Kampf gegen Plastikmüll Verpackungsgesetz und LUCID-Registrierung: Alle Details, Änderungen und Ausnahmeregelungen

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Höhere Kosten, mehr Bürokratie, ungeklärte Fragen – aber auch neue Ideen: Viele Handwerksunternehmer haben Stress mit dem Verpackungsgesetz, das seit Anfang Januar 2019 in Kraft ist. Diese Regeln müssen Sie als Firmenchef unbedingt beachten.

Metzgermeister Bernd Willmes, Geschäftsführer der Metzgerei Merte in Schmallenberg
Metzgermeister Bernd Willmes hat seinen eigenen Weg im Kampf gegen Plastikmüll gefunden. Er betont: "Unsere Mehrweg-Initiative ist nicht zuletzt durch Kundengespräche entstanden." - © Jens Nieth

Metzgermeister Bernd Willmes entwickelte in einer schlaflosen Nacht ein höchst innovatives Konzept, um der zunehmenden Vermüllung entgegenzuwirken. „Damit tragen wir unserer Verantwortung als Unternehmen für den Klimaschutz Rechnung“, erklärt der Geschäftsführer der Metzgerei Merte in Schmallenberg. Der Firmenchef hat Anfang dieses Jahres 10.000 Frischeboxen an seine Kunden verteilt. „Auf unserer Theke stehen jetzt eine ganze Reihe Tabletts. Die Verbraucher stellen die Boxen darauf, die Verkäufer legen unsere Wurst- und Fleischwaren direkt in die Behälter. So fassen sie die Boxen gar nicht erst an“, erläutert Willmes. Für die Mehrweg-Behälter brauchen Kunden nichts zu bezahlen. „Wer will, kann aber auch seine eigenen Transportgefäße mitbringen“, erklärt Willmes. Die Mitarbeiter wiegen das Leergewicht der Verpackung ab und befüllen die unterschiedlichen Fächer mit den jeweiligen Produkten, die der Kunde haben will. „Wir wollen von der Tierhaltung über das Futter, den Transport, die Schlachtung, die Verarbeitung bis zum Verkauf die volle Verantwortung für die beste Qualität übernehmen“, erläutert Bernd Willmes seine Motivation. Die innovative Lösung gehört für ihn zum Geschäftskonzept. „Zum Glück haben wir einen Kundenstamm, der diese Haltung wertschätzt und in großen Teilen mitträgt. Unsere Mehrweg-Initiative ist nicht zuletzt durch Kundengespräche entstanden“, sagt Willmes.

Der Metzgermeister investierte rund 50.000 Euro in das neue Konzept. „Bisher haben wir ein sehr gutes Feedback von unseren Kunden. Falls sie am Ball bleiben und jetzt immer ihre eigenen Behälter mitbringen, amortisieren sich die Aufwendungen vermutlich längerfristig“, meint Willmes. Mit der Aktion reagiert der Metzgermeister auch auf das neue Verpackungsgesetz. „Wir können es nicht dem Gesetzgeber überlassen, gegen die zunehmende Flut an Plastik aktiv zu werden“, so Willmes.

Verpackungsgesetz löst alte Verpackungsverordnung ab

Der Kampf gegen Plastikmüll – das ist ein Ziel der Bundesregierung. Das Verpackungsgesetz hat die bisherige Verpackungsverordnung abgelöst. Die neuen Regeln sind seit Jahresanfang in Kraft. Es geht auch darum, dass „Verpackungen, die nicht zu vermeiden sind, möglichst hochwertig recycelt werden“, erklärt Bettina Sunderdiek, Sprecherin der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) . Zum Hintergrund: Ein Hauptanliegen des Gesetzes ist es, Firmen an den Kosten fürs Recycling sowie an der Entsorgung zu beteiligen. Das gilt für Verpackungen, die bei einem Endverbraucher als Abfall anfallen.

