Urlaub besser planen

Arbeitsrecht Ende März verfällt der alte Urlaub. Doch das gilt nicht immer. Wie Betriebe rechtlich einwandfrei mit den freien Tagen ihrer Mitarbeiter umgehen und unnötige Konflikte vermeiden.

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    Lagebesprechung: Andreas Stach von Goltzheim (Mitte) verteilt gleich am Jahresanfang die Urlaubszeiten.
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    Verhaltene Freude: Vor allem viele Männer gehen nicht mit großer Lust wieder in die Arbeit.
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    Planung: Der PCverschafft Stach von Goltzheim stets den Überblick, wer wann nicht da ist.
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    Der Urlaub rangiert bei den Klagegründen an dritter Stelle.
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    „Planen Sie den Urlaub Ihrer Mitarbeiter komplett am Anfang des Jahres.“Benjamin Biere, Rechtsanwalt in der Kölner Kanzlei Hensche.

Urlaub besser planen

Andreas Stach von Goltzheim war es einfach leid, sich mit den 25 Mitarbeitern der Bad- und Heizungsbaufirma Müller & Sohn in Frechen (bei Köln) immer wieder über den Urlaub zu streiten. „Seit drei Jahren schon machen wir eine
genaue Urlaubsplanung per Software, in der die Urlaubsanträge, die genehmigten Daten, Urlaubssperren, aber auch Sonderurlaube, Ausgleichs- und Krankheitstage eingetragen sind“, erklärt der Prokurist der Firma mit einem Jahresumsatz von 1,8 Millionen Euro.

Zuvor hatte es erhebliche Probleme gegeben, weil immer wieder Mitarbeiter zur selben Zeit in Urlaub fahren wollten. Da der Handwerksbetrieb außerdem Urlaub in der winterlichen Heizperiode ausschließt, setzte von Goltzheim ein Schreiben auf, das er jetzt regelmäßig Anfang des Jahres an alle Mitarbeiter aushändigt. In ein Formblatt tragen sie ihre Wünsche ein, danach beginnt für den Kundendienstleiter die Ausarbeitung des Urlaubsplans. Wenn sich ein Mitarbeiter noch für keinen Termin entscheiden kann, muss er die Zeiten nehmen, die übrig bleiben. Mit der Planung vermeidet der Betrieb auch den Überhang von Alturlaub ins nächste Jahr.

So perfekt wie Müller & Sohn handeln viele Betriebe nicht und beschwören damit Konflikte he-rauf. „Beim Urlaub geht es für manche Arbeitnehmer ans Eingemachte“, weiß Klaus Bathe von der Kreishandwerkerschaft Coesfeld in Westfalen. „Rüttelt der Chef daran, wird gestritten - notfalls vor Gericht.“ Auch zum Thema Resturlaub. „Hierzu bekommen wir schon zwischen Weihnachten und Neujahr sowie rund um den 31. März immer wieder neue Anfragen, wie die entstandenen Probleme gelöst werden können.“

Erregte Debatten

André Pilz, Chef der ITFT GmbH in Weilerswist bei Köln, kann das bestätigen. Er ist immer wieder erstaunt, dass es in seinem 50-Mann-Betrieb wie alljährlich auch diesmal wieder zu erregten Debatten über die Urlaubsfrage 2011 kam. „Für viele Arbeitnehmer“, so Pilz, dessen Betrieb mit großem Erfolg industrielle Transport- und Fördertechnik produziert, „ist Urlaub offenbar das Wichtigste in ihrem Leben.“

Deshalb akzeptieren auch viele nicht den Streichtermin 31. März für den Alturlaub. An diesem Tag, so die Rechtsprechung, verfallen grundsätzlich alle Urlaubsansprüche aus dem vergangenen Jahr, was für viel Ärger sorgen kann. Selbst für die Übertragung ins Folgejahr sind persönliche Gründe des Arbeitnehmers, etwa Krankheit, nötig. Sonst darf der Arbeitgeber den Urlaub streichen (siehe Kasten „Verhinderung“).

In den allermeisten Betrieben geht es deshalb darum, Resturlaube zu vermeiden und den Jahresurlaub frühzeitig zu planen. Dazu rät auch Benjamin Biere von der Kölner Kanzlei Hensche: „Nur so können im Vorfeld die Wünsche der Mitarbeiter berücksichtigt werden.“

Eltern bevorzugen

Dennoch lassen sich auch mit der besten Planung Härtefälle nicht immer ausschließen, auch wenn die Arbeitsgerichte eine bestimmte Reihenfolge entwickelt haben: „Häufen sich die Anträge für eine bestimmte Zeit“, so Gerhard Müller von der Handwerkskammer Trier, „sind während der Schulferien die Eltern schulpflichtiger Kinder zuerst am Zug.“ Auch wer einen Ehepartner hat, der an bestimmte Urlaubszeiten gebunden ist, bekommt in der Regel den Vortritt. Grundsätzlich sitzen auch Mitarbeiter mit langer Betriebszugehörigkeit gegenüber Betriebsneulingen am längeren Hebel. Diese müssen zurückstehen, auch wenn sie etwa schon eine Reise gebucht haben. Sie hätten sich vor der Buchung den Urlaub genehmigen lassen müssen.

