Transporter mit Kostenbremse

Nutzfahrzeug-Neuheiten | Die IAA in Hannover glänzte wieder mit zahlreichen Weltpremieren. Beherrschende Themen waren aber wie bei den Pkw die Suche nach Kostenbremsen und alternative Antriebe.

Transporter mit Kostenbremse

Auf Messen wird heute kaum noch Revolutionäres gezeigt, Indikatoren für kommende Trends sind sie jedoch allemal. Die Nutzfahrzeug-IAA 2008 in Hannover ist das beste Beispiel: Keine Revolution, feine Evolution – und zwar an allen Ecken und vor allem Kanten.

Fiat:Ducato mit Erdgas

Natürlich waren alternative Antriebe ein Thema. Fiat Professional – schon seit langem ein Pionier in Sachen Erdgas-Antrieb – forciert sein Angebot und bietet neben dem neuen Kompakt-Lieferwagen Fiorino nun auch wieder den Ducato mit Erdgas an. Während der Fiorino in einer klassischen bivalenten Ausführung angeboten wird (ab Herbst 2009, Aufpreis zirka 3000 Euro), kommt der Ducato in einer fast monovalenten, also rein auf Erdgasbetrieb ausgerichteten Version mit kleinem Zusatztank für Benzin. Der Mehrpreis werde zwischen 4000 und 4500 Euro liegen, so Fiat, die Reichweite bei 400 km, erweitert um rund 120 km mit einem kleinen Benzinvorrat für Notfälle. Als Antrieb dient der schon aus dem Iveco Erdgas-Daily bekannte, drei Liter große Vierzylinder, der eine allseits gelobte, bärenstarke Dieselcharakteristik bietet. Der Erdgas-Ducato wird bereits ab kommendem Frühjahr beim Händler stehen.

Noch einen Schritt weiter geht Fiat mit einer vorläufig noch als Studie bezeichneten Elektro-Version des Fiorino. Den monovalenten Elektro-Antrieb soll es in einer preisgünstigen (ab 18900 Euro) „70/70-Variante“ und in einer anspruchsvolleren „100/120“ Variante geben. Die erste Zahl bezeichnet dabei die Höchstgeschwindigkeit in km/h, die zweite die Reichweite in Kilometer. Der Elektro-Fiorino mit dem längeren Atem kostet dabei mit 35000 Euro fast doppelt so viel wie die 70/70-Variante. Kein Wunder, denn die Kapazität der teuren Lithium-Ionen-Batterien ist dabei doppelt so groß.

Hybrid bleibt Zukunftslösung

Von kaufbaren Hybrid-Lösungen ist man dagegen noch weit entfernt. Isuzu und Nissan zeigten einen Leicht-Lkw in Hybrid-Aufmachung, kommen aber der Serienreife in diesem Segment kaum näher. Mitsubishi und Daimler sind da schon deutlich weiter. Mitsubishi hat den Fuso Canter bereits in Japan als kaufbaren City-Lkw im Angebot. Beide Hersteller testen sowohl Canter und Atego als hybride Leicht-Lkw bei der Post in London. Einig ist man sich unter allen Herstellern: Der Hybrid-Lkw macht nur in Ballungsgebieten Sinn, und er wird nicht billig.

Nissan: Einfacher Pick-up

Zum Thema preiswert und simpel gibt es andere Konzepte. Zum Beispiel den Einfach-Pick-up NP 300 von Nissan. Der bewusst unprätentiös und im schlichten Gewand des Vorjahresmodells daherkommende Eintonner-Pick-up ist, so Nissan, ein Angebot an alle, die ihr Fahrzeug im Arbeitsalltag „hart rannehmen“. Erhältlich als Einzel- oder Doppelkabiner und zweisitziger King Cab mit verlängerter Kabine ist der NP 300 günstiger als der edlere Pick-up Nissan Navara.

