Rechtsform Wann eine GmbH lohnt

Ob Einzelunternehmen, Personengesellschaft oder GmbH mit welcher Firmierung ein Gründer anfängt, hängt von einigen Punkten ab. Worauf es in der Praxis ankommt.

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    Konditormeisterin Britta Witte ist als Einzelunternehmerin erfolgreich mit ihrem Berliner Café gestartet.
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    „Wer sich für eine Personenfirma entscheidet, muss sich des Haftungsrisikos bewusst sein.“Christine Karut,Betriebsberaterin der Handwerkskammer in Berlin.
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    Tagesgericht: Britta Witte bereitet das Mittagessen für ihre Gäste mit Lust auf Pikantes vor.
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    © Chart: handwerk magazin
    Drei Viertel aller Handwerksbetriebe firmieren als Einzelunternehmen oder Personengesellschaften.

Wann eine GmbH lohnt

Schade, dass Konditormeisterin Britta Witte mit ihrem Einzelunternehmen „Suess Speisen“ so weit von handwerk magazin entfernt ist. Ihr kleines Café in Berlin-Kreuzberg bietet unter anderem neben dem beliebten Heißgetränk in allen Variationen zwölf Sorten Torten, mehrere Sorten Pralinen, Gebäck, Frühstück und am Wochenende einen Brunchteller an. Wer mittags zuerst pikant essen möchte, den lockt die Gründerin mit einem Tagesgericht - Zanderragout mit Estragon und Reis steht auf der Karte als gerade der Redakteur aus München anruft.

Doch zunächst sind die nüchternen Fakten dran. Weshalb Einzelfirma und nicht GmbH? „An die GmbH habe ich zunächst durchaus gedacht“, erinnert sich Britta Witte. „Das Risiko, es könnten zu wenig Gäste kommen, besteht eigentlich immer. Ich würde auf Miete sowie Investitionen sitzen bleiben und könnte mit der Haftungsbeschränkung mein kleines Privatvermögen schützen.“ Doch dann überwog der Gründermut die Sorgen und sie startete mit der Einzelfirma - in guter Gesellschaft mit zwei Drittel aller Handwerksbetriebe (siehe Grafik Seite 71).

Wie Britta Witte so müssen sich alle Gründer mit dem Thema Rechtsform beschäftigen. „Dabei ist grundlegende Information vorab wichtig“, betont Betriebsberaterin Christine Karut von der Handwerkskammer Berlin. „Denn die meisten haben in der Erstberatung keine Vorstellung von den Wahlmöglichkeiten.“

Haftungsrisiko abwägen

Die Expertin hat auch Britta Witte betreut, „sehr gut in allen Details“, lobt die Konditormeisterin. Bei ihrem Betrieb kamen beide auf die Einzelfirma als beste Rechtsform für den Einstieg. Auch in Gewerken wie etwa Friseur und Metzger raten Fachleute zum Einzelunternehmen oder zur Personengesellschaft, denn das potenzielle Schadensrisiko und damit die beschränkte Haftung sind hier nicht so wichtig. Anders in technisch riskanten Branchen wie etwa Elektro, SHK, Medizintechnik, Bau oder Kfz-Reparatur. Hier ist die GmbH wichtig (siehe auch „Welche Rechtsform besser ist“, Seite 69).

„Ob Einzelunternehmen, Personengesellschaft oder GmbH - letztlich entscheiden sich Gründer für die Rechtsform, die beim Start am besten zu ihnen passt“, weiß Ulrich Strobl, Betriebsberater bei der Berliner Kammer (siehe Kasten „Welche Rechtsform besser ist“, Seite 69). „Zwar haben die meisten Firmen eine Haftpflichtversicherung“, so Strobl, „doch wenn die bei einem großen Schaden nicht ausreicht, greift der Kunde doch privat auf den Handwerker zu. „Dann dient die GmbH quasi als weiteres Sprungtuch unter dem Sprungtuch der Betriebshaftpflichtversicherung“.

Allerdings schrecken viele Gründer vor der GmbH zurück, weil sie mindestens 25000 Euro Stammkapital voraussetzt. Viele Jungunternehmer fürchten auch, sie müssten die 25000 Euro auf eine Art Sperrkonto überweisen. „Dieses Gerücht hält sich hartnäckig, stimmt aber nicht“, entwarnt Stefan Kräßig von der Handwerkskammer Karlsruhe. „Nach Paragraf 7 des GmbH-Gesetzes genügt es, die Hälfte, also 12500 Euro, auf ein Bankkonto zu legen, wenn der Betrag nicht bereits durch Sacheinlagen abgedeckt ist“, so der Justiziar.