Wenn der Chef ein Urlaubsgesuch ablehnen muss, darf er diese Mitteilung im Übrigen nicht allzu lange hinauszögern, sonst muss er den Mitarbeiter zähneknirschend an die Riviera ziehen lassen. Eine Zeitspanne von vier Wochen seit Eintragung in die Urlaubsliste gilt als angemessen.

Können Mitarbeiter ihren Urlaub nicht im laufenden Jahr nehmen, übertragen viele Betriebe den Resturlaub oft weit über den 31. März hinaus, etwa wenn einfach zu viel Arbeit da ist. Arbeitgeber müssen aber die Risiken kennen, auf die sie sich dabei einlassen: So darf der Chef, der mit der unzulässigen Übertragung eines Urlaubs ins nächste Jahr einverstanden ist, sich später nicht auf eben dieses Unerlaubte berufen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az. 3 Sa 123/01) zum Beispiel hat für diesen Fall entschieden, dass die nachträgliche Streichung des Urlaubs dann „rechtsmissbräuchlich“ ist. Betroffene Mitarbeiter dürfen dann ihren Alturlaub auch noch nach Ende März nehmen.

Auszahlung verboten

Grundsätzlich unerlaubt ist es auch, nicht genommenen Urlaub finanziell abzugelten. Es gibt aber zwei Ausnahmen: Wenn ein Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheidet und bis zum letzten Arbeitstag nicht die ihm zustehenden Urlaubstage nehmen konnte. Und bei Langzeiterkrankten sogar dann, wenn sie das ganze Jahr über gefehlt haben (siehe Kasten „Urteile“).

In der betrieblichen Praxis zeigt sich auch, dass Urlaubspläne egoistisch missbraucht werden können. Wenn sich beispielsweise ein Meister in der Firma seit jeher als Erster in die Urlaubsliste einträgt und bestimmte Zeiten blockiert, sind Probleme programmiert. Die Kollegen fragen: „Wieso darf sich immer derselbe stets bevorzugt eintragen?“ Im Gegensatz zu vielen anderen Firmenchefs ist deshalb André Pilz von der ITFT GmbH in Weilerswist kein Freund einer umfassenden Urlaubsplanung: „Das muss jeder Betrieb für sich entscheiden. Ich weiß doch gar nicht, wie sich die Auftragslage für das ganze Jahr entwickeln wird. Da wünsche ich mir personell oft größere Freiräume.“ Außerdem seien Missstimmungen zwischen den Mitarbeitern auch mit guter Planung nicht zu vermeiden: „Wenn ich Eltern schulpflichtiger Kinder vorziehe, kommen andere Eltern mit Kleinkindern und sagen, in den Sommerferien sei auch der Kindergarten geschlossen und sie hätten dieselben Rechte“ (siehe „Tipps“).

Widerruf im Notfall

Nicht wenige Mitarbeiter fühlen sich außerdem überfordert, Urlaubspläne für ein ganzes Jahr im Voraus zu machen. Bei einmal festgelegtem Urlaub gibt es schließlich keine Wahl - sie müssen ihn zum vereinbarten Zeitpunkt nehmen. Arbeitnehmer können ihn nur aus wichtigem Grund verlegen, etwa im Krankheitsfall oder bei Tod eines nahen Verwandten.

Auch der Chef darf den Urlaub nach einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (Az. 9 AZR 11/05) nicht kurzfristig zurücknehmen oder Mitarbeiter gar aus dem Urlaub zurückrufen. Das geht nur im beiderseitigen Einvernehmen oder im echten Notfall, etwa bei Feuer oder Hochwasser - bei Vorkommnissen also, die den Betrieb existenziell schädigen können und die unvorhersehbar sind. Auftragsspitzen reichen nicht aus. Wenn der Rückruf aus dem Urlaub jedoch unvermeidlich ist, haben Arbeitnehmer Anspruch auf Übernahme von Kosten wie Stornogebühren. Extra angeschaffte Urlaubsausrüstung wie Surfbrett oder Wanderschuhe gehören nicht dazu.

Gleich viel Urlaub für alle

Im Übrigen sind die Arbeitsgerichte hierzulande auf dem besten Wege, einen Grundpfeiler des deutschen Urlaubsrechts zu beseitigen: die weit verbreitete Staffelung der Zahl der Urlaubstage nach dem Alter. So gab das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Az. 8 Sa 1274/10) einer 24-jährigen Mitarbeiterin Recht, die genauso viel Urlaub haben wollte wie ihre älteren Kollegen. Begründung: Das Antidiskriminierungsgesetz verbiete auch jede Benachteiligung wegen des Alters. Die Richter sprachen ihr gleich viel Urlaub zu wie den älteren Kollegen. Damit hat die Mitarbeiterin aber noch nicht endgültig gewonnen, denn das Gericht verwies den Fall nach Erfurt zum Bundesarbeitsgericht. Entscheidet dieses im gleichen Tenor, müssten Millionen von Arbeits- und Zehntausende von Tarifverträgen geändert werden.

harald.klein@handwerk-magazin.de

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