Um 20 Prozent Energiekosten senken

Zugehörige Themenseiten:
Stromeinkauf

Ab einem Verbrauch von 100.000 Kilowattstunden lohnt es sich, seinen Energiebedarf auszuschreiben. Sven Ulrich, Inhaber der Nordia Feinblech GmbH, hat so seine Jahresstromkosten um 4.100 Euro gesenkt.

  • Bild 1 von 4
    © Gunnar Geller
    Sven Ulrich, Inhaber der Nordia Feinblech GmbH, hat seine Jahresstromkosten um 4100 Euro gesenkt.
  • Bild 2 von 4
    © Biedermann
    „Jeder 20. Handwerks­betrieb ­verbraucht mehr als 100 000 kWh.“ Bernd Biedermann berät Innungsbetriebe beim Energieeinkauf.
  • Bild 3 von 4
    © Gunnar Geller
    Gut 300 Euro zahlte Sven Ulrich für die Ausschreibung seines Energiebedarfs von 300 000 Kilowattstunden.
  • Bild 4 von 4
    © Chart: handwerk magazin
    Auch 2013 wird der Strompreis weiter steigen. Schon zum Jahresbeginn gab es einen Aufschlag von zwei Cent.

Um 20 Prozent Energiekosten senken

Ob beim Laserschneiden, beim Fräsen, Stanzen oder Schweißen – „der Stromzähler arbeitet im Hintergrund immer fleißig mit“, weiß Sven Ulrich, Inhaber der Nordia Feinblech GmbH aus dem schleswig-holsteinischen Meldorf. Ungefähr 300 000 Kilowattstunden benötigen er und seine 30 Mitarbeiter pro Jahr, um alle Kundenwünsche nach maßgefertigten Gehäusen, Formteilen, Modellen und Prototypen aus Blech erfüllen zu können. „Dass sich die Strompreise in gut zehn Jahren ungefähr verdoppelt haben“, bilanziert der Unternehmer, „schlägt da kräftig ins Kontor.“

Als Ulrich die Firma im Jahr 2010 übernahm, stellte er wenig später den Vertrag mit dem Stromlieferanten mit auf den Prüfstand. Er beschloss, ein Angebot der Firma „energiemarktplatz.de“ anzunehmen. „Wir schreiben den Energiebedarf von Unternehmen aus“, fasst der Mitbegründer des Internetdienstleisters, Hans-Jürgen Rohwer, sein Geschäftsmodell zusammen. Während Online-Vergleiche naturgemäß nur „ungefähr passende Angebote von der Stange“ gegenüberstellen könnten, so Rohwer, „besorgen wir für unsere Kunden Strom- und Gasverträge nach Maß“. Eine Variante, die Handwerksbetrieben mit größerem Energieverbrauch durchaus eine Ersparnis von einigen tausend Euro im Jahr bringen kann. Gewerbestromtarife seien oft noch schwerer vergleichbar als Handytarife, erklärt Energieexperte Rohwer. „Mit einer Ausschreibung zwingt der Kunde die Bieter durch ein von ihm vorgegebenes Nadelöhr und erhält dadurch wirklich vergleichbare Angebote.“

Attraktiver Mittelstand

Offensichtlich entdeckt die Energiebranche seit einiger Zeit den Mittelstand, bestätigt Rainer Otto. Seine Firma enportal.de, die einen ähnlichen Service anbietet wie energiemarktplatz.de, ist selbst Beleg für diesen Trend. Vor fünf Jahren als Online-Anbieter für Industriekunden im Gigawattstundenbereich gestartet, steht es seit anderthalb Jahren auch Tankstellenpächtern, Landwirten und Gewerbetreibenden ab 100 000 Kilowattstunden Jahresverbrauch offen. Dabei kann der Bedarf, ebenso wie bei energiemarktplatz.de, sogar aus mehreren kleineren Verbrauchsstellen, zum Beispiel Filialen, addiert werden. Für energieausschreibung.eu, einen erst 2013 gestarteten Wettbewerber, ist selbst die branchenübliche Grenze von 100 000 Kilowattstunden nicht mehr heilig. „Wir schreiben aus, wenn attraktive Gebote zu erwarten sind“, verspricht Mitbegründer Andreas Wagner. Das untere Limit dafür liege bei etwa 30 000 Kilowattstunden pro Jahr.

