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Digitalisierung und ERP – Enterprise Ressource Planning

Mit der richtigen ERP-Software können Sie die Qualität Ihrer Abläufe und Planungen verbessern. Doch die Lösung muss zu den Kernprozessen passen. So finden Sie das richtige IT-Programm.

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    „Früher hatten wir für alles ein eigenes Programm und dadurch zu ­viele Medienbrüche.“ Dominique Huth (li.), ­ und Bruder Sascha, ­Inhaber der Bäckerei Huth in Limburg.
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Die böse Überraschung kam beim ersten Jahresabschluss: Das neue ERP-Programm zeigte bei etlichen Warenkonten sehr hohe Bestände, während bei anderen der Bestand dramatisch im Minus lag. Nichts passte zusammen. Erst wenige Monate davor hatte der Fleischereibetrieb mit 70 Mitarbeitern die neue ERP-Software eingeführt. Sie sollte die Warenwirtschaft, die Abläufe und Prozesse strukturieren und digital unterstützen. Und nun das!

Dabei verspricht die Digitalisierung im Handwerk höhere Effektivität, verbesserte Abläufe, weniger Fehlerquellen und am Ende des Tages höhere Erträge. In nahezu allen Gewerken lasse sich so die Wettbewerbsfähigkeit steigern, versprechen die Experten. Doch dabei kann man auch viel falsch machen.

ERP - Planung und Organisation der Mittel

Organisiert wird alles von einer umfassenden Unternehmens-Software, die mit den drei Buchstaben „ERP“ abgekürzt wird. Das steht für „Enterprise Ressource Planning“ und bedeutet übersetzt etwa Planung und Organisation der Mittel – oder eben Ressourcen – des Unternehmens. Wobei Ressourcen sowohl für die finanziellen Mittel als auch für die Stunden der Mitarbeiter und für Warenwirtschaft steht, also die eingesetzten Rohstoffe oder Komponenten und Bauteile.

Die Zahl der im deutschen Markt angebotenen ERP-Lösungen ist hoch: 480 ERP-Programme von weit über 300 verschiedenen Herstellern listet alleine der aktuelle ERP-Marktspiegel von Trovarit. Einer der umsatzstärksten Anbieter ist das Walldorfer Großunternehmen SAP, das mit ERP-Software für Industrie und Konzerne groß geworden ist. Mittlerweile bietet es mit dem Produkt „BusinessOne“ aber auch eine Lösung für den Mittelstand. Auch Microsoft und Oracle bieten ERP-Programme an. Hauptsächlich für die Industrie. Zu den Herstellern mit den meisten Kunden unter kleinen und mittleren Betrieben zählen Sage und Haufe-Lexware. Mehr als 620 000 Firmen setzen in Deutschland eine ERP-Lösung ein – und der Markt wächst weiter und wird immer unübersichtlicher.

Effiziente Abläufe richtig planen

Viele Handwerksbetriebe halten prinzipiell nicht viel von ERP. So mancher Betrieb beschränkt sich deshalb auf das Schreiben von Rechnungen mit der Textverarbeitung oder das Verwalten der Aufträge in einer Tabellenkalkulation. Fachkräfte in der Werkstatt und auf der Baustelle hingegen arbeiten oft noch zeitraubend mit Papier und Bleistift. Und selbst dort, wo bereits eine fachspezifische Lösung für das jeweilige Gewerk zum Einsatz kommt, fehlt es oft an der Integration mit der Büro-Software. Die Folge: Daten werden mehrfach eingegeben, was den Aufwand erhöht und Fehlerquellen schafft. Effiziente Abläufe sehen anders aus.

Hinzu kommt, dass seit Beginn des Jahres 2015 neue Vorschriften für die elektronische Buchhaltung gelten, die mit einem Sammelsurium aus mehr oder weniger schlecht integrierten Einzelprogrammen kaum einzuhalten sind. Diese „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) sind ein Grund mehr, sich mit den Möglichkeiten der Softwareunterstützung für Handwerksbetriebe zu beschäftigen.

