch mit den Vollversionen, aufgrund des fehlenden Datenträgers und der unzureichenden Lizenzdokumentation ist es aber nicht übertragbar.

Wer braucht Vista? Die meisten Verbesserungen gibt es fĂĽr den Spieler-

und Unterhaltungsmarkt. Entsprechend hoch sind die Systemanforderungen an die Hardware. Trotz der höheren Hardwareanforderungen ist Vista im Vergleich zu Windows XP bei Standardanwendungen nicht oder nur unerheblich schneller. Dafür sind die Preise in die Höhe geschossen. Am meisten kosten die Vollversionen, die Bandbreite liegt zwischen 220 und 460 Euro (jeweils zuzüglich Umsatzsteuer). Zum Vergleich: Die teuerste XP-Version Professional kostete 200 Euro zur Markteinführung 2001.

Peter Altmann

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de