Urteil des Monats: Vorfälligkeitsentschädigung

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Banken müssen bei der Abwicklung gekündigter Darlehen Sondertilgungen berücksichtigen.

Zinsschäden bei vorzeitiger Kündigung brauchen Bankkunden nicht immer ersetzen. - © Andrey Popov/Fotolia

Der Fall

In dem Urteilsfall hatte eine Sparkasse in das Kleingedruckte ihrer Darlehensverträge hineingeschrieben: „Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt.“ Das stieß einem Verbraucherschutzverein übel auf: Er verklagte die Sparkasse auf Unterlassung.

Das Urteil

Zu Recht, meinte der BGH (Az.: XI ZR 388/14). Nach dem Richterspruch ist die Klausel in einem Darlehensvertrag zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam, wenn im Falle vorzeitiger Vollrückzahlung des Darlehens zukünftige Sondertilgungsrechte des Kunden bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt bleiben. Die Klausel weicht nach Ansicht der Karlsruher Richter unzulässigerweise von der gesetzlichen Regelung ab. Denn nach § 490 Abs. 2 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hat der kündigende Darlehensnehmer dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht. Das sind der Zinsschaden und der Verwaltungsaufwand der Bank. „Ersatzfähig ist der Zinsschaden jedoch lediglich für den Zeitraum rechtlich geschützter Zinserwartung des Darlehensgebers. Die rechtlich geschützte Zinserwartung wird unter anderem durch vereinbarte Sondertilgungsrechte begrenzt“, betont der BGH. Mit der Einräumung solcher regelmäßig an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Sondertilgungsrechte gebe die Bank von vornherein ihre rechtlich geschützte Zinserwartung im jeweiligen Umfang dieser Rechte auf.

Die Praxisfolgen

„Das Urteil spart Bankkunden je nach vereinbarter Sondertilgung Vorfälligkeitszahlungen in Höhe von mehreren tausend Euro“, schätzt Bankrechtsexperte Oliver Renner. Der Partner der Stuttgarter Kanzlei Wüterich Breucker weist allerdings darauf hin, dass die Entscheidung unmittelbar nur für Darlehen gilt, die eine Bank mit Verbrauchern geschlossen hat. Handwerker können aus dem Richterspruch also zunächst nur dann Honig saugen, wenn sie als Privatpersonen ein Darlehen aufgenommen haben. Dasselbe gilt für ein weiteres kundenfreundliches Urteil des BGH zur Vorfälligkeitsentschädigung (Az.: XI ZR 103/15). Danach darf die Bank, wenn sie ein Darlehen kündigt, weil der Kunde die Raten nicht mehr zahlen kann, keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen, weil sie bereits über die Verzugszinsen ihren Schaden kompensiert hat. Die Entscheidung bezieht sich aber nur auf die Rechtslage bis zum 10.6.2010.

Der Tipp

Auch bei gewerblichen Krediten sollten Handwerker mit ihrer Bank unter Verweis auf die neuen Entscheidungen in Verhandlungen um die Vorfälligkeitsentschädigung treten. Denn oft werden die Rechtsgrundsätze verbraucherfreundlicher Entscheidungen – wie jüngst bei den Bearbeitungsgebühren – später auch auf den gewerblichen Bereich übertragen.