Datenschutz: Justiz legalisiert Dashcams teilweise

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Private Dashcam-Aufzeichnungen dürfen im Einzelfall zu Beweiszwecken in einem Strafverfahren verwertet werden. Gerade im Straßenverkehr ist Vorsicht geboten.

Beweisprobleme? Zumindest bei Straftaten sind Dashcam-Aufzeichnungen verwertbar. - © fotohansel/Fotolia

Der Fall

In dem Fall fuhr ein Alfa Mito-Fahrer auf der Autobahn, als ein VW T5 ihn von hinten drängelte. Der VW T5-Fahrer überholte schließlich den Alfa, setzte sich bei rund 100 km/h vor ihn und reduzierte die Geschwindigkeit. Weil sich der Abstand der beiden Fahrzeuge auf unter eine Fahrzeuglänge reduzierte, wich der Alfa auf die linke Spur aus. Während des Überholvorgangs zog der T5 nach links, so dass zwischen den beiden Fahrzeugen nur noch 5 cm Platz war. Der Alfa-Fahrer fuhr zum nächsten Parkplatz, wohin ihm der T5-Fahrer folgte und ihn auf das Übelste beleidigte. Sein Pech: Der Alfa-Fahrer hatte im Fahrzeuginnenraum eine Dashcam installiert, welche die Verkehrsverstöße des T5 aufzeichnete.

Das Urteil

Das Amtsgericht Nienburg (Az.: 4 Ds 155/14, 4 Ds 520 Js 39473/14 (155/14)) verurteilte den Angeklagten wegen Nötigung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und ließ dabei auch die Videoaufzeichnungen als Beweismittel zu. In der wesentlichen Passage des Urteils heißt es: „Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Zeugen an der Anfertigung der Aufzeichnung zum Zwecke der Beweissicherung und dem Interesse des Angeklagten an der Unverletzlichkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt das Interesse des Zeugen. Maßgeblich ist insoweit, dass die kurze, anlassbezogene Aufzeichnung nur die Fahrzeuge, aber nicht die Insassen der Fahrzeuge abbildet und nur Vorgänge erfasst, die sich im öffentlichen Straßenverkehr ereignen“, betonte das Gericht. Der Eingriff in das Recht des Angeklagten sei daher denkbar gering, während das Interesse des Zeugen an einem effektiven Rechtsschutz besonders hoch sei. „Denn gerade die gerichtliche Aufklärung von Verkehrsunfallereignissen leidet fast ausnahmslos unter dem Mangel an verlässlichen, objektiven Beweismitteln. Zeugenaussagen sind vielfach ungenau und subjektiv geprägt, Sachverständigengutachten kostspielig und häufig unergiebig“, befanden die Nienburger Richter.

Die Praxisfolgen

Kommen wir damit einem totalitären Überwachungsstaat näher, in dem sich jetzt auch noch die Bürger untereinander bespitzeln? Das Amtsgericht Nienburg verneint diese Interpretation vehement. „Die dem Einwand zugrundeliegende abstrakte Furcht vor allgegenwärtiger Datenerhebung und dem Übergang zum Orwell‘schen Überwachungsstaat darf nicht dazu führen, dass den Bürgern sachgerechte technische Hilfsmittel zur effektiven Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung kategorisch vorenthalten werden“, warnt das Gericht.

Der Tipp

Handwerker sollten auf Baustellen, bei Kunden oder generell bei der Ausführung von Arbeiten darauf achten, dass sie selbst nicht per Dashcam oder per Handy gefilmt werden. Bei zivilen Rechtsstreitigkeiten dürften Dashcam-Aufzeichnungen, die heimlich aufgenommen wurden, weiterhin verboten bleiben.