Consulting auf dem Prüfstand Unternehmensberater: Miese Methoden rechtzeitig erkennen

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Schlechte Erfahrungen mit Consultants und Be­ratungsunternehmen kann man vermeiden. Denn schwarze Schafe lassen sich leicht entlarven, wenn man weiß, worauf man achten muss.

Von Olaf Deininger und Nicole Geffert

Unternehmensberater - Hilfe von außen
Wer Hilfe von außen bucht, erwartet sich zu Recht sichtbare Erfolge. - © IRStone - stock.adobe.com

An Versprechen hat es nie gemangelt. „Schon der erste Berater dieser Firma wollte jede Menge Töpfe entdeckt haben, aus denen man schöpfen könne“, berichtet Susanne Holl, Mitinhaberin der Firma Elektro Holl in Neusäß bei Augsburg. Doch das war erst der Anfang einer Odyssee schlechter Erfahrungen und Enttäuschungen für die Unternehmerin.

Fragwürdige Spezialisten

Denn um die Töpfe auszuschöpfen, wollte der Consultant der Unternehmensberatung aus Norddeutschland (Name der Redaktion bekannt) schnell weitere Spezialisten hinzuziehen. Zuerst sollte ein Controlling-System eingeführt werden. Dann ein Reporting. „Es wurden Vergleichszahlen erstellt und dann Budgetzahlen bis fünf Jahre in die Zukunft erarbeitet. Das sollte uns den Griff in die Töpfe ebnen“, berichtet Unternehmerin Holl.

Beratung ohne Wert

Doch daraus ist nichts geworden. Rund 13 000 Euro kostete die Firma Elektro Holl schließlich die Arbeit der Spezialisten. Und diese Arbeiten bestanden im Wesentlichen aus Excel-Tabellen, die heute ungenutzt und wertlos auf einer Festplatte eines Bürorechners liegen. Eine Ausgabe, die man sich hätte sparen können.

Rund 25.000 Beratungsfirmen beschäftigen in Deutschland etwa 230 000 Mitarbeiter, davon 185 000 Berater. Etwa 34,6 Milliarden Euro setzte die Branche in Deutschland laut der Studie zum Beratungsmarkt 2021 des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) um. Zur Branche werden sowohl beratende Einzelkämpfer gezählt als auch Niederlassungen weltweiter Netzwerke mit tausenden Mitarbeitern.

Zum Vergleich: Das Handwerk kommt in 2021 insgesamt auf 668 Milliarden Euro Umsatz. Rund 1.000.000 Betriebe sind in die Handwerksrollen und in das Verzeichnis des handwerksähnlichen Gewerbes eingetragen. Dort arbeiten rund 5,57 Millionen Menschen, circa 360.000 Lehrlinge erhalten dort ihre Ausbildung, informiert der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

Betriebsberater sind Ersthelfer

Betriebsberater sollten Ersthelfer sein, sind sich Unternehmer einig. „Sollte man in Schieflage kommen, dann helfen die Handwerkskammern weiter“, sagt Unternehmerfrau Susanne Holl. Deren Beratung ist bis zu vier Manntagen überwiegend kostenlos. Anschließend empfehlen die Betriebsberater einen kompetenten freien ­Berater. „Viele Betriebsberater haben außerdem auch bei den örtlichen Banken einen guten Namen“, rät die Unternehmerfrau.

Bizarre Empfehlungen

Handwerkskammern und Fachverbände des Handwerks bieten Betrieben und Unternehmen eine breite Palette an Unterstützung an. Über 800 Berater für Betriebswirtschaft, Außenwirtschaft, Formgebung, Technik und Innovationen stehen laut ZDH mit Expertenrat zur Verfügung. Dieses Expertennetzwerk bietet ein bundesweit weitgehend einheitliches Qualitätsniveau auf Basis von ZDH-Beratungsstandards. Wie zufrieden die Betriebe mit der Leistung sind, zeigen die Ergebnisse der regelmäßigen Befragungen: 97 Prozent der Inhaber beurteilen die Beratungen mit „sehr gut“ oder „gut“, lediglich 1 Prozent war „weniger zufrieden“.

Negative Erfahrungen sind auch bei den freien Beratern und Firmen eher die Ausnahme. Die meisten arbeiten seriös. Doch eine Branche, die laut BDU für ihr Geschäftsklima im ersten Halbjahr 2022 eine leichte Abwärtstendenz registriert,produziert auch schwarze Schafe. Nicht nur Susanne Holl kann davon ein Lied singen. Bei Gabriele Wildgruber nahmen die Empfehlungen sogar bizarren Charakter an. Der Chefin des SHK-Betriebs Wildgruber GmbH in Finsing bei München rieten freie ­Berater nach dem Ausfall von zwei Kunden zu einer formellen Scheidung, um eine Immobilie zu schützen. Die Unternehmerfrau lehnte empört ab. Zu Recht.

„Man kann unseriöse Kollegen mitunter sehr früh erkennen, zumindest gibt es eindeutige Hinweise“, sagt der auf das Handwerk spezialisierte Marketingberater und Holzmann-Buchautor Hubert Baumann aus Haibach bei Aschaffenburg. „Allein schon die Kaltakquise am Telefon sollte der Angerufene als Alarmsignal werten.“ Wer als Berater seriös sei, könne sich darauf verlassen, von zufriedenen Kunden weiterempfohlen zu werden.

