Neue Autfräge aus dem Netz Onlinemarketing für Gründer

Jeder zweite Surfer lässt sich durch Empfehlungen oder Google-Anzeigen inzwischen zum Kauf anregen. Nutzen Sie die Chance, gezielt neue Kunden in der Region für sich zu gewinnen.

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    © Cartoon: Dirk Meissner
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    © Chart: handwerk magazin
    Mundpropaganda zählt auch im Netz: Über die Hälfte der Surfer vertraut beim Kauf auf die Ratschläge Dritter.

Übers Netz zu neuen Aufträgen

Treppenbauer Ralph Hornung im hessischen Hofbieber hatte genug vom klassischen Sommerloch. Dann bekam er von einem Bekannten den Tipp, es doch einmal mit Terrassenüberdachungen als zusätzliches Geschäftsfeld zu versuchen. Der Schreinermeister informierte sich über die Technik und startete zunächst mit einer selbst gebastelten Homepage in die Vermarktung. Als er merkte, dass in dem Geschäft „richtig was geht“, investierte er in einen professionellen Webauftritt und schaltete über die Sommermonate Anzeigen bei Google-AdWords.

Mit großem Erfolg: Sein Budget von 30 Euro pro Tag bringt in der Woche fünf bis zehn Anfragen, daraus ergeben sich im Schnitt vier bis fünf Kundentermine, jeder zweite wird zum Auftrag. „Die Werbung bei Google ist für regionale Anbieter ideal, ich kann mein Budget jederzeit flexibel steuern und lege im Winter einfach eine Werbepause ein“, erklärt Hornung seine Strategie.

Jeder Zweite kauft wegen Werbung

Dass sein Erfolg kein Zufall ist, belegt eine aktuelle Studie des Bundesverbands Informationswirtschaft und Telekommunikation (Bitkom) in Berlin. Danach haben sich 56 Prozent der Internetnutzer bereits durch eine Onlinewerbung zum Kauf oder zu einer Bestellung anregen lassen (siehe Chart rechts). In Kombination mit der Tatsache, dass sich 80 Prozent der Kunden bereits vor dem Kauf im Netz über Produkte und Anbieter informieren, entwickelt sich das Onlinemarketing zum wichtigsten Kundenbringer. Dabei hat sich die klassische Mundpropaganda laut Bitkom weitgehend in die Onlinewelt verlagert. Wurden früher noch Freunde und Nachbarn persönlich nach ihren Erfahrungen befragt, vertraut der moderne Konsument inzwischen auch gerne den Empfehlungen seiner Netzwerk-Freunde oder anderen Käufern eines Onlineshops.

Handwerkliche Onlinepioniere wie Malermeister Werner Deck in Eggenstein-Leopoldshafen nutzen diesen Trend inzwischen nicht nur für das eigene Geschäft, sondern wollen auch ihre Kollegen vom Nutzen einer eigenen Homepage und gezieltem Marketing überzeugen. Da bislang nur grobe Schätzungen darüber existieren, wie viele Handwerker inzwischen eine eigene Homepage haben, hat Maler Deck auf eigene Faust bei 1.600 Betrieben nachgeforscht. Das ernüchternde Ergebnis: nur 54 Prozent der Betriebe haben einen eigenen Webauftritt, der Rest findet im Internet (noch) nicht statt.

Mit der Folge, dass die Offlinehandwerker auch auf gezieltes Onlinemarketing in ihrer Region verzichten. Zwar lassen sich Anzeigen bei Google (mehr Info siehe unten) auch ohne eigene Homepage schalten, doch die meisten Interessenten wollen mehr über einen Anbieter wissen - und finden dann nur einen mageren Standardeintrag beim Social-Media Ableger „Google plus“ oder eine auf die Schnelle mit dem Google-Werkzeugkoffer gebastelten Homepage.