Bei der Mini-GmbH ist auch das kein Problem. Die offiziell „Unternehmergesellschaft“, kurz UG, genannte Firmierung ist keine neue Rechtsform, sondern eine Variante der GmbH, die bei vielen Gründern beliebt ist. Sie ist Ende 2008 mit der GmbH-Reform eingeführt worden und hat die britische Limited, mit der früher einige Betriebe liebäugelten, vom deutschen Markt weitgehend verdrängt. „Diese Reform war überfällig“, so Rechtsanwalt Christian Rödl von der Kanzlei Rödl & Partner in Nürnberg. „Sie hat die GmbH als bewährte Rechtsform gestärkt.“

Bereits 58000 Mini-GmbHs

Nach einer Studie der Universität Jena wurden bis 2009 bereits 22700 UGs gegründet. Die Databyte GmbH in Lübeck, eine der größten Datenbanken für Wirtschaftsinformationen, hat inzwischen 58000 UGs registriert. Ihren Inhabern verschafft sie die volle Haftungsbeschränkung wie bei der klassischen GmbH. Um an dieses Ziel zu kommen, müssen UGs jährlich ein Viertel ihres Gewinns zurücklegen, bis 25000 Euro erreicht sind. „Es erfolgt also eine Kapitalerhöhung aus eigenen Mitteln“, erklärt Rechtsanwältin Anne Mushardt, ebenfalls von der Kanzlei Rödl & Partner. Daher ist die UG auf Dauer keine Alternative zur GmbH - sie wird sukzessive zu einer.

BGH lockert GmbH-Regeln

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies mit seinem Beschluss vom 19. April 2011 (Az. II ZB 25/10) weiter begünstigt, indem er den Sprung von der UG zur GmbH erleichtert hat: Grundsätzlich ist bei der UG eine sogenannte Sachgründung unzulässig. Das ohnehin geringe Kapital ab einem Euro muss der Unternehmer und damit der Gründer als Barkapital einzahlen. Die alternative Sacheinlage, etwa des Privatwagens ins Betriebsvermögen, lassen das GmbH-Gesetz und die Richter in Karlsruhe nicht zu. Laut BGH gilt das Verbot der Sachgründung aber nicht mehr für die laufende Kapitalerhöhung der Unternehmergesellschaft, mit der diese später das Mindeststammkapital einer GmbH von 25000 Euro überschreitet.

Will ein Betrieb mit GmbH jedoch später eine UG gründen, ist dies nicht so leicht möglich. „Denn für eine allgemeine Auflockerung der Kapitalregeln auch in anderen Bereichen des GmbH-Rechts zeigen sich in der Rechtsprechung keine Anzeichen“, weiß Rechtsanwältin Anne Mushardt. So hat der BGH mit einem Urteil zum Umwandlungsrecht die Abspaltung zur Neugründung einer UG für unzulässig gehalten. Der Spaltungsplan hatte vorgesehen, dass aus dem Vermögen der GmbH ein Euro auf eine neu zu gründende UG übertragen wird. Das Umwandlungsrecht sieht die Vermögensübertragung im Rahmen der Abspaltung aber grundsätzlich als eine Sachgründung an, die für die UG unzulässig ist.

Mustersatzung verwenden

Seit der Reform ist aber die Gründung einer GmbH selbst einfacher als früher. Wer die gesetzliche Mustersatzung verwendet, kann das Verfahren beschleunigen. Gleichzeitig ist die Haftung für den Geschäftsführer bei der Anmeldung einer GmbH verschärft worden.

Ob bestehende GmbH oder Existenzgründer, alle 250000 GmbHs im Handwerk können von der Reform profitieren. Auftraggeber und Banken sind bei der Unternehmergesellschaft aber weitaus skeptischer als gegenüber der klassischen GmbH. Britta Witte will dem Gedanken dennoch näher treten, wenn sie ihren Betrieb erweitert, auch Konditoreiprodukte liefert, einen Raum für Backkurse einrichtet, kurz: expandiert. Doch diese Pläne hat sie erst ab Juli dieses Jahres.