Liquiditätsmanagement Bürgschafts- und Kreditversicherungen: Die Policen im Tarifvergleich

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Das Handwerk kämpft mit extrem steigenden Preisen, die Baubranche 2023 zudem bereits mit rückläufigen Aufträgen. Handwerker sollten jetzt Zahlungsausfälle absichern – per Kreditversicherung und Bürgschaft. So funktionieren die Policen. Dazu finden Sie alle Konditionen auf einen Blick in der Konditionenübersicht.

Thomas Wierig, Prokurist der Wierig GmbH Dach und Fassade.
Thomas Wierig, Prokurist der Wierig GmbH Dach und Fassade: "Der Kreditversicherer prüft unsere Kunden – wir hatten noch nie einen Forderungsausfall." - © Rudolf Wichert

Das Baugewerbe verzeichnet für 2022 einen Anstieg bei den Insolvenzen von 17,3 Prozent auf 2.440 Pleiten. „Die anhaltende Inflation, die steigenden Zinsen und Energiekosten sowie eine zunehmend verschärfte Wettbewerbssituation gehen vielen Unternehmen an die Substanz“, erläutert Patrik Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Er rechnet mit deutlich mehr Insolvenzen im laufenden Jahr – nicht nur im Baugewerbe.

Die Kreditversicherer teilen diese Einschätzung: „Wir halten einen klaren Anstieg für wahrscheinlich“, sagt etwa Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Assekuranzen schätzen, dass in diesem Jahr die Zahl der Insolvenzen um bis zu 20 Prozent steigt. Grund seien die „toxischen Effekte“ gleichzeitiger Krisen: „Der Ukraine-Krieg, die hohe Inflation und die pandemiebedingt angespannten globalen Lieferketten sorgen für eine sinkende Zahlungsmoral“, so Langen. Die verschlechterte Lage in der Wirtschaft spüren die Kreditversicherer bereits anhand deutlich gestiegener Leistungsfälle. In der Warenkreditversicherung sind nach einer Prognose des GDV die Schäden im Jahr 2022 um 50 Prozent auf 319 Millionen Euro gestiegen. Dennoch gibt es bisher keine nennenswerten Prämiensteigerungen. „Wenn Kunden Schäden hatten, gibt es eine Erhöhung. Aber marktweit stellen wir noch keine Steigerung fest“, sagt Makler Stefan Reims aus Linden.

Trend zu mehr Insolvenzen

Mit dem Trend zu mehr Insolvenzen steigt für Handwerker das Risiko, dass Kunden ihre Rechnung nicht begleichen. Gut stehen jene Unternehmer da, die eine Warenkreditversicherung - kurz: Kreditversicherung - haben, denn ihre Forderungen sind abgesichert. Gerät der Kunde in Zahlungsverzug tritt der Schadenfall ein und die Warenkreditversicherung greift – auch ohne Insolvenz des Kunden. Dieser muss lediglich zuvor bereits mehrmals gemahnt worden sein. Dann zahlt der Versicherer und treibt die Forderung selbst ein.

Das ist das Grundprinzip. Doch im Detail sind die Tarife mit einschränkenden Klauseln versehen. So gewährt die VHV Versicherung beispielsweise nach drei Monaten, die R+V Versicherung schon nach zwei Monaten Versicherungsschutz (siehe Download). Wichtig ist, auf die Höhe des Abschlags auf Vorabzahlungen zu achten: Meist werden 90 Prozent der Forderung im Leistungsfall an den Versicherten gezahlt. Nur wenn das Inkasso erfolgreich verläuft und der Versicherer 100 Prozent der Forderung nebst Nebenforderungen erhält, zahlt er bei der Endabrechnung den Einbehalt aus. Im Insolvenzfall sieht das anders aus – dann greift ein Selbstbehalt, den der Handwerker tragen muss. Dieser liegt zwischen zehn und 30 Prozent.

Mehrwert der Kreditversicherung

Wer einmal eine Police abgeschlossen hat, will darauf meist nie mehr verzichten. Das gilt beispielsweise für den gelernten Estrichleger Michael Rose. „Die Sicherheit durch die Warenkreditversicherung ist mir viel wert“, sagt der Geschäftsführer der Fußbodenbau Rose GmbH aus Hüttenberg. Er erhält bei allen größeren Aufträgen bei Insolvenz eines Kunden den Forderungsausfall weitgehend ersetzt. „Bisher hatten wir glücklicherweise noch keinen Schaden“, freut sich Rose. Dies sei wohl auch den regelmäßigen Bonitätsprüfungen durch den Versicherer geschuldet. „Die Auskunft der Assekuranz über unsere alten oder neuen Kunden wiegt für uns schon höher als die allgemeinen Bonitätshinweise der klassischen Auskunfteien“, erläutert Rose. Zwar komme es selten vor, doch wenn die Assekuranz vom Geschäft mit Zielzahlung abrate, handelt der Unternehmer. „Dann verlange ich Vorkasse oder verzichte auf den Auftrag.“

