Wachsen ohne Reibungsverluste

Organisation Was mit fünf Mitarbeitern noch perfekt funktioniert, stößt im größeren Team schnell an seine Grenzen. Wer weiter effizient arbeiten will, muss in Wachstumsphasen die Abläufe anpassen.

  • Bild 1 von 3
    © Christoph Knepper
    Christoph Knepper hat die Prozesse in seinem Maschinenbaubetrieb optimiert, damit er und sein Team weiter gesund wachsen können.
  • Bild 2 von 3
    © Chart: handwerk magazin
    Das Ohr am Markt: 84 Prozent der Top-Betriebe im Handwerk nutzen regelmäßig die Ideen der Kunden zur Verbesserung der Prozesse.
  • Bild 3 von 3
    © Chart: handwerk magazin
    Offen für Neues: 90 Prozent der Top-Handwerker setzen neue Verfahren und Methoden zügig im Betrieb um.

Wachsen ohne Reibungsverluste

Von 20 auf 38 - die Knepper Maschinen- und Anlagenbau GmbH in Bergkamen hat in nur drei Jahren ein rasantes Wachstum hingelegt. „Um den Service für die Kunden zu verbessern, haben wir noch einen Montagebereich aufgebaut“, erklärt Christoph Knepper. Das neue Angebot kam bei den Kunden prima an, der ursprünglich auf die Einzelfertigung spezialisierte Familienbetrieb konnte die Mitarbeiterzahl fast verdoppeln. Ein schöner Erfolg, der jedoch auch seinen Preis hatte: Funktionierte früher vieles auf Zuruf, klappte die hemdsärmelige Organisation nun nicht mehr so reibungslos. Für den erfahrenen Unternehmer ein Grund, die Abläufe auf den Prüfstand zu stellen: „Ich habe gemerkt, dass wir neue Strukturen brauchen, um den Erfolg langfristig zu sichern.“

Mike Emenako, Geschäftsführer des auf die Organisationsberatung von Betrieben spezialisierten „Management Instituts Bochum“ (siehe Interview Seite 36), kennt die Tücken schnellen Wachstums: „Das Tagesgeschäft wird immer komplexer und es bleibt einfach keine Zeit, die Abläufe zu hinterfragen.“ Mit der Folge, dass oft nicht nur die Effizienz leidet, sondern auch die Fehlerquote zunimmt. Beides, so Emenako, drückt letztendlich auf die Marge und gefährdet den meist mit viel Einsatz und Herzblut erarbeiteten Erfolg.

Verbesserung als Wettbewerbsvorteil

Gestützt wird die Einschätzung des Beraters druch die Ergebnisse der Würth-Handwerksstudie „Manufactum 2011“ (siehe Chart). Ein Drittel der Top-Betriebe im Handwerk nutzt danach regelmäßig die Anregungen von Kunden, um die Prozesse zu verbessern. Im Durchschnitt aller Betriebe greift jedoch nicht einmal jeder Fünfte auf dieses Potenzial zurück. Grund genug für die Experten, die kontinuierliche Anpassung der internen Abläufe als einen der zentralen Erfolgsfaktoren für Handwerksbetriebe zu definieren.

Da man nach mehr als 20 Jahren als Unternehmer „mit der Zeit ein wenig betriebsblind wird“, hat Christoph Knepper seine Strukturen vom Bochumer Beratungsteam um Mike Emenako analysieren lassen. Die Bestandsaufnahme mündete schließlich in eine individuelle Landkarte der Prozesse, auf der die Prozesstypen (siehe Info Seite 35) inklusive Schnittstellen dargestellt wurden. In sechs Themen-Workshops ging es dann gemeinsam mit den Mitarbeitern darum, das Verbesserungspotenzial zu erschließen und konkrete Umsetzungsmaßnahmen festzulegen.

Überzeugen statt diktieren

Ein, wie Knepper einräumt, nicht immer leichter Prozess, der auch von den Mitarbeitern viel Flexibilität fordert. Dabei ist es nach seiner Erfahrung entscheidend, dass der Chef die Änderungen nicht diktiert, sondern die Mitarbeiter vom Nutzen der Neuregelung überzeugt. Als Beispiel nennt der Maschinenbauer die Reklamationsbearbeitung. So landete zwar auch früher schon jede Beschwerde auf seinem Schreibtisch, doch es gab keine Dokumentation. Weil sich Monate später niemand mehr an den alten Fehler erinnerte, konnte dieser sich unbemerkt wiederholen. Heute wird bei Knepper jede Reklamation dokumentiert, und alle können leichter erkennen, wo etwas systematisch schief läuft. Das steigert nicht nur Qualität und Kundenzufriedenheit, sondern beugt auch Missstimmungen im Team vor. Zudem sorgt die größere Transparenz nach Aussage des Firmenchefs dafür, „dass die tägliche Arbeit für die Mitarbeiter um einiges einfacher wird“.

Eine Erfahrung, die Mike Emenako aus vielen Beratungsgesprächen mit seinen Handwerkskunden bestätigen kann. „Es geht nicht darum, alles neu aufzusetzen, sondern die jeweiligen Stärken der Betriebe herauszuarbeiten und als Standard zu etablieren.“ Die in der Wirtschaft üblichen Mechanismen, nach denen eine Verbesserung der Effizienz quasi automatisch zum Abbau von Arbeitsplätzen führt, hat Emenako im Handwerk noch nie beobachtet. Im Gegenteil: Wenn die Betriebe schneller und besser arbeiten, würden sie dank ihrer besseren Wettbewerbsposition oft sogar zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

Kein Einbruch trotz Krise

Wie wertvoll eine effektive und kostenbewusste Arbeitsweise sein kann, hat Christoph Knepper besonders in den Krisenjahren 2008 und 2009 erfahren. Obwohl auch seine Branche massiv von Auftragseinbrüchen betroffen war, musste er niemanden entlassen. Und im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern, die über Monate zu 100 Prozent Kurzarbeit anmelden mussten, konnte er sich darauf beschränken, die Produktion für drei Monate um zehn Prozent zu drosseln: „Darauf sind wir stolz, und es zeigt, dass Effizienz ein wirklich wichtiger Wettbewerbsvorteil ist.“

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

Online exklusiv

Erster Ansatzpunkt für Verbesserungen sind die Kundenwünsche. Ein Muster für einen Fragebogen gibt es unter
handwerk-magazin.de/management

Kundenbefragung