Automatischer Informationsaustausch (AIA) Steuerfahnder kooperieren mit der Türkei: Hilft Steuersündern jetzt noch eine Selbstanzeige?

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Schwarzgeld und Selbstanzeige bei Steuerdelikten

Seit 2014 haben sich 100 Staaten im Rahmen des Automatischen Informationsaustausches (AIA) verpflichtet, Informationen von Kontoinhabern untereinander auszutauschen. Diese OECD-Maßnahme soll für mehr Transparenz beim internationalen Geldverkehr sorgen. Seit Anfang Juli 2020 ist auch die Türkei Kooperationspartner. So sollten Steuersünder jetzt handeln.

Selbstanzeige Türkei, Straftat Türkei
Auch die Türkei ist nun Kooperationspartner beim Automatischen Informationsaustausch (AIA). Deutsche Steuerfahnder könnten dadurch Schwarzgeldgeschäften im großen Stil auf die Schliche kommen. - © ilkay - stock.adobe.com

In Deutschland leben viele Handwerksunternehmer mit türkischen Wurzeln, die auch ein Konto in der Türkei besitzen. Wenn sich zeigt, dass jemand ein Konto mit Zinsen und Dividendeneinnahmen in der Türkei hatte und diese Einnahmen in seiner Steuer nicht angegeben worden sind, kann das laut Acconsis-Rechtsexperte Andreas Hofner, Rechtsanwalt, Steuerberater und Vorstand der Acconsis in München, als Steuerhinterziehung gewertet werden. Bislang war die Gefahr allerdings eher gering, dass die Behörden Steuersündern auf die Schliche kommen, da zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei kein Abkommen über den Datenaustausch bestand.

Das hat sich nun geändert: Seit Anfang Juli 2020 ist auch die Türkei Mitglied beim Automatischen Informationsaustausch (AIA) der OECD, die Vollziehung des Beschlusses ordnete Präsident Recep Tayyip Erdoğan per Präsidentenerlass im Amtsblatt 31498 an. Deutsche Steuerfahnder könnten so durch Einblicke in türkische Konten hierzulande Schwarzgeldgeschäften im großen Stil auf die Schliche kommen. "Unversteuerte Einnahmen, insbesondere aus ,Schwarzgeld-anfälligen‘ Branchen wie zum Beispiel dem Taxigewerbe, der Gastronomie oder der Bauwirtschaft könnten ans Tageslicht kommen und daraus enorme Nachforderungen von den Finanzämtern drohen", warnt Hofner. "Die rasche Selbstanzeige beim Finanzamt ist der einzig lohnende Ausweg, der vor größeren Strafen bewahrt!"

Wen betrifft der AIA zwischen der Türkei und Deutschland?

Der Automatische Informationsaustausch betrifft laut Hofner alle Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland ansässig und Inhaber eines Kontos, Depots oder einer Immobilie in der Türkei sind. Die in der Türkei erzielten Einkünfte, wie etwa Zinsen oder Mieten, müssen in Deutschland gegenüber dem Finanzamt erklärt werden. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall. Die Staatsangehörigkeit ist dabei unerheblich.

Welche Informationen werden ausgetauscht?

Neben den zur Identifizierung des Kontoinhabers erforderlichen Informationen ( Name, Anschrift, Geburtsdatum, Steueridentifikationsnummer etc.) werden unter anderem die Kontonummer, der Kontostand zum Ende des Kalenderjahres sowie etwaige Kapitalerträge einschließlich Dividenden und Gewinnen aus der Veräußerung von Wertpapieren für das betreffende Kalenderjahr mitgeteilt. Im Ergebnis soll der Empfängerstaat in die Lage versetzt werden, mit den übermittelten Informationen eine Besteuerung durchzuführen.

Bei größeren Summen könnten Daten dann laut Acconsis an die Staatsanwaltschaften geraten. Und schon hat es der Betroffene mit einer Insolvenzstraftat zu tun. Da wird das zuständige Finanzamt eine Nachversteuerung durchführen und zudem erwarten, dass man mitteilt, woher das Kapitalvermögen stammt und gegebenenfalls entsprechende Schätzungen im Rahmen der Nachversteuerung für die Vorjahre durchführen.

Wie sollten Betroffene reagieren?

Der Münchner Rechtsexperte Hofner rät zum sofortigen Handeln, um größeren Schaden abzuwenden: "Sofern die genannten Informationen noch nicht übermittelt wurden, besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Selbstanzeige. Es müssen dann rückwirkend die Kapitalerträge (je nach Fallgestaltung) vollständig aufgedeckt werden. Dabei gilt es zu prüfen, ob diese in Deutschland steuerpflichtig waren und bisher nicht versteuert wurden. Zudem müssen u.a. die im Rahmen der Nachversteuerung festgesetzten Steuern und Hinterziehungszinsen vollumfänglich entrichtet werden."

Info: So funktioniert eine Selbstanzeige

Eine wirksame Selbstanzeige führt zu einem Strafverfolgungshindernis, das heißt man kann wegen der betreffenden Steuerhinterziehung nicht mehr bestraft werden. Ob eine Selbstanzeige möglich ist, muss angesichts der komplexen gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelfall aber eingehend geprüft werden. Nach Mitteilung der Informationen aus dem jeweiligen, kooperierenden Land hat eine Selbstanzeige wohl keine strafbefreiende Wirkung mehr. Weitere Infos zum Thema Selbstanzeige erhalten Sie auf unserer Themenseite "Selbstanzeige bei Steuerdelikten" .