Die Bonitätsprüfung schützt

Auch Thomas Wierig ist überzeugt von der Warenkreditversicherung. Der Prokurist der Wierig GmbH Dach und Fassade aus Siegburg sagt: „Wir hatten noch nie einen Forderungsausfall. Das verdanken wir wohl auch der Versicherung.“ Denn Wierig hat auch Bauprojekte, bei denen sein Kreditversicherer, die R+V, nicht sofort bereit ist, ausreichenden Schutz zu gewähren – insbesondere bei sehr jungen Gesellschaften. „Bei ihnen kann der Kreditversicherer die Bonität schwer einschätzen. Wir geben den Fall dann an unseren Kreditversicherungsmakler GfK aus Köln und er verhandelt mit der R+V – bisher immer erfolgreich“, betont Wierig. Hintergrund der Schwierigkeiten ist das Fehlen älterer Bilanzdaten bei jungen Unternehmen. „Das ist die Grundlage, auf der Kreditversicherer ihre Deckungszusagen gewähren“, erläutert Experte Angelo Piazzoli von der GfK. In solchen Fällen versorgt er den Versicherer mit weiteren Daten.

Bonitätsrating verbessern

Wie wichtig eine Kreditversicherung ist, zeigt sich eben auch daran, dass Unternehmer das Bonitätsurteil der Versicherer zur Auswahl ihrer Geschäftspartner nutzen können. „Für uns ist die Warenkreditversicherung ein Management-Tool“ sagt etwa Bernhard Westerhorstmann, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Bauzentrums aus Delbrück. Die Bonitätsprüfung durch den Kreditversicherer sei eine wichtige Hilfe, über die mit den Kunden offen kommuniziert werde. „Wir verhelfen unseren Kunden zu einem besseren Rating. Denn wir weisen sie ja darauf hin, dass dem Versicherer wohl wichtige Zahlen oder ein Jahresabschluss fehlen, um ihre Kreditwürdigkeit sicher zu beurteilen“, so der Diplomkaufmann. Sein Tipp: In den Krisenjahren 2003 bis 2006 gab es oft Folgeinsolvenzen bei Handwerkern, weil Bauträger ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen konnten. Von einer ähnlichen Entwicklung könnte die Branche heute erneut betroffen sein. Davor schützt eine Warenkreditversicherung.

Makler prüfen Konditionen

Zurück zu Thomas Wierig. Er ist zufrieden mit den Verhandlungen, die die GfK regelmäßig führt, um für ihn sehr gute Konditionen auszuhandeln oder aufrechtzuerhalten. Makler Piazzoli: „Wir schreiben den Versicherungsschutz für unsere Kunden regelmäßig bei allen Kreditversicherern am Markt aus und prüfen, ob bessere Prämien oder Konditionen möglich sind.“ Dabei werden die Versicherungssummen (Limits) vorgeprüft. „Hohe Prämienvorteile nutzen Kunden nichts, wenn sie keinen ausreichenden Versicherungsschutz erhalten“, warnt er.

Wierig hat sich mittlerweile über die GfK auch gegen die Insolvenzanfechtung abgesichert. Das bedeutet: Wenn ihn ein Insolvenzverwalter anschreibt und zur Rückgabe von erhaltenen Zahlungen eines inzwischen insolventen Kunden auffordert, greift diese Police. „Wir wollen Sicherheit im Gesamtpaket“, begründet er. Auch hier ist der Unternehmer komfortabel aufgestellt: „Die R+V bietet eine zusätzlich buchbare Versicherungssumme zu einem akzeptablen Preis“, sagt Piazzoli. Demgegenüber würde der Insolvenzanfechtungsschutz am Markt bei anderen Anbietern nur als separater Vertrag angeboten. „Das wird dann teuer.“ Konkret: Bei einem Deckungsschutz von 500.000 bis drei Millionen Euro wird für die Insolvenzanfechtung eine Prämie von etwa 7.500 bis 40.000 Euro pro Jahr fällig.

Prämien für Kreditversicherungen

Die Prämien für Warenkreditversicherungen sind am Markt extrem unterschiedlich. So hat beispielsweise die VHV 2022 ihr Produkt für die Baubranche „runderneuert“. Nun gibt es einen Einstiegstarif für knapp 730 Euro brutto pro Jahr. Nebeneffekt einer solchen Police: Sie fördert potenziell die Zahlungsmoral. Denn auf Rechnungen und Mahnungen steht ein Hinweis auf den Kreditversicherer. Das mache Eindruck. Achtung: Wierig meldet seinem Makler, wenn Zahlungen lange ausbleiben, ohne dass es Bonitätsschwierigkeiten gibt. Diese Überfälligkeitsmeldungen sind verpflichtend.

