Baugewerbe Gastkommentar: „Uns droht eine Wohnungsnot“

Verbandspräsident Loewenstein fordert politische Impulse, sonst wird bezahlbarer Wohnraum in Städten knapp.

k Vita Hans-Hartwig Loewenstein ist seit 2006 Präsident des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe. Loewenstein ist Geschäftsführer der Bauunternehmung Jean Bratengeier GmbH in Dreieich. - © Loewenstein

„Uns droht eine Wohnungsnot“

Vergangenes Jahr ist der Wohnungsbau endlich aus seinem langen Dornröschenschlaf erwacht, die Lage auf den Wohnungsmärkten bleibt gleichwohl weiter angespannt.

Die für 2011 prognostizierten 164000 neuen Wohnungen sind zwar 17 Prozent mehr als noch in 2010, aber immer noch 30000 zu wenig, geht man von einem Bedarf von jährlich rund 190000 neuen Wohnungen aus. Diesen hält selbst das Bundesbauministerium für notwendig. Trotz rückläufiger Bevölkerungszahl steigt nämlich die Zahl der Haushalte bis 2025 weiter an, auch der Flächenbedarf je Bewohner wächst weiter.

In den Jahren 2006 bis 2009 war der Wohnungsneubau um fast 40 Prozent eingebrochen, wodurch es in vielen Ballungsgebieten bereits heute zu einer unübersehbaren Wohnungsknappheit gekommen ist. Durch den vermehrten Zuzug von Menschen in die Ballungsräume hat sich die Wohnungssituation dort weiter verschärft.

Gerade die Bezieher mittlerer Einkommen wie auch die einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten sind die Leidtragenden der derzeitigen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt. Sie haben in vielen Ballungsgebieten kaum noch Chancen auf bezahlbaren Wohnraum und damit auf attraktive Arbeitsplätze.

Was ist also zu tun? Es müssen schlichtweg mehr Wohnungen gebaut werden. Ohne politische Impulse wird aber der Wohnungsneubau seine natürliche Grenze bei circa 140000 Wohneinheiten finden, wie in den Jahren 2009 und 2010.

Daher bedarf es politischer Anreize. Ein solcher Anreiz ist die Erhöhung der linearen AfA von zwei auf vier Prozentpunkte. Sie ist auch notwendig, weil die moderne und umfangreiche Gebäudeausstattung nur eine Lebensdauer von 25 Jahren oder weniger aufweist.

Wenn es darüber hinaus richtig ist, dass Wohneigentum vor Altersarmut schützt, muss der Politik daran gelegen sein, dieses zu unterstützen. Die Wohneigentumsquote liegt immer noch bei 43 Prozent. Hier ist Luft nach oben. Jeder Mieter, der in die eigenen vier Wände zieht, macht seine Mietwohnung für nachfolgende Mieter frei und entlastet damit den Wohnungsmarkt.

Darüber hinaus muss der soziale Wohnungsbau weiter gefördert werden. Die Zuständigkeit dafür liegt seit der Föderalismusreform bei den Ländern. Diese erhalten dafür bis 2013 jährlich Zuweisungen des Bundes in Höhe von 518 Millionen Euro. Diese Zahlungen müssen danach fortgeführt werden. Nur so kann die Bereitstellung von energieeffizientem, altersgerechtem und vor allem bezahlbarem Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten gesichert werden.

Lange Jahre war der Wohnungsbau Stiefkind der Politik. Er muss aus seinem Schattendasein hervortreten. Denn eine moderne Wohnungsbaupolitik ist immer auch eine gute Sozialpolitik. Nun ist die Politik am Zug.