Betriebsübergabe: Teure Trennung für 45.000 Euro

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Bei einem Chefwechsel müssen Mitarbeiter genau informiert werden, sonst zahlt der Altunternehmer drauf.

Chefwechsel: Unternehmer sollten für die Mitarbeiterinformation einen Experten an Bord holen. - © rupbilder/Fotolia.com

Teure Trennung für 45 000 Euro

Der Fall

Bei einem Inhaberwechsel sollte ein Mitarbeiter nicht übernommen werden. Der wollte für sein Ausscheiden gleich zweimal kassieren – um ein Haar sogar erfolgreich. Der Inhaber einer Service-Firma verlor einen Auftrag und informierte seine Mitarbeiter darüber, dass ihre Arbeitsverhältnisse auf den neuen Pächter übergehen sollten. Einen bestimmten Mitarbeiter, einen leitenden Angestellten, wollte der neue Chef aber nicht übernehmen, dieser verklagte ihn daraufhin auf Fortsetzung seines Arbeitsvertrags. Vor Gericht musste der Pächter sich wegen der komplizierten Rechtslage auf einen kostspieligen Vergleich einlassen: 45 000 Euro für die Trennung.

Doch damit nicht genug: Unmittelbar danach teilte der Angestellte seinem früheren Chef mit, dass er auf seinem alten Arbeitsvertrag bestehe. Begründung: Die Übernahme durch den Konkurrenten stelle einen Betriebsübergang nach Paragraf 613a BGB dar. Da er gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses formell Widerspruch eingelegt habe, verlange er die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses mit entsprechenden Lohnnachzahlungen.

Das Urteil

Vor dem Frankfurter Arbeitsgericht hatte der Mitarbeiter noch gewonnen, doch laut Bundesarbeitsgericht (BAG, 8 AZR 974 / 12) hat er durch die Trennungsvereinbarung mit dem neuen Pächter, die ihm die 45 000 Euro einbrachte, ausnahmsweise sein Recht auf Beschäftigung beim früheren Chef verwirkt – wegen Verstoßes gegen das Prinzip von Treu und Glauben.

Die Praxisfolgen

Der Versuch des Mitarbeiters wäre fast erfolgreich gewesen, weil der alte Chef seine Mitarbeiter nicht so informiert hatte, wie es Paragraf 613a vorschreibt. In diesem Fall können Mitarbeiter auch viel später dem Übergang auf den neuen Chef widersprechen und auf ihre alten Arbeitsverträge pochen. Der alte Chef kann ihnen dann nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen kündigen und muss bis dahin die Löhne zahlen – meist ohne Arbeitsleistung. Das gilt aber nur, wenn tatsächlich ein Betriebsübergang vorliegt. Erste Voraussetzung dafür ist ein Rechtsgeschäft wie Kauf, Schenkung oder ein Pächterwechsel.

Der Tipp

Die nach Paragraf 613a vorgeschriebene Mitarbeiterinformation ist ohne fachlichen Rat nicht einzuhalten. Zu den schriftlichen Infos zählen Details wie der Zeitpunkt des Übergangs, die Gründe sowie die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Mitarbeiter. Bei juristischen Personen dürfen Zahlen zum Stammkapital nicht fehlen. Wichtig: Erst wenn die Mitarbeiter informiert sind, beginnt die Ein-Monats-Frist zu laufen, in der die Mitarbeiter dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Chef widersprechen können. Kathja Sauer, Fachanwältin für Arbeitsrecht: „Erst danach wissen die Chefs, welche Mitarbeiter mitgehen und welche nicht.“ Sie rät dringend, die Informationspflichten ernst zu nehmen, weil Mitarbeiter sonst noch „nach Jahr und Tag“ zum alten Arbeitgeber zurückkehren könnten.