VOB ausschöpfen

Nach der VOB können Handwerker einfacher Abschlagszahlungen kassieren, nach BGB wird ihre Schlussrechnung schneller fällig. Oft werden auch deshalb VOB und BGB kombiniert, um die jeweils günstigsten Komponenten zusammenzustellen. Das jedoch sollte nur mit einem erfahrenen Experten gemacht werden, weil die VOB allgemeine Geschäftsbedingungen sind, die von den Gerichten kritisch geprüft werden, wenn sie nicht in Reinform angewandt werden.

VOB ausschöpfen

E Voll im Griff hat Jürgen Lammel, Diplom-Ingenieur sowie Geschäftsführer der Lammel Bau GmbH & Co. KG in München, seine Außenstände: „Bei neuen Kunden läuft ohne Bonitätsauskunft nichts, und Abschlagszahlungen sind ohnehin selbstverständlich.“ Seitdem sich das Handwerksunternehmen mit acht Beschäftigten auf den Bau von Tiefgaragen spezialisiert hat, ist es vom erbitterten Preiskampf der übrigen Baubranche nicht mehr so abhängig.

Gegen säumige Kunden geht die Firma abgestuft vor: Nachdem eventuelle Mängel beseitigt wurden, wird zuerst mit dem Auftraggeber geredet und verhandelt. Bringt das nichts, geht der Fall an die Schiedsstelle der Bauinnung München. Zahlt der Kunde dann immer noch nicht, treibt ein Rechtsanwalt die Forderung ein. Dass es natürlich dennoch Überraschungen geben kann, weiß der erfahrene Unternehmer: „Es gibt auch Bauherren, die zahlen alle Abschläge pünktlich und sperren sich erst bei der Schlusszahlung.“ Die muss dann gerichtlich eingetrieben werden.

Im Bau und Ausbau können VOB- und BGB-Vorschriften kombiniert werden. Weil das jedoch auch nachteilige Folgen haben kann, rät Eckhard Frikell, Rechtsanwalt in München, einen Experten auf den Werkvertrag schauen zu lassen, bevor er unterschrieben wird.

Werkvertrag

Zweck: Der Werkvertrag ist die wichtigste Vereinbarung, um potenziellem Streit mit Kunden und hohen Außenständen vorzubeugen. Mit detaillierten Angaben zum Bauprojekt einschließlich Leistungsverzeichnis, Preisangaben, Terminen etc. wissen Auftraggeber und -nehmer so von vornherein genau, wie der Auftrag erledigt und bezahlt werden soll.

Grundlage: Bau- und Ausbauverträge können (wie erwähnt) nach VOB/B, nach BGB oder mit einer Mischung der Regeln aus VOB und BGB geschlossen werden.

Beispiele: Der Handwerker soll Abschlagszahlungen jederzeit unkompliziert verlangen dürfen und wählt deshalb die VOB (mehr dazu unter „Abschlagszahlungen“). Will er dagegen bei der Schlussrechnung nicht zwei Monate plus circa eine Woche Nachfrist auf sein Geld warten, wie das die VOB vorsieht, vereinbart er in diesem Punkt, dass die BGB-Vorschrift gilt – 30 Tage nach Zugang der Rechnung ist danach der Kunde automatisch im Verzug. Bei möglichen Mängelrügen hingegen sitzt der Auftraggeber nach VOB am längeren Hebel: Zwar verjähren Gewährleistungsansprüche im Bau und Ausbau nach VOB/B bereits vier Jahre und laut BGB erst fünf Jahre nach der Abnahme. Doch beim VOB-Vertrag kann der Auftraggeber die drohende Verjährung seiner Ansprüche auf Mängelbeseitigung durch eine einfache schriftliche Mängelrüge verhindern. Ein solcher gerügter Mangel verjährt erst weitere zwei Jahre ab dem Zugang der Rüge. Beim BGB-Vertrag ist dagegen hierzu eine gerichtliche Maßnahme (Beispiele: Klage, selbständiges Beweisverfahren) erforderlich, wenn der Auftragnehmer den Anspruch auf Mängelbeseitigung nicht ausdrücklich anerkennt.

hm-Rat 1: Basteln Sie sich nicht selbst Ihren VOB/BGB-Mischvertrag zusammen, falls Sie ausnahmsweise selbst den Vertragstext formulieren können. Denn im Streitfall – der als Bauprozess lang und teuer werden kann – zerpflückt Ihnen möglicherweise die Gegenseite den Vertrag wegen Verstoß gegen die AGB-Vorschriften. Fragen Sie im Zweifel Ihre Innung, Kreishandwerkerschaft oder Handwerkskammer.

hm-Rat 2: Denken Sie daran, dass Sie Privatkunden beim VOB-Vertrag (auch beim BGB-Vertrag mit VOB-Bestandteilen) stets eine Kopie der VOB geben, sonst könnte der Vertrag allein deswegen vor Gericht gekippt werden.

