Betriebsversicherung Versicherung: Mit Dreifach- oder Teilschutz den Betriebsstopp absichern

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Vor dem Risiko eines Betriebsstopps fürchten sich Unternehmer am meisten. Sachschäden, Cyber-Risiken und der Ausfall der eigenen Arbeitskraft oder wichtiger Mitarbeiter können für einen Betrieb brandgefährlich werden. Drei Risiken, die per Dreifach- oder Teilschutz versicherbar sind. Handwerker sollten prüfen, was sie benötigen.

Schutz vor dem Betriebsstopp
Des Unternehmers größtes Risiko: Der Betriebsstopp. Er lässt sich absichern. - © konradbak - stock.adobe.com

Extreme Schadenfälle passieren in der Nacht oder am Wochenende“, so die Erfahrung von Holger Mardfeldt, Partner von Martens & Prahl Versicherungskontor aus Leipzig. So würden etwa große Brände meist in der betriebsarmen Zeit auftreten, weil sie erst sehr spät bemerkt werden. Mardfeldt berichtet von einem Fall, bei dem ein Elektroverteiler Feuer fing. Der Brand verwandelte den PVC-Kunststoff in der Decke zu Salzsäure und beschädigte sämtliche Anlagen und Einrichtungen in der zentralen Betriebshalle. Ein Weiterarbeiten war wochenlang nicht möglich – diesen Schaden deckt die Versicherung gegen Feuer nicht ab. Doch der Unternehmer hatte zusätzlich die Betriebsunterbrechung per Ertragsaufallschutz versichert. Seine Versicherung zahlte, „das Unternehmen gibt es noch heute“, so der Makler.

Die Gefahr des Betriebsstopps ist Unternehmern zunehmend bewusst. Seit zwei Jahren rangiert die Angst vor Betriebsunterbrechung in den Umfragen des Risk Barometers der Allianz Versicherung auf Rang eins, noch vor Cybervorfällen, rechtlichen Veränderungen, Naturkatastrophen, neuen Technologien und Schäden durch Feuer oder Explosion.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig der passende Schutz für Betriebe ist. Und die Verweigerung vieler Versicherer, aus ihrer Betriebsschließungsversicherung zu zahlen, hat wieder einmal deutlich gemacht, dass es auf das Kleingedruckte in den Versicherungsverträgen ankommt. Wird eine Liste von Ursachen für die Betriebsschließung genannt, bedeutet das, dass andere Ursachen nicht versichert sind. Das ist zumindest die Auffassung vieler Versicherer. Besonders kulant haben sich in dieser Zeit die handwerksnahen Versicherer, Münchener Verein und Signal Iduna gezeigt. Sie haben auch dann an ihre Versicherten gezahlt, wenn die Betriebssc hließung nicht durch ein Betriebsereignis hervorgerufen wurde sondern durch eine Allgemeinverfügung der Politik

Die Versicherungsbranche konzipiert aktuell Policen, um Pandemielagen abzusichern.

Drei Gründe für den Betriebsstopp

Steht ein Betrieb still, ist der Ertragsausfallschutz ein wichtiger Teil der Absicherung für einen Handwerksunternehmer. Meist wird er im Rahmen einer Inhaltsversicherung abgeschlossen. Auch Cyber-Vorfälle können einen Betrieb lahmlegen – in dieser Situation greift der Kostenschutz im Rahmen einer Cyber-Police. Und eine dritte Situation, die den Betriebsstopp zur Folge haben kann, ist der Ausfall des Chefs oder wichtiger Angestellter. Dies sichert eine Schlüsselpersonenversicherung ab – die Keyman-Police. Für den Ausfall des Chefs kann auch der Abschluss einer Risikolebensversicherung sinnvoll sein. handwerk magazin hat die am Markt erhältlichen Policen zur Absicherung des Betriebsstopps analysiert und Tarifübersichten erstellt.

Viele Szenarien mit heftigen Auswirkungen

„Unternehmen müssen in einer vernetzten Gesellschaft mit einer Vielzahl von Szenarien und Auslösern für Störfälle und Betriebsunterbrechungen rechnen“, warnt die Allianz in ihrer Studie. Waren früher physische Ursachen wie Feuer oder Sturm dominant, sind heute virtuelle Gründe wie der Ausfall der IT hinzugekommen. Daher warnt Hanno Pingsmann, Geschäftsführer von CyberDirect, einem Vergleichsportal für Cyber-Versicherungen: „Cyberschäden erhöhen das Risiko, dass plötzlich alle Räder stillstehen, deutlich.“ Etwa, wenn Aufträge nicht oder nur mit erheblicher Verspätung bearbeitet werden können, weil kein Zugriff auf Kundendaten, Telefon oder E-Mails möglich ist. In diesen Fällen schützt eine Cyber-Ausfallschutzversicherung. Allerdings sind nur 39 Prozent des Mittelstands gegen dieses Risiko versichert, wie der Gesamtverband der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW) Ende 2018 ermittelt hat.