Integration steigert Effektivität

„Früher hatten wir für die Finanzbuchführung, für die Kostenstellenrechnung und für die Löhne jeweils eigene Programme und Excel-Listen“, sagt Dominique Huth. Zusammen mit seinem Bruder Sascha führt er die Bäckerei Huth in Limburg, ein mittelgroßes Unternehmen, in dem rund 30 Mitarbeiter in der Herstellung und 100 im Verkauf in den 14 Filialen arbeiten. Heute setzt Huth eine ERP-Software der Datev ein, die praktisch alle Funktionen abdeckt: Zahlen wie der Umsatz je Verkäuferin oder den Vergleich von Umsatz- und Kostenstrukturen einzelner Filialen kann der Chef auf Knopfdruck abrufen. „Der Umsatz wächst seit Jahren mindestens um zehn Prozent jährlich. Dieses Jahr kommen wir wohl auf 40 Prozent“, freut sich der Unternehmer.

Bei der Anforderungsdefinition für Unternehmenssoftware (ERP) müssen die Besonderheiten eines Unternehmens berücksichtigt werden. Oft sind diese branchentypisch, insbesondere wenn die Warenwirtschaft und Auftragsabwicklung durch die Software abgebildet werden sollen. Die Aufstellung der Anforderungen im Vorfeld schützt den Anwender vor Fehlentscheidungen und auch den Software-Anbieter vor leichtfertigen Angeboten. Um hier auf effiziente Art und Weise Klarheit für beide Seiten zu schaffen, bietet sich die Verwendung von Lastenheftvorlagen an, in denen die benötigten Standards nur ausgewählt und etwaige individuelle Anforderungen ergänzt werden.

Die Abläufe sind entscheidend

„Der Erfolg unserer Lösung beruht vor allem auf der nahtlosen Integration von Auftrags- und Flottenmanagement“, erklärt Steffen Wölfer, IT-Verantwortlicher beim Rohrreiniger Clean-Rohr GmbH in Berlin. Denn wer bei Clean-Rohr anruft, erwartet sofort eine Lösung für sein Abwasserproblem. Deshalb war die Kompatibilität der Sage-Software mit WEBFLEET von TomTom Telematics eine Grundvoraussetzung für die Auswahl. Denn die Flottenmanagement-Plattform identifiziert den am schnellsten verfügbaren Fahrer und lotst ihn ohne Staus und Hindernisse zum Einsatzort. Noch während der Auftragsannahme beginnt die Disposition auf der digitalen Plantafel. So konnte Clean-Rohr seine Effektivität deutlich steigern.

Das tröstet den eingangs erwähnten Fleischereibetrieb wenig: Für 25 Arbeitsplätze suchte er eine Unternehmenssoftware für Finanzen, den kaufmännischen Bereich, Warenwirtschaft und Verkauf. Mit dem Anbieter einer weitverbreiteten Software war man sich relativ schnell einig: Für rund 75 000 Euro sollte der vertraglich grob umrissene Leistungsumfang implementiert werden. Sicherheit gab eine Klausel, wonach ein relevanter Teil des Preises erst bei Abnahme fällig wird. Der Anbieter ging engagiert zu Werke und lieferte zügig. Auch die Tests – soweit sie in der Woche, die für die Abnahme vereinbart wurde, durchgeführt werden konnten – verliefen erfolgreich. Die Arbeit mit der neuen Software wurde aufgenommen. Bis es beim Jahresabschluss hakte.

Anpassung kostet Geld

Die Ursache für die nicht stimmigen Warenkonten wurde erst mithilfe eines Experten gefunden: In dem Zerlegebetrieb werden etwa Rinder im Wareneingang in den Bestand gebucht. Nach der Zerlegung wird das Rinderfilet, der Bug oder die Ochsenzunge als Produkt verkauft und aus dem jeweiligen Warenbestand ausgebucht. Das Problem: Die ERP-Software konnte keine Verbindung zwischen dem eingehenden Rohstoff und den ausgehenden Waren herstellen.

Ihre Logik basierte auf einer Montagestückliste, die eher auf den z.B. im Schlossereibereich üblichen Zusammenbau von Produkten ausgerichtet war als auf die Zerlegung eines Rohstoffs in mehrere unterschiedliche Produkte, wie sie im Fleischereigewerbe der Normalfall ist. Die Folge: Die Warenwirtschaft der Software war nicht einsetzbar. Das Angebot des Software-Anbieters, die Software für weitere 75 000 Euro anzupassen, wurde abgelehnt. Jetzt sucht der Inhaber nach einer auf die Fleischereibranche spezialisierten Lösung.