Das war schon bisher so. Unternehmen schlossen einen Vertrag mit einem zugelassenen Systembetreiber ab. Bekannt ist beispielsweise der „Gelbe Sack“ oder die „Gelbe Tonne“, genauso wie die Hol- und Bringbehälter für Papier oder Glas. Oder sie kaufen bereits vorlizenzierte Verpackungen, bei denen ein anderes Unternehmen – beispielsweise der Lieferant – Gebühren für die spätere Entsorgung abführt. Nur: Viele Unternehmen entzogen sich bisher dem System. Sie schlossen weder einen Vertrag mit einem dualen System ab, noch kauften sie vorlizenzierte Verpackungen. Ungerecht und wenig verantwortungsvoll fand das der Gesetzgeber. „Mit dem Verpackungsgesetz setzen wir auf höhere Recyclingquoten. Außerdem sorgen wir dafür, dass mehr Transparenz in Sammlung und Recycling der Verpackungsabfälle kommt. Manche Produzenten, die sich bisher vor ihrer Verantwortung gedrückt haben, werden sich womöglich zum ersten Mal Gedanken machen müssen, wie sie sparsamer und ökologischer verpacken können“, erklärt Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Die Änderungen betreffen fast jeden Betrieb.

Änderungen: Die wichtigsten Details im Schnellüberblick

1. Registrierungspflicht beachten

Handwerksbetriebe, die ihren Kunden Ware in einer sogenannten systembeteiligungspflichtigen Verpackung übergeben, müssen sich seit diesem Jahr bei der neuen Zentralen Stelle Verpackungsregister anmelden. „Die Verpflichtung zur Registrierung gilt seit dem 1. Januar 2019. Damit ist es für die betroffenen Betriebe höchste Zeit“, so Sunderdiek.

Die Registrierung erfolgt im Verpackungsregister LUCID auf der Website der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) unter verpackungsregister.org. Der Vorgang dauert im ersten Schritt etwa zehn bis 15 Minuten. Beispielsweise sind Angaben über die Firma wie Name, Anschrift, Kontaktdaten, vertretungsberechtigte Person, Steuernummer und Markennamen einzugeben. Der Handwerkschef erhält dann erst einmal eine Registrierungsnummer.

2. Vertrag abschließen

Diese benötigt er, um einen Systembeteiligungsvertrag bei einem entsprechenden Entsorgungsunternehmen abzuschließen. Adressen nennen die Handwerksverbände und Innungen. Einer der bekanntesten dürfte der „ Grüne Punkt – Duales System Deutschland“ (gruener-punkt.de) sein. Aber auch die Firma BellandVision GmbH ( bellandvision.de) ist hier beispielsweise aktiv. Beim dualen System-Anbieter gibt der Firmenchef die Materialart und auch die Menge an. Der Handwerkschef zahlt an diese Firma später seine Gebühren.

Wichtig: „Die Preise variieren“, erklärt Christian Steiner, Rechtsanwalt und Referent für Lebensmittel- und Wettbewerbsrecht des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. in Berlin. Die Experten haben drei Offerten unterschiedlicher Systemanbieter eingeholt und verglichen. „Abgefragt wurden Materialmengen im Jahr von 1.000 Kilogramm Glas, 10.000 Kilogramm Papier, Pappe oder Karton, 500 Kilogramm Kunststoff und nochmals 1.000 Kilogramm Verbundverpackungen. Die Lizenzgebühren für diese Mengen betrugen beim günstigen Anbieter rund 2.200 Euro. Beim teuersten waren es sogar fast 3.500 Euro“, sagt Steiner. Insofern sind Handwerkschefs gut beraten, mehrere individuelle Anfragen zu stellen – um sich dann zu entscheiden.

Die Zentrale Stelle Verpackungsregister will später darüber informiert sein, wem der Handwerkschef den Zuschlag gegeben hat. Das sieht das Gesetz so vor. Der Unternehmer geht also nochmals auf die Internetseite und bestätigt den Abschluss eines Systembeteiligungsvertrags mit einem dualen System. „Erst dann ist die Registrierung komplett abgeschlossen“, erklärt Sunderdiek.

Die registrierten Firmen sind öffentlich einsehbar . „Das erhöht sicherlich den Druck für Unternehmen, sich rechtskonform zu verhalten. Wettbewerber können prüfen, inwieweit ein Konkurrent seiner Verantwortung nachkommt“, erklärt Sunderdiek. Auch die am System beteiligten Recycling- und Entsorgungsunternehmen müssen die bei ihnen unter den jeweiligen Registrierungsnummern gemeldeten Mengen im Verpackungsregister LUCID angeben. Die ZSVR kontrolliert, ob deren Angaben mit jenen der registrierten Firmen konform gehen. Verstöße gegen das Verpackungsgesetz können zu bis zu sechsstelligen Geldbußen führen .