Der Faktor Mensch

Zu den betrieblichen Krisenfällen gehört es auch, wenn der Chef oder wichtige Mitarbeiter plötzlich ausfallen. Statistisch erleidet jeder Vierte in der Altersgruppe von 25 bis 40 bis zum 65. Lebensjahr eine schwere Krankheit, jeder Fünfte stirbt bis zum 65. Lebensjahr. Trifft ein solches Ereignis einen Betrieb, wird Geld benötigt, um personellen Ersatz zu finden oder einen zeitlich begrenzten Ausfall zu überbrücken. Diese Fälle sichert eine Keyman-Police ab. Versicherungsmakler Dennis Sturm von der STC GmbH aus Westerburg im Westerwald berichtet von so einem Fall: „In einem Familienbetrieb erlitt der Geschäftsführer einen schweren Herzinfarkt. Der langfristige Ausfall der zentralen Schlüsselfigur des Unternehmens kam einem Betriebsstopp sehr nahe.“

Unternehmen fragen den Keyman-Schutz immer öfter nach. Der Trend ist auch dem Fachkräftemangel geschuldet, wie Dennis Sturm begründet: „Experten können heute kurz und auch mittelfristig nur mit großem finanziellem Aufwand angeheuert werden.“ Wenn aufgrund fehlender Fachkräfte laufende Projekte abgebrochen werden müssen, komme es für den Betrieb schnell zum finanziellen Desaster.
Detaillierte Zahlen über die Anzahl der abgeschlossenen Schlüsselkraft-Policen bei deutschen Betrieben wurden in oben genannter Studie vom GVNW nicht ermittelt. Immerhin gaben aber 92 Prozent der Unternehmen an, dass sie eine klassische Betriebsunterbrechungs-Police abgeschlossen haben.

„Kleine BU“ kontra „große BU“

Das ist ein hoher Anteil. Dennoch bezweifelt der Versicherungsjurist Maximilian Wittig aus Bremen, dass Unternehmen für den Ernstfall tatsächlich ausreichend abgesichert sind. Er hält die Absicherung des Betriebsstopps im Rahmen des Abschlusses einer Inhaltsversicherung für nicht ausreichend. Denn: Der Schutz gegen den Betriebsstopp entspricht bei diesen Policen automatisch der Summe der abgesicherten Maschinen, Vorräte und Einrichtungsgegenstände. Beispiel für diese sogenannte „Kleine BU“: Versichert ein Betrieb seine Anlagegüter per Inhaltsversicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von 250.000 Euro, beträgt auch die Versicherungssumme für den Betriebsstopp 250.000 Euro. Das zeigt ein Test, den handwerk magazin für einen Elektrotechnikbetrieb beim Portal Gewerbeversicherung24durchgeführt hat (Tarifüberblick oben). „Wer beim Abschluss einer betrieblichen Inhaltsversicherung das Kästchen „ Betriebsunterbrechung“ ankreuzt, hat eine „Kleine BU“ abgeschlossen und zahlt in der Regel einen etwas höheren Beitrag“, erläutert Wittig. Das Verfahren sei fragwürdig, der Aufwand für die laufenden Kosten, die ein Betrieb trotz Stillstands verursacht, stehe nach Einschätzung des Fachanwaltes für Versicherungsrecht in keinem Zusammenhang zum Wert der Betriebseinrichtung. Wittig: „Die Höhe des versicherten Inhalts hat grundsätzlich gar nichts mit dem Risiko einer Betriebsunterbrechung zu tun.“ Denn erhebliche Kosten entstehen, weil Miete und Löhne weiterbezahlt werden und oft zusätzlich Ausweichräumlichkeiten angemietet werden müssen.

Die Absicherung von Pandemielagen muss nun neu erfolgen oder in vorhandene Verträge integriert werden.

