Fuhrparkmanagement Tachografenpflicht: Bußgelder vermeiden

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Die sogenannte Handwerker-Regelung befreit die Betriebe meist von der Pflicht, in Firmenfahrzeugen bis 7,5 Tonnen einen digitalen Tachografen zu führen. Greifen die Ausnahmen nicht mehr, zieht es einen Rattenschwanz an verbindlichen Aufgaben nach sich.

Michael Kremer von der R+S-­Gruppe
Laut Michael Kremer von der R+S-­Gruppe sind die Fahrtenschreiber­regelungen einfach einzuhalten. - © Tim Wegner

Seit Inkrafttreten des EU-Mobilitätspaketes Ende August 2020 ist es offiziell: Ab 1. Juli 2026 gilt die Fahrtenschreiberpflicht für Fahrzeuge ab 2,5 bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht (zGG) im grenzüberschreitenden Verkehr, die sich zum Gütertransport eignen. Weiterhin ausgenommen bleiben Handwerker und deren Fuhrparks – wie bisher schon bei Fahrzeugen ab 3,5 bis 7,5 Tonnen zGG im innerdeutschen Verkehr, die sich in einem Radius von 100 Kilometern um den Unternehmenssitz bewegen und bei denen das Lenken nicht Haupttätigkeit des Fahrers ist. Zudem sind explizit Fahrzeuge befreit, die Transportbeton liefern oder Baumaschinen für Baufirmen im besagten Umkreis befördern. Sobald Handwerksbetriebe jedoch nicht herausfallen, müssen Arbeitgeber und -nehmer eine Menge Vorgaben erfüllen.

Fünf fahrberechtigte Mitarbeiter

Michael Kremer beschäftigt sich seit seinem Dienstantritt als Bereichsleiter Fuhrpark bei der R+S-Gruppe vor zehn Jahren mit der Nutzung digitaler Tachografen im Handwerk. Insbesondere die damit einhergehenden Vorschriften zur Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten haben darin gemündet, den Bestand auf zwei Firmen­wagen bis 7,5 Tonnen zGG zu reduzieren, die der Fahrtenschreiberpflicht unterliegen. „Darüber hinaus sind mit der Umstellung auf die EU-Führerscheinklassen und der jünger werdenden Belegschaft immer weniger Mitarbeiter berechtigt, Fahrzeuge über 3,5 Tonnen zu fahren“, erläutert Kremer, der insgesamt für rund 600 Fahrzeuge zuständig ist. Infolgedessen gibt es beim Dienstleister für Gebäude-, Schiffs- und Industrietechnik nur noch fünf berechtigte Fahrer für die zwei Kfz mit digitalem Fahrtenschreiber. „Und diese werden auch nur am Hauptsitz in Fulda als größtem Standort eingesetzt, weil wir hier die Lenk- und Ruhezeiten sowie die umfangreichen Dokumenta­tionspflichten nachhalten können.“

Eines der zwei Fahrzeuge ist ein Koffer-Lkw mit Laderampe, der zum Transport von Materialien zu Messen oder Baustellen dient und regelmäßig mehr als 100 Kilometer von der Zentrale entfernt ist. Beim anderen handelt es sich um einen Kipper für den Garten- und Landschaftsbau, der zu 95 Prozent innerhalb der 100 Kilometer tourt. Dennoch muss R+S auch hier konsequent den digitalen Tachografen führen. Beide Lkw legen jeweils rund 10.000 Kilometer pro Jahr zurück.

Da die gesetzlichen Vorgaben eine permanente Kontrolle erfordern, werden die Schlüssel in der Fuhrpark-Abteilung aufbewahrt. „Dadurch behalten wir den Überblick und können den Zugriff auf die Mitarbeiter mit Fahrerkarte beschränken“, so Kremer. Denn nur diese sind berechtigt, die Fahrzeuge zu nutzen. Er ergänzt: „Diese Handvoll fährt großteils ebenfalls mit Transportern oder auf Strecken, die in die Handwerker-Regelung fallen. Sobald bei ihnen aber die Fahrtenschreiberpflicht wieder greift, ist nachzuweisen, was sie in den vergangenen 28 Tagen vor dem Einsatztag gemacht haben.“

Den Zeitraum prüft Kremer jedes Mal mit einer Software, die der Terminverwaltung, Dokumentation und Datenprüfung dient und die Daten entsprechend den Vorschriften sichert. Und er füllt damit auch den Tätigkeitsnachweis aus, den der Mitarbeiter bei Fahrten mit einem der zwei Nutzfahrzeuge mit digitalem Tachografen bei sich führen und bei Kontrollen vorlegen muss.

„Bei der Schlüsselübergabe weisen wir ihn jedes Mal auf die entsprechenden Vorschriften hin, die richtige Einstellung des Fahrtenschreibers oder erklären diesen noch mal. Denn es muss auch die ‚Lücke‘ auf der Fahrerkarte seit der letzten Benutzung am Gerät entsprechend nachgebucht werden“, sagt der Fuhrpark­leiter. Zudem muss er die Daten genau pflegen und dokumentieren. Dazu gehört, die Fahrerkarten und Kontrollgeräte regelmäßig auszulesen und zu speichern.

Fallstricke bei der Umsetzung sieht Kremer nicht. „Die Regelungen sind einfach einzuhalten. Es bedeutet einen gewissen Aufwand, aber es dient ja dem Schutz der Fahrer.“ Deshalb schauen auch die Behörden genauer hin. Kremer fallen spontan zwei Fälle ein, in denen das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) die zwei Fahrzeuge mit digitalem Tacho angehalten hat. „Es war alles in Ordnung“, resümiert Kremer.