Abschlagszahlungen

Zweck: Laut VOB können Abschlagszahlungen nach jeder prüfbaren Leistung verlangt werden. Paragraf 632a BGB hingegen schreibt in sich abgeschlossene Leistungen (selbständig benutzbare) vor. Die VOB verschafft dem Handwerker darüber hinaus auch in der Regel früher sein Geld – 18 Tage darf sich der Kunde hier nur mit der Abschlagszahlung Zeit lassen, während nach BGB eine Frist von 30 Tagen gilt.

hm-Rat: Nach Paragraf 641 Absatz 2 BGB können Sie als Subunternehmer vom
Generalunternehmer verlangen, dass er Zahlungen (auch Abschläge) sofort an Sie weitergibt. Macht er dies nicht, setzen Sie ihm eine Frist von etwa einer Woche. Wenn bis dahin immer noch keine Aufstellung der Zahlungseingänge des Bauherrn kommt, muss der Generalunternehmer Ihre Rechnung schon allein deshalb bezahlen.

Eigentumsvorbehalt

Zweck: Ein Eigentumsvorbehalt am Baumaterial nach Paragraf 449 BGB kann auch im Bau und Ausbau den Handwerker schützen, wenn sein Kunde nicht zahlt. Das Prinzip hat hier allerdings den großen Nachteil, dass es mit dem Einbau ins Gebäude nicht mehr funktioniert. Denn damit wird es dessen Bestandteil und damit Eigentum des Auftraggebers.

Beispiel: Der SHK-Unternehmer vereinbart den Eigentumsvorbehalt an allen Heizkesseln, Heizkörpern, Ventilen, Leitungen etc., bis jeweils die Abschlagszahlungen eingegangen sind. Aber mit dem Einbau nützt ihm der Eigentumsvorbehalt für diese Teile nichts mehr.

hm-Rat: Für angelieferte. aber noch nicht eingebaute Teile können Sie beim VOB-Vertrag bereits Abschlagszahlungen verlangen, wenn Sie dem Auftraggeber schon vor dem Einbau das Eigentum hieran übertragen oder entsprechende Sicherheit leisten (Paragraf 16 Nummer 1 VOB/B).

Bauhandwerkersicherung

Zweck: Paragraf 648a BGB gibt dem Handwerker jederzeit das Recht, eine Bankbürgschaft oder gleichwertige Sicherheit vom Auftraggeber für die Absicherung seiner Forderungen zu verlangen. Auch bereits erbrachte Leistungen sind sicherungsfähig, soweit dafür noch keine Abschlags- oder Vorauszahlungen geleistet worden sind. Dies gilt nicht gegenüber öffentlichen Auftraggebern und einem einzelnen Bauherrn, der ein Einfamilienhaus errichtet oder renovieren lässt.

Beispiel: Der Bauhandwerker hört von anderen Handwerkern, dass der Bauherr knapp bei Kasse ist. Er fordert sofort die Bauhandwerkersicherung.

hm-Rat: Kündigen Sie nach verweiger-ter Sicherheitsleistung den Werkvertrag, können Sie die erbrachten Leistungen abrechnen. Ist noch nichts abzurechnen, weil Sie den Werkvertrag schon vor Ausführungsbeginn gekündigt haben, rechnen Sie detailliert Ihre vergeblichen Aufwendungen und den entgangenen Gewinn aus. Einfacher ist es, pauschal fünf Prozent der Auftragssumme als Schadenersatz zu verlangen (Paragraf 648a, Absatz 5, Satz 4 BGB).

Bauforderungssicherungsgesetz

Zweck: Mit dem Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen (GSB) kann der Handwerker den Geschäftsführer des Bauträgers persönlich haftbar machen, wenn dieser gegen die Pflichten aus diesem Gesetz verstoßen hat und andererseits der Bauträger Ihre Forderungen aufgrund einer Insolvenz nicht erfüllen kann. Dies gelingt dann, wenn Sie ihm nachweisen können, dass er grundpfandrechtlich gesichertes Baugeld, das er vom Bauherrn oder direkt von der
finanzierenden Bank erhalten hat, vorsätzlich zweckwidrig verwendet hat (gilt auch für Abschlagszahlungen).

Einsicht: Der Nachweis einer zweckwidrigen Verwendung von Baugeld wird dem Handwerker dadurch erleichtert, dass er schon während der Bauausführung jederzeit Einsicht in das Baubuch nehmen kann. Darin muss der Bauträger (sein Geschäftsführer) genau notieren, wann welcher Betrag verwendet worden ist. Aus dem Grundbuch ergeben sich ergänzend dazu Anhaltspunkte über die Höhe der geschützten Baugelder.

hm-Rat: Schalten Sie einen erfahrenen Rechtsanwalt ein, denn das GSB ist etwas kompliziert zu handhaben. N

harald.klein@handwerk-magazin.de