Wittig rät daher, eine sogenannte „Große BU“ abzuschließen und die individuelle Versicherungssumme exakt durch einen Versicherungsberater oder Makler auf Grundlage der betriebswirtschaftlichen Auswertungen des Steuerberaters ermitteln zu lassen. Michael Kallenbach, Versicherungsmakler aus Kaiserslautern ergänzt: „So werden beispielsweise auch Mehrkosten für Schichtarbeit oder Überstundenzuschläge getragen.“ Als „Große BU“ gilt jede Police, die die Kosten für einen Betriebsstopp in individueller Höhe ermittelt und versichert – Cyber-Versicherung oder Keyman-Police.

Was Cyberschutz kostet

handwerk magazin hat einen Online-Vergleich über Cyberdirekt durchgeführt. Achtung: Die Angebote für gewerblichen Cyberschutz wandeln sich derzeit sehr schnell, „die einzelnen Tarife unterscheiden sich dabei in Preis und Leistung zum Teil deutlich“, warnt Experte Pingsmann. Beratung ist in dieser Versicherungssparte daher wirklich sinnvoll. Je nach Gewerk und Unternehmensgröße ist der Schutzbedarf unterschiedlich hoch. Ob ein Cyberschutz inklusive Ausfallkostenschutz notwendig ist, hängt davon ab, wie intensiv der Betrieb auf seine IT angewiesen ist. Die Regel: Wenn Maschinen und Aufträge digital gesteuert werden, besteht ein hohes Risiko – es sollte abgesichert werden.

Keyman-Policen sind komplex

Mit einer Keyman-Police wird der Ausfall von Schlüsselmitarbeitern finanziell abgesichert. Bezugsberechtigt und Leistungsempfänger ist das Unternehmen, also eine juristische Person. Bei Handwerksbetrieben ist das in den meisten Fällen die GmbH. „Bei Personengesellschaften ist diese Absicherung auch denkbar und sinnvoll, die Beiträge können dann nur nicht als Betriebsausgaben abgesetzt werden“, erläutert Versicherungsmakler Dennis Sturm. Handwerksunternehmer sollten sich steuerlich beraten lassen, um die Phase der Beitragszahlung und den möglichen Leistungsbezug zu optimieren. Denn meist sei es besser, den üblichen Todesfallschutz aus der Keyman-Police herauszunehmen und in den Privatbereich zu verlegen: „Hier ist es möglich, die recht hohen Versicherungssummen mit erbschaftsteuerlichen Vorteilen, etwa der sogenannten Überkreuz-Regelung von Angehörigen, abzusichern.“ Dabei versichern die Partner – über Kreuz – das Leben des jeweils anderen (Tarifübersicht oben). Dann sind Beitragszahler und Versicherungsnehmer identisch – es fällt keine Erbschaftsteuer an. Das ist, laut Experte Sturm, ein wichtiger Punkt. Denn Erbschaftsteuer wird sofort fällig und stellt einen großen Eingriff in die Liquidität der Erben dar. Sind hohe Werte in der Firma, eventuell Immobilien vorhanden, werden die erbschaftsteuerlichen Freigrenzen schnell überschritten und die Angehörigen sind umgehend in der Zahlungspflicht.

Eine Interimslösung finanzieren

Aktuell gibt es nur wenige Assekuranzen, die den Keyman-Schutz anbieten (Tarifübersicht Seite 54). Er kostet ab 130 Euro pro Monat für einen 40-jährigen Geschäftsführer eines Handwerksbetriebes, der mit 200.000 Euro abgesichert wird. Bei einem Jahreseinkommen von rund 80.000 Euro könnte ein Interims-Meister für rund 2,5 Jahre bezahlt werden. Die irische Zurich Life bietet bei der Police „Eagle Star Erweiterter Krankheits-Schutzbrief“ zudem eine Todesfallsumme von 200.000 Euro an. Die Auszahlung der Summe ist Betriebseinnahme, die Beiträge können deshalb als Betriebsausgabe abgesetzt werden.


Wichtig für Versicherte ist die Abwicklungsdauer, bis das Geld im Schadenfall auf dem Konto ist. Sie beträgt nach Erfahrung von Experte Sturm rund vier Wochen nach der medizinischen Diagnose. Zum Vergleich: Bei Berufsunfähigkeitsversicherungen kann die Anerkennung in Extremfällen auch mehrere Jahre dauern.