  • Rat: Holen Sie sich Angebote ein
  • Energie wird sich in den nächsten Jahren weiter verteuern, das sagen alle Experten. Warum also nicht neue Wege gehen, um den Strompreis zu drücken? Wenn Sie als Kunde die Versorger über die Ausschreibung Ihres Strombedarfs zu einem maßgeschneiderten Angebot veranlassen können, senken Sie aktiv Ihre Kosten. Versuchen Sie es doch einmal, das Risiko ist gering. Betriebe mit weniger Stromverbrauch sollten sich die Einkaufsgemeinschaften des Handwerks ansehen.

Handwerker sind am Drücker

Damit werden individuelle Ausschreibungen zunehmend für Handwerksbetriebe interessant. Laut einer Umfrage der Handwerkskammer Leipzig lag der durchschnittliche Strombedarf ihrer Mitgliedsunternehmen 2010 bei rund 21 500 Kilowattstunden. „Nahezu jedes Fleischergeschäft, das einen Mittagstisch anbietet, oder jede Bäckereifiliale mit Ladenbackofen kommt auf rund 30 000 Kilowattstunden pro Jahr“, weiß Bernd Biedermann, Geschäftsführer der Service- und Vertriebsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften in Oschatz. Er berät Innungsbetriebe beim Energieeinkauf und organisiert Einkaufsgemeinschaften (eine Alternative zu Ausschreibungen, siehe Online exklusiv). Etwa jedes 20. Handwerksunternehmen verbrauche mehr als 100 000 kWh.

Zwei Drittel der Energiekosten für Unternehmen bestehen aus Steuern und Abgaben. „Diese reichen von der Umlage für erneuerbare Energien über die Offshore-Haftungsumlage oder die Konzessionsabgabe bis hin zur Strom- und zur Umsatzsteuer“, rechnet energiemarktplatz.de-Chef Rohwer vor. Verhandelbar seien „lediglich Erzeugungs- und Vertriebskosten“, schenkte er Sven Ulrich reinen Wein ein, als der vor gut anderthalb  Jahren Kontakt zu energiemarktplatz.de aufnahm.

Unternehmer Ulrich zahlt für die Ausschreibung gut 300 Euro, Provisionen fallen nicht an. „Dafür haben wir dann die Freiheit, alle Angebote ablehnen zu können“, erklärt der Firmenchef. Weil das Risiko somit überschaubar sei, entschloss sich Ulrich, das Experiment zu wagen. Beim Eingeben der notwendigen Daten in Online-Formulare des Portals standen dem Neuling Spezialisten telefonisch zur Seite. „So erfuhr ich zum ersten Mal, dass es von unserem Betrieb, wie von jeder Verbrauchsstelle, die planmäßig über 100 000 Kilowattstunden pro Jahr bezieht, ein Lastprofil gibt“, berichtet Ulrich, „und dass ich diese Daten von meinem bisherigen Versorger anfordern kann.“

Etwa einen Tag Arbeit kostete es Ulrich, sämtliche Informationen zu beschaffen. Am Ende der Gebotsfrist fand der Firmenchef schließlich acht Offerten in seinem elektronischen Postfach. Darunter auch eine von seinem bisherigen Versorger. „Für weniger als 1000 Euro hätte ich nicht gewechselt“, bekennt Ulrich, „aber der Unterschied zum günstigsten Gebot betrug 4100 Euro!“

Binnen vier Stunden musste der Unternehmer den Zuschlag erteilen. „So kurze Fristen sind in diesem Geschäft üblich, denn die Gebote basieren auf aktuellen Börsenpreisen“, bestätigt Rohwer. Seit Jahresbeginn 2013 bezieht nun die Nordia Feinblech GmbH für zwei Jahre ihren Strom von einem Spezialversorger für mittelständische Unternehmen. „Der Wechsel klappte tadellos, ebenso die Rechnungslegung“, zeigt sich der Meldorfer mit seiner Entscheidung bisher hochzufrieden.

Frühzeitig ausschreiben

Im Frühjahr erhielt er von energiemarktplatz.de den Tipp, schon jetzt den Strombedarf für 2015 auszuschreiben, die Zeit sei aufgrund verschiedener Marktentwicklungen günstig. Die Argumente überzeugten den Unternehmer. „Diesmal kostete mich die Ausschreibung keine zwei Stunden“, lacht er, „und ich konnte unter zwölf Angeboten wählen.“

Bevor er einem Stadtwerk in Norddeutschland den Zuschlag zur Stromlieferung erteilte, gab Ulrich jedoch noch seinem derzeitigen Versorger die Chance zur Nachbesserung. „Denn ich wollte nicht um jeden Preis erneut wechseln“, bekräftigt der Ingenieur. Doch der Versorger zeigte sich als fairer Verlierer. Das Angebot des Stadtwerks war noch einmal um 1900 Euro günstiger.