3. Habe ich Systembeteiligungspflichtige Verpackungen?

„Um Serviceverpackungen handelt es sich bei Verpackungen, die erst beim Letztverbraucher befüllt werden, um die Übergabe der Waren überhaupt erst möglich zu machen oder zu unterstützen. Das sind beispielsweise mit Backwaren gefüllte Papier- oder auch Kunststofftüten, Folien oder Backformen, die gemeinsam mit Kuchen verkauft werden“, erklärt Steiner. Außerdem fallen Plastikgeschirre, Plastikschalen zum Wegwerfen und To-go-Becher darunter.

Darüber hinaus aber sind beispielsweise in Folien eingeschweißte Wurstwaren oder der Christstollen in Frischhaltepapier sowie die Plätzchen in der Tüte systembeteiligungspflichtig. Genauso müssen Online-Händler sich beteiligen, die ihre Produkte für den Versand einpacken. „Auf unserer Internetseite finden Firmenchefs einen Katalog der systembeteiligungspflichtigen Verpackungen nach Branchen“, gibt Sunderdiek als Tipp ( verpackungsregister.org , „Katalog systembeteiligungspflichtiger Verpackungen“ anklicken).

4. Ausnahmeregelungen prüfen

„Unternehmer sind von der Pflicht, einen Vertrag mit einem Entsorger abzuschließen, und auch von der Registrierung bei LUCID befreit, wenn sie keine lizenzierungspflichtigen Verpackungen in Umlauf bringen . Das ist aber nur der Fall, wenn der Handwerksmeister ausschließlich vorlizenzierte Serviceverpackungen befüllt“, erklärt Steiner. Die Hersteller oder die Lieferanten des Verpackungsmaterials müssen die Vorlizenzierung schriftlich bestätigen – dazu sind sie gesetzlich verpflichtet. Handwerksunternehmer bewahren dieses Schreiben also sorgfältig auf, damit sie später einen Nachweis über die von ihnen auf die Verpackungen gezahlten Gebühren haben.


„Wir fordern, dass möglichst viele im Bäcker- und Konditorenhandwerk verwendete Verpackungen als Serviceverpackungen qualifiziert werden, womit diese Verpackungen vorlizenziert werden könnten. Das betrifft dann etwa auch den Stollen, der in Plastikfolie geschweißt wird. Damit würde das Bäckerhandwerk vor dem bürokratischen Aufwand einer Registrierung und dem Abschluss eines Systembeteiligungsvertrags geschützt“, erklärt Steiner. Die Verbände stehen dazu mit der Zentralen Stelle Verpackungsregister in Kontakt. Der Ausgang ist offen. „Wir hoffen, dass sie sich unserer Auslegung des Gesetzes anschließt. Da uns eine Entscheidung noch nicht vorliegt, können wir derzeit keine abschließende Handlungsempfehlung abgeben“, so Steiner. handwerk magazin bleibt an diesem Thema dran und informiert Sie umgehend, wenn es hierzu Neuigkeiten aus der ZSVR gibt.

Kurzübersicht: Extraregeln für Getränke

Seit Jahresanfang 2019 bedürfen Einweg- und Mehrweg-Getränkeverpackungen einer besonderen Kennzeichnung. Das müssen Sie nun beachten, wenn Sie in Ihrem Betrieb Getränke verkaufen.

Werden Getränke im Geschäft, in der Filiale oder in der Gaststätte abgegeben, dann müssen die Verkaufsbereiche gekennzeichnet werden:
  • die Verkaufsbereiche von Einweg-Getränkeverpackungen: Hinweis „Einweg“
  • die Verkaufsbereiche von Mehrweg-Getränkeverpackungen: Hinweis „Mehrweg“.
Der Zentralverband des Bäckerhandwerks weist aber darauf hin, dass es hierfür Ausnahmen gibt. Zum Beispiel:
  • Getränke, die in einem Café oder in einer Gaststätte im Rahmen einer Verpflegung offeriert werden
  • Getränke, die aus dem Automaten kommen
  • Getränke, die bei Direktvermarktern oder Einzelhändlern überwiegend per Bedienung verkauft werden ( wichtige Ausnahme für etwa Bäckereien oder Metzgereien )