Praxistipps zur Umrüstung Energiekrise: Wie Betriebe mit schlauen Maßnahmen Geld für Strom und Heizung sparen

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Viele Handwerksbetriebe leiden derzeit unter den saftigen Preisen für Strom, Heizung und Treibstoff. Einige suchen den Ausweg in energetischen Maßnahmen – und haben darüber ihre Kosten nun sicher im Griff. Doch auch mit kleineren Schritten lässt sich Großes bewirken.

Peter Küpper, Inhaber des SHK-Betriebs Josef Küpper Söhne aus Bonn-Bad Godesberg
Peter Küpper, Inhaber des SHK-Betriebs Josef Küpper Söhne aus Bonn-Bad Godesberg. - © Rudolf Wichert

Als Peter Küpper im vergangenen Oktober seinen Betriebsstandort im nordrhein-westfälischen Meckenheim eröffnete, ahnte er nicht, wie sehr die Preise für fossile Brennstoffe in diesem Frühjahr in die Höhe schnellen würden. Der Inhaber von Josef Küpper Söhne, einem 110-köpfigen Betrieb für Sanitär, Heizung und Klima (SHK), freut sich nun umso mehr, dass er schon bei der Planung des neuen Gebäudes alles auf Grün gesetzt hat. Mit seiner Gewerbe­immobilie will der Handwerkschef der erste hierzulande sein, der sich über selbst produzierten grünen Wasserstoff mit Wärme, Kälte und Strom versorgt. „Unser Firmengebäude läuft komplett energieautark.“

Stromspeicher für die kalte Zeit

Das Holz-Hybrid-Gebäude hat Küpper mit einer Photovoltaikanlage (PV) ausgestattet. Auf dem Dach und in der Fassade befinden sich Solarkollektoren. Sie leiten die gewonnene Energie in spezielle Hochdrucktanks neben seinem Gebäude, in denen der grüne Wasserstoff durch die Elektrolyse von Wasser produziert und gespeichert wird. Bei Bedarf wandelt er sich über Brennstoffzellen in Strom und Wärme um. „Im Sommer gewinnen wir den Strom ohne CO2-Ausstoß oder andere Beeinträchtigungen aus unserer Umwelt und nutzen ihn direkt“, erklärt Küpper. „Er versorgt die Beleuchtung, unsere IT-Infrastruktur und alle weiteren elektrischen Geräte.“ Auch die Batterien seiner Elektrofahrzeuge erhalten an insgesamt fünf E-Ladesäulen auf dem Firmenparkplatz die nötige Kraft. Überschüssige elektrische Energie aus der Solaranlage gelangt in eine Batterie. Dort wird sie durch Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt und für den Winter eingelagert. Im Keller steht zusätzlich eine Erd­wärmepumpe zur Verfügung, in die der saubere Strom ebenfalls fließt. Er sorgt fürs Heizen und Kühlen der Räume.

Küppers Wunsch war es, den Tradi­tionsbetrieb, den sein Großvater 1919 gegründet hatte, in eine neue Ära zu führen. Die angestrebte Klimaneutralität der Regierung motiviert ihn zusätzlich, wie er sagt: „Wir wünschen uns eine unabhängige und saubere Energieversorgung für uns und unsere Kunden, denn die Zeit ist reif für den Einstieg in eine CO2-freie Gesellschaft.“ Dass die Anfang 2021 eingeführte CO2-Steuer und nun der Ukrainekrieg die Preise für klassische Energieträger in die Höhe treibt, bereitet dem Betriebschef somit kein Kopfzer­brechen. Seine ehrgeizigen Pläne zahlen sich voll aus: „Unsere Energierechnung ist gleich null“, freut er sich. Für die Wasserstoffanlage nahm er einmalig eine halbe Million Euro in die Hand. Ein hoher Betrag, der aber zu 55 Prozent vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert wird.

Mit seiner Investition in erneuerbare Energien gehört er zu den 16 Prozent, die in einer aktuellen Erhebung des KfW-Mittelstandspanels aussagen, dass ihnen die derzeitigen Energie-Preissteigerungen nichts anhaben. Dem Panel zufolge lagen die Ausgaben dafür im Schnitt um 41 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum.

Dauerhafte Tragbarkeit der aktuellen Energiekosten

Die konkrete Frage in der Sondererhebung lautete: „Inwieweit wären Energiekosten auf dem aktuellen Niveau dauerhaft für Ihr Unternehmen tragbar? Sollten die Energie­kosten dauerhaft so hoch bleiben wie im Moment, dann …“

tragbare Mehrbelastung51 %
erhebliche Mehrbelastung, überfordert uns finanziell14 %
derzeit nicht abschätzbar19 %
fällt finanziell nicht/kaum ins Gewicht16 %
Quelle: Energiekosten-Sonderbefragung, KfW-Mittelstandspanel 2022

Bei seiner aufwendigen Pionier-Recherche, den Standort energieautark aufzustellen, stieß Küpper auf die Firma Home Power Solutions in Berlin. Der Energie-Anbieter ist nach eigenen Angaben bisher der weltweit einzige, der ein Solar-Wasserstoff-System für Wohngebäude umgesetzt hat. Der Handwerkschef hat mit seinem 1.200 Quadratmeter großen Gebäude in Meckenheim, der sein dritter Standort im Raum Bonn ist, erstmals bewiesen, dass das Projekt auch für größere Gewerbegebäude möglich ist.