Die besten Suchbegriffe finden

Ralph Hornung hat den Unterschied zwischen Profiauftritt und selbst gebastelter Variante bei seinem neuen Geschäftsfeld Terrassenüberdachung getestet. Um das für den Erstkontakt notwendige Vertrauen herzustellen, ist nach seiner Erfahrung eine professionelle Homepage erforderlich. Sparen lasse sich dagegen beim Schalten der Online-Werbung, die man als einigermaßen internetaffiner Unternehmer durchaus selbst übernehmen kann: „Ich nutze die ruhigen Wintermonate, um mein AdWords-Marketing zu optimieren.“

Inzwischen hat er ein gutes Gespür dafür entwickelt, nach welchen Begriffen die Interessenten suchen, darüber hinaus hilft ihm die Google-Auswertung, die wirklich besten Suchwörter (Keywords) zu identifizieren. Natürlich hat es den im Onlinemarketing bis dato gänzlich unerfahrenen Schreiner einige Zeit gekostet, sich in die Adwords-Welt einzuarbeiten, doch die Mühe hat sich gelohnt: mit Terrassenüberdachungen erzielte Ralph Hornung in wenigen Monaten stolze 30.000 Euro Zusatzumsatz.

Website-Optimierung: Gezielt neue Kunden aus der Region anlocken

Global suchen, lokal finden die altbekannte Marketingregel ist im Zeitalter der weltweiten Datennetze für regional orientierte Anbieter wichtiger denn je. Michael Kaindl, Experte für Online-Marketing bei der Synchron GmbH in Lauingen, erklärt die wichtigsten Schritte.

Suchbegriffe festlegen

Wie oft wird nach Ihren Produkten und Dienstleistungen im Netz gesucht? Welche Suchbegriffe (englisch keywords) verwenden die Nutzer? Was kostet eine Anzeige bei Google-Adwords für diesen Begriff? Nur wer weiß, was potenzielle Kunden wirklich suchen, kann gefunden werden. Um griffige (und bezahlbare) Suchwörter zu erhalten, sollten Sie nicht nur Kunden und Mitarbeiter fragen, sondern auch das Keyword-Tool von Google nutzen. Ziel ist es, drei bis fünf Keywords mit den entsprechenden Wortfamilien zu identifizieren.

Website optimieren

Um den Auftritt inhaltlich und technisch für Ihr Einzugsgebiet zu optimieren, sollten neben den Keywords auch die Postleitzahl und wichtige Ortsnamen in der Umgebung in den Inhaltstexten und im „title“ der Anzeige im blauen Balken der Browseranzeigen erscheinen. Ergänzen Sie neue Seiten, geben Sie diesen ein klar umrissenes Thema, ideal sind etwa Informationen zu regionalen Veranstaltungen mit entsprechender Bilderstrecke.

Netzwerke nutzen

Mit einem Eintrag bei Qype (mit Bild!), dem Marktführer der Bewertungsplattformen, lässt sich das Google-Ranking massiv verbessern. Aufgrund der inzwischen sechsstelligen Besucherzahlen pro Frage lohnt es sich zudem, sich auf www.gutefrage.net als Experte in der jeweiligen Branche zu positionieren und so direkt neue Kunden zu gewinnen. Ein Firmenprofil bei Facebook und/oder Twitter ist zwar (noch) kein absolutes Muss, zeugt aber von Zeitgeist und verbessert über die Verlinkung (siehe nächster Punkt) zudem die Platzierung bei Google.

Links aufbauen

Je mehr Seiten auf Ihre Firmenhomepage verlinken, desto besser ist das Ranking bei Google. Fordern Sie Kunden, Geschäftspartner und Lieferanten deshalb aktiv auf, zu Ihrer Homepage zu verlinken. Gleiches gilt für Vereine, soziale Einrichtungen oder andere regionale Interessengruppen, die Sie künftig nur gegen entsprechende Verlinkung unterstützen sollten.