Gesetzlicher Rahmen

Eine maßgebliche Vorschrift zur Fahrtenschreiberpflicht stellt die EU-Verordnung VO 561/2006, die die Lenk- und Ruhezeiten sowie den Einsatz des digitalen Tacho­grafen für alle gewerblich genutzten Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen zGG grundsätzlich verpflichtend macht, dar. „Eine weitere Vorschrift ist die EU-Verordnung 165/2014, welche die Nutzung der Fahrtenschreiber und damit auch die Prüfungs- und Unterweisungspflichten für Arbeitgeber festlegt“, sagt Thomas Schmütz, Experte für digitale Tachografen der Dekra Akademie.„Hinzu kommt speziell in Deutschland die Fahrpersonalverordnung (FPersV), durch die auch Fahrzeuge von 2,8 bis 3,5 Tonnen zGG schon Lenk- und Ruhezeiten-pflichtig sind und ein entsprechender Zeitnachweis stattfinden muss.“ Hier reiche jedoch ein Tageskontrollblatt, in dem händisch unter anderem Uhrzeit der Abfahrt, Pausen, gefahrene Kilometer und Zeitpunkt der Rückkehr notiert sind, sofern kein Fahrtenschreiber eingebaut ist.

Von diesen Regeln sind Handwerker zwar bei Fahrten in einem Umkreis bis 100 Kilometer vom Firmenstandort in der Regel befreit. Es gibt aber Fahrzeugkon­stellationen und Einsatzzwecke, in denen die Ausnahmen nicht mehr greifen und Chefs sich dessen oft nicht bewusst sind.

Dokumentationspflichtige Fahrten

Wissenslücken gibt es immer wieder: Wann sind etwa ein Tageskontrollblatt oder der digitale Tachograf einzusetzen? „Die zentrale Frage ist dabei immer: Was machst du mit welchem Fahrzeug und mit welchem Gespann? Erst dann sind rechtssichere Auskünfte möglich“, meint Schmütz, der dazu regelmäßig Unternehmer und Mitarbeiter schult.
Ein Fall, bei dem Handwerker direkt die Fahrtenschreiberpflicht erfüllen müssen und ihnen das laut Schmütz oft nicht bewusst ist: Wenn sie ein Fahrzeug mit 3,5 Tonnen zGG plus Anhänger für eine Strecke von mehr als 100 Kilometern vom Firmenstandort bewegen. Gleiches gilt für Gespanne aus einem großen SUV mit rund zwei Tonnen zGG und etwa einem Anhänger von 2,5 Tonnen. Überschreitet das SUV mit Anhänger die 2,8 Tonnen zGG zur Güterbeförderung, ist zumindest ein Tageskontrollblatt zu führen.

Bußgelder bei Verstößen

Handwerker sollten sich immer mal wieder mit dem Thema beschäftigen und alle möglichen Einsatzfälle durchspielen. Denn das Brechen der Regeln kann teuer werden. „Kontrolleure, die darauf spezialisiert und geschult sind, wissen die richtigen Fragen zu stellen“, so Schmütz. „Wenn der Fahrer mit entsprechendem Gespann dann vielleicht sagt, dass er nur Fliesen befördert, kommuniziert er einen Verstoß.“ Ein Beispiel aus dem Bußgeldkatalog 2021: Wird nicht für das ordnungsgemäße Funktionieren oder die ordnungsgemäße Nutzung des Kontrollgerätes oder der Fahrerkarte gesorgt, müssen je 24 Stunden der Fahrer 250 Euro und der Unternehmer 750 Euro zahlen. Bei mehreren Tagen summieren sich die Bußgelder schnell auf ordentliche Beträge.

Digitale Tachografen Pflichten der Unternehmer

Sobald ein Handwerker in seinen gewerblich genutzten Fahrzeugen einen Fahrten­schreiber führen muss, sind nicht nur vom Fahrer die Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten, ­das Unternehmen muss auch verschiedene andere Pflichten erfüllen. Dazu gehört laut Thomas Schmütz, Experte für digitale Tachografen der Dekra Akademie:

  • Firmen müssen die Daten aus den Fahrerkarten spätestens 28 Tage nach Aufzeichnung einer Fahrt auslesen und mindestens ein Jahr archivieren, die Daten aus den Tachografen spätestens 90 Tage nach Aufzeichnung einer Fahrt auslesen und mindestens ein Jahr sichern sowie die Tachoscheiben mindestens ein Jahr aufbewahren.
  • Dienen die Tachoscheiben auch als Arbeitszeitnachweis, sind sie mindestens zwei Jahre zu archivieren.
  • Der Handwerksunternehmer ist zudem verpflichtet, die Fahrer vorschriftsgemäß einzuweisen und regelmäßig zu kontrollieren.
  • Hat der Fahrer eine Lenkzeitüber­schreitung, beispielsweise durch Stau nach einem Unfall, oder ist der Tacho defekt, ist ein Fahrtenschreiberausdruck anzufertigen, der Vorgang auf der Rückseite festzuhalten und ebenfalls ein Jahr zu archivieren.

Surftipps Infos rund um den digitalen Tachografen

  • Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) hat auf seiner Website www.bag.de den Leitfaden „Hinweise zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr“ veröffentlicht. Hier finden sich alle gesetzlichen Vorschriften zum Nachlesen.
  • Der Zentralverband des Deutschen Handwerks ( www.zdh.de) beschäftigt sich in der Rubrik Verkehr intensiv mit „Lenk- und Ruhezeiten für Kraftfahrer und Auswirkungen auf das Handwerk“. Dort werden der Stand sowie Gesetzesvorhaben regelmäßig aktualisiert. Es stehen unter anderem die Regelungen in einem übersichtlichen Schaubild zum Download bereit.