Falsche Versprechen

Auch die Eigendarstellung liefert erste Hinweise: Unternehmensberatungen, die mit flotten Sprüchen wie etwa „Drei neue Kunden am Tag“ oder „Kunden gewinnen auf Knopfdruck“ werben, die gelungene Marketingtexte „aus dem Hut zaubern“ und alles „automatisch erledigen“ wollen, darf man getrost als dubios einstufen. Denn Patentlösungen gibt es nicht. Schon gar nicht im Handwerk. Speziell dort treten überwiegend individuelle Problemlagen auf, deren Lösung etwa eine vorherige Analyse zwingend macht. Aus diesem Grund sind meist auch alle Versprechen von mehr oder gar garantiertem Umsatz oder steigendem Gewinn alles andere als verlässlich. Ebenso die Aussicht auf die Beschaffung neuer, ungenutzter oder sogar geheimer Fördertöpfe. So müssen etwa besonders EU-Mittel meist co-finanziert werden. Bedeutet: Die Hälfte der Investitionsmittel ist selbst aufzubringen, erst dann schießt die EU die andere Hälfte dazu. Fördermittel des Bundes oder der Länder sind ohnehin meist nur in Zusammenarbeit mit der Hausbank zu bekommen. Die dortigen Experten verfügen meist über den besten Überblick.

Auch die bisherigen Kunden geben wichtige Hinweise: „Der Unternehmensberater muss bei der Frage nach Referenzkunden und Referenzprojekten ohne zu zögern drei Beispiele nennen können“, meint Baumann. Man solle sich auch das Einverständnis geben lassen, einen oder mehrere Referenzkunden anzusprechen und nach deren Erfahrungen mit dem Berater zu fragen. Anschließend sollte man die Erwartungshaltung klären. Das kann auch schon vor dem Auftrag geschehen und etwa eine Auftragsbestätigung inhaltlich vorbereiten. Ziel und Auftrag ebenfalls schriftlich fixieren. „Das vermeidet spätere Diskussionen, was gesagt oder was gemeint wurde“, rät Baumann. Viele Werbeagenturen schicken ihren Kunden ein sogenanntes „Rebriefing“, in dem beschrieben ist, wie sie den Auftrag verstanden haben. Auch das soll ein Instrument sein, die Kommunikation zu optimieren, und soll helfen Missverständnisse auszuschließen. Aber auch später empfehlen sich schriftliche Protokolle.

Keine neue Kunden über Nacht

Nicht selten werden Möglichkeiten und Wirksamkeit der Berater überschätzt. Oder sie werden an der falschen Stelle eingesetzt. Ein Strategieberater kann kaum helfen, wenn es um eine Marketingkampagne oder um Öffentlichkeitsarbeit geht. Ein auf Marketing spezialisierter Consultant kann kaum etwas tun, wenn Konzept oder Geschäftsmodell nicht stimmen. Und selbst wenn: Über Nacht Kunden herbeizuzaubern, dazu ist auch er nicht in der Lage. In welchem Feld die Expertise des Beraters besteht, lässt sich durch die Referenzprojekte klären.

Doch noch grundsätzlicher gilt: Von Sanierungsexperten abgesehen, kann kaum ein Berater kurzfristig helfen, wenn einem Betrieb das Wasser bereits bis zum Hals steht. Dazu ist ihr Instrumentarium nicht geeignet. „Unternehmensberater sind keine Zauberer, die Umsatzkrisen auf Knopfdruck beheben können“, sagt auch Hubert Baumann.

Da viele Kunden kein wirklich klares Bild von Tätigkeit und Methoden der Berater besitzen, werden sehr schnell Fantasien projiziert. Und deshalb wird nach etwas Handfestem gesucht, etwas Konkretem. Baumann: „Drei Neukunden pro Tag sind eben etwas Greifbares, auch wenn es wenig realistisch ist“.

Lösungen gibt es immer

Dabei liegt das Know-how der meisten Berater in zwei Bereichen. Erstens: Methodenkompetenz. Sie beschreibt, wie etwas optimal gemacht wird, wie man richtig vorgeht. Und zweitens: Wissen um Benchmarks. Bedeutet: die Erfahrungen anderer Firmen mit bestimmten Themen oder ähnlichen Aufgabenstellungen. Letzteres lässt sich ebenfalls über die Referenzen sehr gut abfragen. So hat auch die Krise, in der dann gerne Unternehmensberater zur Hilfe gerufen werden, eine innere Ordnung, die man methodisch auffächern kann: Am Anfang steht die Strategiekrise, aus ihr erwächst eine Rentabilitätskrise, der eine Erfolgskrise und schließlich die Liquiditätskrise folgt.

Doch auch wenn Berater aus erfreulicheren Anlässen wie etwa Optimierungs- oder Expansionsberatung gerufen werden, bei jedem Projekt kann einmal etwas schiefgehen. Entscheidend ist es dann, wie der Berater mit dieser Situation umgeht, sagt Baumann: „Eine Lösung für einen Konflikt gibt es immer“.