Ford: Transit mit Allrad

Was bei Ford vor zwei Jahren noch als Studie angekündigt war – nämlich der Transit als Allrad-Transporter – ist nun kaufbar, und zwar in nahezu allen Varianten. Sehr kundenfreundlich auch die Ausgestaltung der Ausstattungslisten. Ab sofort gibt es die beiden Linien „Basis“ für einfach mit weniger Komfort und „Trend“ für mehr Komfort. Im Segment der Kompakt-Lieferwagen ergänzen die Kölner ihr Nutzfahrzeug-Programm nach unten mit einer Neuauflage des Ford Fiesta Van. Sehr einfach vom Pkw-Modell abgeleitet und mit verblechten Seitenfenstern zum Lieferwagen gestempelt, war dem Fiesta Van bislang nur bescheidender Erfolg vergönnt. Und mehr als 300 Stück pro Jahr sieht Ford auch beim neuen Modell nicht. Mit dem geringen Platzangebot und der hohen Ladekante konkurrieren potentere und für den Lieferverkehr geeignetere Fahrzeugmodelle wie Fiorino, Bipper, Nemo oder Kangoo Compact.

VW: Ab 2009 mit Pick-up

Volkswagen hat eine eigene Pick-up-Studie auf die Räder gestellt. Der noch namenlose VW-Pick-up wird ab 2009 in Südamerika und Südafrika angeboten, erst 2010 kommt der elegant gezeichnete Allradler nach Europa – mit, wie es hieß, „sehr wirtschaftlichen VW-Dieselmotoren“ unter der Haube.

Wesentlich zeitnäher, nämlich ab sofort, ist der Caddy in einer Allradversion erhältlich. Der „4Motion“-Caddy wird vorzugsweise vom 105-PS-TDI angetrieben. Seine Haldex-Kupplung schaltet bei Schlupf zwischen Vorder- und Hinterrädern automatisch die Hinterachse zu. Das geschieht hydraulisch und elektronisch geregelt und stufenlos über eine Lamellenkupplung. Der Fahrer muss dabei gar nichts tun, die Bedienung bleibt also Caddy-typisch einfach.

Mit dem Crafter in „Blue Motion“-Aufmachung setzt VW bei den Nutzfahrzeugen fort, was schon seit längerem bei den Pkw-Modellen üblich ist: das „Umweltmodell“ gegen Aufpreis. Blue Motion steht dabei für optimierte Umweltverträglichkeit beziehungsweise signifikante Verbrauchssenkung und damit einhergehend CO2-Minderung. Beim 3,5-Tonner Crafter setzt VW hier hauptsächlich auf die SCR-Abgasnachbehandlung durch das Einspritzen einer wässrigen Harnstofflösung („AdBlue“). Dieses SCR-Verfahren (Selektive Katalytische Reduktion) ist bei den schweren Lkw längst gang und gäbe und gut eingeführt. Im Gegensatz zur Abgasrückführung sorgt das SCR-Verfahren für niedrigere Verbräuche, weil auf die Entstehung von Stickoxiden keine Rücksicht genommen werden muss – sie werden ja im Auspuff komplett zu harmlosem Stickstoff und Wasser reduziert. Deshalb kann der Motor nun in seinem „heißen“ Bestpunkt laufen, wo er sein Verbrauchs-Minimum erreicht.

Weiterer Feinschliff in der Aeroydynamik der Front- und Heckpartien sowie die Rückgewinnung von Bremsenergie zur Batterieladung ergänzen die „Blue Motion“-Maßnahmen zum besonders umweltfreundlichen Volkswagen Crafter.

Peugeot: Leichter Aufbau

Immer leichtere Materialien für Kofferaufbauten lassen den klassischen Koffer für den geschwindigkeitsunbeschränkten 3,5-Tonner-Transporter immer attraktiver werden. Peugeot arbeitet auf diesem Gebiet schon länger mit dem Aufbauhersteller Durisotti zusammen.

Die Italiener realisieren einen bis zu 25 Kubikmeter großen Aero-Aufbau mit dem Tiefrahmen-Fahrgestell des Boxers. Aber auch Opel zeigte auf der IAA-Nutzfahrzeuge in Hannover erstmals auf Basis des sehr leichten Movano-Fahrgestells eine Koffer-Lösung von Ehrhardt für bis zu 1400 kg Nutzlast. Die erreicht man zwar nur, wenn man so nützliche Dinge wie eine Ladebordwand weglässt – aber immerhin.

Damit konkurriert dieser Koffer aus federleichtem Monopan-Wabenpaneel durchaus mit den nutzlaststärksten Kastenwagen. Mit einer Ladebordwand liegen die Nutzlasten dieser 3,5-Tonner mit Kofferaufbau praktisch durch die Bank bei knapp 1100 Kilo. Für volumenorientierte Frachten reicht dieser Wert allemal.

Robert Domina

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de