Erarbeitetes Wissen weitergeben

Die zwei weiteren Firmengebäude in Bonn-Bad Godesberg und Bonn-Beuel sollen jedoch nicht zurückstecken. „Natürlich ist es leichter, einen Neubau als Passivhaus zu gestalten, als Bestands­bauten nachzurüsten“, räumt der Handwerkschef ein. Beide Gebäude stattete er jüngst mit einer PV-Anlage aus, um eigenen Strom zu erzeugen. Heizung und Kühlung bezieht er über Erdwärme. Die intelligente Haustechnik auf Basis der Smarthome-Technologie KNX sorgt zudem dafür, dass beispielsweise Rollläden an Fenstern selbsttätig herunterfahren, wenn die Sonneneinstrahlung von außen zu intensiv wird.

Transporter stellen Problem dar

Den Fuhrpark, der aus knapp 60 Fahrzeugen besteht, rüstet er sukzessive auf E-Mobilität um. „Das ist derzeit unser Hauptthema“, sagt Küpper, denn die Umstellung ist nicht gerade einfach. „Bei den Transportern, die schwere Lasten fortbewegen müssen, gibt es am Markt noch nicht die richtigen Modelle.“ Bei den Pkw hat er sein Ziel bereits erreicht. Seine erarbeiteten Kenntnisse gibt der innovative Betriebschef jetzt an seine Kunden weiter. „Jeder kann über unser Modell seine Energieeffizienz steigern, den Wert der Immobilie erhalten und sogar erhöhen, langfristig Energiekosten sparen und die Umwelt schonen“, verspricht er. Für nachwachsende Rohstoffe und energieautarke Gebäude macht er sich außerdem im Rahmen des lokalen Zukunftsprojekts „Bio Innovation Park Rheinland“ stark. „Heizen und Tanken wird künftig elektrisch“, stellt der SHK-Experte in Aussicht. Sein Wunsch ist es, dass die Gewerke SHK und Elektrik künftig noch stärker zusammenarbeiten.

Daneben sollen auch Industrie, Städte und Kommunen daran arbeiten, ihre Flächen für erneuerbare Energien zur Verfügung zu stellen. Das forderte jüngst auch der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE). Der Genehmigungsprozess sowie der Netz- und Speicherausbau müssten außerdem beschleunigt und Wasserstoff kostengünstig hergestellt werden, heißt es in einer aktuellen Erklärung des Verbands: „Wenn wir an einem Strang ziehen, sind wir in der Lage, uns komplett autark mit erneuerbaren Energien zu versorgen – und das kurzfristig.“

Jedes Grad weniger zahlt sich aus

Ein Betriebsgebäude energieautark auszustatten, das einem selbst gehört, und dabei auf Gas und Öl zu verzichten ist heute theoretisch durchaus schon möglich. Doch nicht jeder Handwerkschef verfügt über die notwendigen Ressourcen: Häufig hapert es an Budget, Zeit oder Wissen, die aufwendigen Umrüstungen anzugehen. Hinzu kommt, dass viele Betriebe ihr Firmengebäude nicht besitzen, sondern es mieten – wie Christin Schil­habel. Die Friseurmeisterin führt ihren Laden „Stilvoll“ im thüringischen Eisenach seit 2014 gemeinsam mit zwei Mitarbeiterinnen. Bisher hat sie viele Schritte unternommen, um ihr Geschäft energieeffizient und nachhaltig zu managen. Sie weiß: „Es sind die vielen kleinen Dinge, die Großes bewirken.“

Die Lampen im Laden stattete sie mit LED-Leuchten aus, um den Stromverbrauch zu reduzieren. Fürs Haarewaschen verwendet sie eine Handbrause mit einem Strahlregler, der dem Wasserstrahl mehr Luft beimischt und somit die durchfließende Menge reduziert. „Viele Kunden empfinden den weicheren Wasserstrahl sogar als angenehmer“, beobachtet Schilhabel. Bei ihren Geräten wie der Waschmaschine achtet sie außerdem auf Energieverbrauchskennzeichnung A. Um ihre Verbräuche weiter zu drosseln, hält sie die Fenster im Sommer bei direkter Sonneneinstrahlung geschlossen, um die Räume nicht unnötig aufzuheizen. „Im Winter nutzen wir die Rollläden als zusätzliche Wärmedämmung“, sagt sie. Ein smartes Thermostat hilft dabei, die gewünschte Raumtemperatur während der Geschäftstätigkeit konstant auf
21 Grad zu halten. „Wenn wir zwischendurch das Fenster zum Lüften öffnen, passt sich die Temperatur automatisch an die Heizung an.“

Die Maßnahmen machen sich bezahlt: Laut Berechnungen der Verbraucherzentrale entspricht jedes Grad weniger ungefähr einer Einsparung von sechs Prozent Energie. Abends, wenn Schil­habel den Laden abschließt, sowie übers Wochenende regelt sie das Thermostat auf 18 Grad herunter und dreht außerdem die Ladenbeleuchtung aus.