Google-Ranking prüfen

Wer exakt wissen will, wo er bei Google steht, muss im Webprotokoll (wird beim Suchergebnis rechts oben angezeigt) die „Anpassungen auf Grundlage der eigenen Suchaktivitäten“ deaktivieren und Deutschland als Standort wählen. Ansonsten rückt Google die Lieblingsseiten oder Seiten mit Regionalbezug automatisch nach oben. Mit der Folge, dass die eigene Position beim Googletest viel besser eingeschätzt wird, als sie andere Nutzer ohne entsprechende Voreinstellungen tatsächlich sehen.

Geschäftsmodell: Die eigenen Stärken im Netz umsetzen

Von Google über Wikipedia bis Youtube - das Internet ist voll von atemberaubenden Erfolgsgeschichten. Doch Vorsicht: Was in der realen Welt prächtig funktioniert, verkauft sich im Netz nicht automatisch. Um Kunden zu gewinnen, brauchen Sie vor allem ein webfähiges Geschäftsmodell.

Idee entwickeln

Sie können schnell und flexibel auch kniffelige Arbeiten erledigen? Oder liegt Ihre Stärke vor allem bei kreativen und ausgefallenen Angeboten? Je enger Sie sich in der virtuellen Welt an Ihren Stärken orientieren, desto größer sind die Erfolgschancen. Da das Handwerk vor allem von der Individualität lebt, sind maßgeschneiderte Konzepte von der Möbelfront bis hin zu Maßhemd und der Pralinenmischung besonders beliebt. Dabei muss es keineswegs immer der Direktverkauf sein: mit einem Traumhausberater oder der virtuellen Badplanung können auch solche Branchen neue Kunden gewinnen, deren Leistung nicht in ein Postpaket passt.

Marktfähigkeit testen

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Ihr geplantes Angebot ankommt, sollten Sie Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner nach ihrer Einschätzung fragen. Wer schon eine Homepage hat, kann per Voting auch direkt die Meinung der Online-Gemeinde abfragen. Gibt es bereits vergleichbare Angebote im Netz, muss klar sein, welche besonderen Vorteile das eigene Angebot bietet. Reines Nachahmen hat auch online wenig Aussicht auf Erfolg.

Businessplan erstellen

Bis wann soll sich das neue Angebot rechnen? Wie viel Geld und Zeit benötigen Sie? Gibt es Partner, die das Projekt mittragen können? Selbst wenn Sie für Ihr Online-Modell zunächst kein Geld von der Bank brauchen, ist ein Businessplan sinnvoll, der Kosten und Erlöse im Zeitablauf gegenüberstellt. So bleibt das Risiko kalkulierbar und Sie können rechtzeitig aussteigen, wenn sich die Erwartungen nicht erfüllen.

Probelauf durchführen

Bevor Sie das neue Angebot im weltweiten Datennetz freischalten, sollten Sie je nach Aufwand drei bis zehn Anwendungstests von externen Dritten durchführen lassen. Dabei geht es nicht nur darum, dass etwa die Bestellung aus dem Shop ordnungsgemäß eintrifft, sondern auch um die logistische Abwicklung inklusive Paketversand.

Erfolgreich durchstarten

Sind alles Tests gut verlaufen, können Sie das Angebot freischalten. Nutzen Sie die ersten Wochen zum Sammeln von Erfahrungen und für den Feinschliff. Sind alle Kinderkrankheiten beseitigt, können Sie das Online-Marketing forcieren.

Konzept aktualisieren

Auch wenn Ihr Geschäftsmodell prima ankommt, es gibt immer Raum für Verbesserungen. Fragen Sie Ihre Kunden daher regelmäßig nach ihrer Zufriedenheit und bleiben Sie immer offen für neue Ideen.

Netznutzung: Online-Info vor dem Kauf

79 Prozent der Kunden informieren sich vor einem Kauf im Geschäft im Netz über Produkte und ihre Preise.