Urteil zur Nachtschicht: Konsequenzen für Betrieb

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Ein aktuelles Urteil des Bundes­arbeitsgerichts zur Nachtschicht hat jetzt auch Konsequenzen für Betriebe im Handwerk.

Schicht­arbeit:  Gesundheitliche Probleme darf der Chef beim Nachtdienst nicht ignorieren. - © UygarGeographic/iStockphoto

Der Fall

Wer aus gesundheitlichen Gründen keine Schichtarbeit mehr leisten kann, darf nicht einfach entlassen werden, entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG, 10 AZR 637/13) in einem aktuellen Fall einer Krankenschwester, die seit mehr als 30 Jahren in einem Krankenhaus beschäftigt war. Weil sie wegen einer Erkrankung schläfrig machende Medikamente einnehmen musste, wollte sie nur noch tagsüber eingesetzt werden, obwohl sie nach ihrem Arbeitsvertrag im Krankenhaus auch zum Schichtdienst verpflichtet war.

Ihr Arbeitgeber schickte sie aber nach Hause und meldete sie bei der Krankenkasse arbeitsunfähig. Das wiederum akzeptierte die Krankenkasse nicht und zahlte kein Krankengeld. Die Frau klagte ihrerseits auf Weiterbeschäftigung im Tagesdienst ihres Arbeitgebers.

Das Urteil

Wie schon die Vorinstanzen gab das Bundesarbeitsgericht der Krankenschwester Recht. Sie sei auf keinen Fall arbeitsunfähig, weil sie weiter alle Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen könne – nur nicht nachts. Darauf müsse die Klinik Rücksicht nehmen. Ihr Arbeitsvertrag blieb gültig. Die Richter sprachen ihr rückwirkend Lohn von 6000 Euro zu.

Die Praxisfolgen

Das Urteil hat wegweisende Wirkung für alle Beschäftigten mit Schichtarbeit. Das bestätigt der Arbeitsrechtsexperte, Rechtsanwalt Michael Felser aus Brühl bei Köln: „Auch in anderen Berufszweigen können Mitarbeiter bestimmte Aufgaben nicht weiter verrichten und zum Beispiel bestimmte Lasten nicht mehr heben, weil sie es im Rücken haben.“ Dann genießen sie jetzt einen besonderen Kündigungsschutz, der in seiner Zuspitzung allerdings nur in größeren Betrieben besteht, wie etwa bei Brotfabriken oder Gebäudereiniger-Firmen mit vielen Mitarbeitern. Rechtsanwalt Axel Knipp vom Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger-Handwerks in Bonn: „Unsere Arbeitgeber können jetzt verpflichtet sein, eine Reinigungskraft, die aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtdienste mehr leisten kann, tagsüber zu beschäftigen.“ Felser ergänzt dazu: „Wenn es einem Arbeitgeber von der Größe des Betriebs und von seinem Organisationsplan her möglich ist, muss er das tun.“

Der Tipp

Eine solche Verpflichtung wird in Kleinbetrieben nur in den seltensten Fällen möglich und nötig sein, weil es hier auf die volle Einsatzfähigkeit eines jeden Mitarbeiters ankommt. In Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern gibt es aber – oft zur Überraschung der Chefs – einen anderen Kündigungsschutz: Wenn Mitarbeiter ihre Arbeit nicht aus Krankheits-, sondern aus Leistungsgründen nur teilweise erledigen können, droht ihnen so schnell keine Entlassung. Nach geltendem Recht brauchen sie nämlich längst nicht so gut zu sein wie ihre Kollegen. Wenn sie ihr Bestes geben, hat der Arbeitgeber das hinzunehmen, auch wenn es deutlich weniger ist als die Durchschnittsleistung der Belegschaft des Unternehmens.