Ergänzende Bürgschaft nutzen

Einen zusätzlichen Schutz bieten Bürgschaften – Dachdecker Wierig nutzt sie, wenn er mit Kunden einen Zahlungsplan mit Vorauszahlung vereinbart hat. Der Bürgschaftsgeber – Bank oder Versicherung – garantiert Wierigs Kunden, dass sie ihre Vorauszahlung zurückerhalten, wenn Wierig seinen Job nicht erledigt. Für diese Sicherheit verzichten die Kunden auf das Recht, zehn Prozent der Vorauszahlungssumme einzubehalten. Für Wierig ist die Bürgschaft also ein Mittel, früher an sein Geld zu kommen – ein gutes Liquiditätsbeschaffungsinstrument.

Definitionen: Diese Bürgschaften sichern die Liquidität

Mit einer Bürgschaft können Handwerker verhindern, dass ihre Kunden bei Vorauskasse einen Sicherheitseinbehalt einfordern.

  • Vertragserfüllungsbürgschaft
    Die Hausbank oder ein Versicherer verbürgt sich für die vertragsgemäße Erfüllung des Auftrags. Der Kunde minimiert das Risiko, dass der Handwerker die vereinbarte Leistung in der vereinbarten Zeit nicht erbringt. Mit der Bürgschaft vermeidet der Handwerker einen Sicherheits-einbehalt (meist zehn Prozent).
  • Ausführungsbürgschaft
    Wird meist in der Baubranche genutzt. Grundsätzlich muss der Handwerker seinen Ausführungsverpflichtungen gemäß VOB/B (§ 4 Nr. 7) nachkommen und Ausführungsmängel zeitnah (spätestens vor Abnahme) beseitigen. Mit der Ausführungsbürgschaft werden die übernommenen Verpflichtungen aus einem Bauvertrag zur Ausführung bis zur vollständigen Abnahme eines Baugewerkes durch den Kunden (Bauherren) abgesichert. Die Bürgschaftssumme einer Aus-führungsbürgschaft liegt meist bei zehn Prozent der Gesamtauftragssumme.
  • Anzahlungsbürgschaft
    Der Kunde zahlt im Voraus, ohne dass bereits eine Leistung erbracht wurde. Die Anzahlungsbürgschaft sichert die Zahlung bei Nichterfüllung des Vertrags ab.
  • Gewährleistungsbürgschaft
    Hausbank oder Versicherer des Handwerkers verbürgen sich für Mängel aus der Handwerkerleistung innerhalb der gesetzlichen Fristen. Dies löst den Sicherheitseinbehalt ab (oft fünf Prozent).

Tipp für Handwerker: Wählen Sie eine Versicherung als Bürgen – keine Bank. Die Vorteile: Die Assekuranz fordert meist keine Sicherheiten bei Bürgschaftsrahmen bis 100.000 Euro. Zudem sind Versicherungspolicen meist günstiger. Noch ein Plus: „Die Versicherungsbürgschaften belasten die Kreditlinie der Bank nicht“, erklärt Klaus Blumensaat, Versicherungsberatung adversi aus Mühlheim. Damit würden das Firmenrating, der Spielraum für Skonto-Zahlungen und das Zinsergebnis verbessert. „Der Wettbewerb gegen Banken hat die R+V, Allianz, Zurich, Axa, VHV und die Öffentlichen Regionalversicherer auf den Plan gerufen“, freut sich Holger Schnittker, Versicherungsmakler aus Steinfeld. Das verbessere die Konditionen für die Nutzer.

Und diese reagieren bereits: „Wir spüren eine verstärkte Nachfrage seitens der Unternehmen“, sagt Ulf Papke, Versicherungsmakler und Initiator des Internetvergleichsportals Buergschaft24. Er unterstützt Handwerker, wenn sie mit ihrer Bürgschaft von der Bank zur Versicherung oder den Versicherer wechseln wollen, etwa, weil sie bessere Konditionen erhalten möchten. „Eine eventuelle Umschuldung der Bürgschaft ist einfach. Der Handwerker muss seinen Kunden nur die neuen Bürgschaftsurkunden aushändigen“, so Papke.

Natürlich prüfen auch die Versicherer vor einer Bürgschaftsübernahme die Bonität des Handwerkers, doch das ist meist in zwei Tagen erledigt. Bleibt das Unternehmen gesund, erfolgt einmal pro Jahr eine Bonitätsprüfung mit automatischer Vertragsverlängerung.