E-Tool: Verbräuche ermitteln

Die vielen Ideen, um ihren Laden energieeffizient zu bewirtschaften, hat sich die Friseurmeisterin nicht völlig alleine erarbeitet. Eine Energieberaterin, die sie um Tipps gebeten hatte, empfahl ihr den Nachhaltigkeits-Navigator der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH). Der Navigator leitet Betriebe an, wie sie sich Schritt für Schritt möglichst energieneutral und sozial aufstellen können. Darin spielt das E-Tool der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz (MIE) eine wichtige Rolle. Über die browserbasierte Plattform können Handwerkschefs die eigenen Energieverbräuche und CO2-Emissionen ermitteln, indem sie alle Energiedaten im Betrieb eingeben: von Wärme, Strom, Kraftstoffen, Maschinen und Anlagen bis hin zu Fahrzeugen. In einem zweiten Schritt lassen sich auch die indirekten Verbräuche und Emissionen unter die Lupe nehmen, die über die gesamte Wertschöpfung entstehen. Die Devise lautet: je näher, desto besser. Christin Schilhabel kauft daher lokal ein: Ihre Friseurprodukte bezieht sie über den nachhaltigen Shampoo-Hersteller Organic Lifestyle aus Dresden. Kaffee, Tee und alles, was sie für Mitarbeiter und Kunden im Laden sonst noch benötigt, holt sie sich im Bio-Laden um die Ecke.

Mit einer Zisterne Wasser einsparen

Mit ihrem Vermieter stimmt sie sich derzeit über weitere Maßnahmen ab, um so energieautark wie möglich zu sein. Auch dafür liefert das E-Tool Vorschläge. Über den PV-Rechner lässt sich etwa erkennen, ob sich eine Photovoltaikanlage auf dem Firmendach rentiert. Den Zuschuss, den das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die Umstellung auf alternative Energien bezahlen, inklusive. Schilhabel schwebt eine PV-Anlage und eine Regenwasser-Zisterne vor. Beide Anschaffungen sind natürlich mit erheblichen Kosten verbunden. Die Zisterne ist mit circa 2.500 bis 5.000 Euro noch verhältnismäßig erschwinglich, aber sie benötigt auch Platz. Der wiederum Umbauten erfordert. Doch weil sich der Umstieg mittelfristig amortisiert, angesichts der hohen Energiepreise vielleicht schneller als gedacht, würde es sich für die Friseurmeisterin lohnen. „Dann würde ich wertvolles Trinkwasser einsparen, das ich bisher auch fürs ­Waschen der Haare und Handtücher verwende.“

Dass im energieautarken und nachhaltig aufgestellten Betrieb die Zukunft liegt, davon ist die Handwerkschefin fest überzeugt. In ihrer freien Zeit arbeitet sie an einem Nachhaltigkeitsbericht, der auch die gesamte Wertschöpfung und soziale Komponenten inkludiert und von der ZWH geprüft und zertifiziert wird. Die Bescheinigung sieht sie als Aushängeschild für ihren Friseurbetrieb. Im Friseursalon hängt bereits eine Urkunde über das Thüringer Nachhaltigkeitsabkommen, eine freiwillige Vereinbarung zwischen Landesregierung und Wirtschaft. Ihre Kunden nehmen das mit Interesse zur Kenntnis, sagt Schilhabel: „Sich für Umwelt und Gesellschaft zu engagieren zahlt auch aufs Image ein.“

Checkliste: So werden Sie ­energieautark

Um Energieverbräuche zu minimieren, gibt es vielerlei Maßnahmen, die größtenteils von den Bundesländern gefördert werden.

  • Identifizieren Sie die Energiefresser im Betrieb: Unter energie-tool.de erhalten Sie kostenlose Berechnungen zum Energieverbrauch von Strom, Heizung, Kraftstoffen, Maschinen und Fahrzeugen. Über Zusatzmodule gibt es außerdem Tipps zur Umrüstung auf erneuerbare Energien.
  • Intelligente Haustechnik, die Räume und Lagerhallen selbsttätig belüftet, kühlt, heizt oder verdunkelt, hilft dabei, den Energieverbrauch zu optimieren.
  • LED-Lampen sorgen für energieeffiziente Beleuchtung.
  • Informieren Sie sich über Fördermöglich­keiten Ihrer geplanten Vorhaben im jeweiligen Bundesland.
  • Bei Sanierungen von Bestandsbauten gilt es vor allem die Fensterverglasung und die Dämmung von Dach und Außenhülle ins Visier zu nehmen. Je weniger Energie entweicht, desto mehr wird gespart.