Schwierige Vergleichbarkeit

Die am Markt angebotenen Keyman-Policen unterscheiden sich stark in den versicherten Krankheiten, manche Versicherer geben Brutto- andere Nettobeiträge an, und es gibt viele wählbare Optionen. Beratung ist notwendig. „Sie sollte für den Todesfall die private Situation der Hinterbliebenen berücksichtigen“, sagt Sturm.
Fazit: Unsere Prämienvergleiche für Keymann-Schutz, Risikolebensversicherung, Inhaltsversicherung mit Kleiner-BU und Cyberschutz ergeben für einen Elektrotechnikbetrieb und seinen 40-jährigen Meister im günstigsten Fall einen monatlichen Aufwand von rund 350 Euro. Ob eine Teilabsicherung ausreicht, sollten Handwerker für ihren Betrieb individuell analysieren lassen.


Oft kann bereits eine gut durchdachte Neuorganisation helfen, Engpässe zu vermeiden. Zwei getrennte Werkstätten oder die Auslagerung von Vorräten senken ohne großen Aufwand bereits das Risiko, dass Sachschäden einen Betriebsstopp verursachen. Cyberschutz und Cloudlösungen mindern die Gefahr eines Datenverlustes oder einer Fremdattacke. Aber: Prüfen Sie, wie es um die Sicherheit der Daten beim Dienstleister bestellt ist, denn auch er kann gehackt werden. Eine weitere wichtige Maßnahme, die dem ganzen Betrieb guttut: Verteilen Sie Führungsaufgaben auf mehrere Schultern, fördern Sie Ihre Nachwuchskräfte. Das senkt das zu versichernde Restrisiko – und spart Prämie.

Keyman-Policen – was sie sind und was sie bringen

Dennis Sturm, Geschäftsführer des Versicherungsmaklers STC GmbH aus Westerburg, ist Experte für Keyman-Versicherungen. Er erklärt, wer eine Schlüsselpersonen-Versicherung abschließen sollte – und warum.

  • Was ist eine Keyman-Versicherung?
    Sie sichert den Ausfall von Schlüsselpersonen im Unternehmen finanziell ab.
  • Wann leistet die Keyman-Police?
    Bei Tod oder wegen schwerer Krankheit der ver-sicherten leitenden Person. Die Auszahlung erfolgt in einer Summe. Die Versicherungsleistung verschafft für eine festgelegte Zeit finanziellen Spielraum für das Bezahlen einer Ersatzperson.
  • Macht die Todesfallabsicherung im Rahmen der Keyman-Police Sinn?
    Ist sie fester Bestandteil, kann man sie „mitnehmen“. Erbschaftsteuerlich ist es besser, wenn sich die Ehepartner oder Familienangehörigen auf privater Ebene gegenseitig mit einer Risiko-lebensversicherung absichern.
  • Gibt es Keyman-Schutz von der Stange?
    Nein, die Absicherung ist komplex. Zu beachten sind eine korrekte Wertermittlung für die Weiterführung oder die Abwicklung des Betriebs und die private Situation der Hinterbliebenen.
  • Muss das Geld zurückgezahlt werden, wenn der Erkrankte zeitnah gesundet?
    Nein, es gibt in der Regel keine Rückzahlungspflicht. Der Leistungsfall bei der auch Dread-Disease genannten Versicherung tritt ein, wenn die versicherte Krankheit nachgewiesen wird.
  • Ist nachversichern möglich, wenn die Person wertvoller für den Betrieb wird?
    Ja. Wird eine Dynamik vereinbart, steigt die Versicherungssumme jährlich, etwa um ein oder zwei Prozent. Zudem lässt sich eine Nachversicherungsgarantie vereinbaren. Dann kann bei Einkommenssprüngen oder vor definierten Besonderheiten die Versicherungssumme ohne Gesundheitsprüfung erhöht werden.
  • Wie viel Gesundheitsschutz sollte in der Keyman-Police abgedeckt sein?
    Jeder sollte die gewünschte Leistung definieren und nicht zuerst die Prämienhöhe ansehen. Wichtig ist der Umgang mit Vorerkrankungen. Die Anzahl der versicherten Krankheiten ist nicht ausschlaggebend.
  • Welche Lücken hat der Dread-Disease-Schutz?
    Psychische und Rückenleiden sind meist nicht abgedeckt. Bei psychischen Leiden greift nur eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Wer hart körperlich arbeitet, sollte über eine Grundfähigkeitsversicherung nachdenken. Sie leistet, wenn Grundfähigkeiten, wie Gehen, Stehen, Heben oder Sitzen verloren gehen.