Soziale Medien: Gerüchte im Internet verhindern

Facebook & Co. nutzen viele Handwerksbetriebe, auch Volker Sichler. Risiken können sich jedoch beim Urheber- und Wettbewerbsrecht ergeben. Auch Mitarbeiter verhalten sich oft ungeschickt. Eine gute Strategie hilft.

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    Volker Sichler mit Ehefrau Simone in seinem Betrieb Hollister’s MotorCycles in Zimmern-Horgen.
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    „Richtlinien für soziale ­Medien am besten im Team erarbeiten.“ Michael Felser, ­Rechtsanwalt, Arbeitsrecht, in Brühl.
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    „Ein Facebook-Auftritt gehört heute einfach dazu.“ Volker Sichler, Inhaber von Hollister’s MotorCycles in ­Zimmern-Horgen.

Gerüchte im Internet verhindern

Mindestens ein Kult-, wenn nicht sogar ein Kunstwerk möchte Volker Sichler in seinem Handwerksbetrieb montieren. Der ausgebildete Maschinenbauelektroniker produziert in seiner Manufaktur Hollister’s sogenannte Custom-Bikes, bisher 250 Motorräder – in 25 Jahren. Schwinge, Felgen und Anbauteile entstehen in Handarbeit im baden-württembergischen Örtchen Zimmern-Horgen. Die Kundschaft der 50 000 bis 250 000 Euro teuren Motorräder kommt aber dennoch aus aller Welt, etwa auch aus Dubai oder Monaco.

„Ein Facebook-Auftritt gehört heute dazu, wie auch eine Website“, sagt Volker Sichler. „Insgesamt ist es aber nicht unser Hauptfokus, wir sind dort nicht übermäßig aktiv. Aber unsere Kunden schauen da drauf.“ Die Fanpage des Unternehmens zählt fast 500 „Gefällt mir“.

74 Prozent der Internetnutzer in Deutschland, sagt der Verband Bitkom, sind in mindestens einem sozialen Online-Netzwerk angemeldet. Die Website allfacebook.de geht alleine für Facebook von 26 Millionen deutschen Nutzern aus. Die sozialen Medien führen so schon längst kein Nischendasein mehr, sie verändern die Kommunikation – auch zwischen Unternehmen und ihren Endkunden. Das hat auch eine rechtliche Komponente in Bezug auf Mitarbeiter und Wettbewerber.

Längst nicht alles erlaubt

„Oberstes Gebot: Nicht alles, was ich technisch machen kann, ist auch tatsächlich erlaubt“, mahnt so Rechtsanwalt Anselm Withöft, Spezialist für Onlinerecht. Bei der unternehmenseigenen Facebook-Seite sind vor allem das Urheber- und Wettbewerbsrecht problematisch. „So birgt es hohe Risiken, wenn der Handwerker Bilder auf seiner Facebook-Seite verwendet, die er nicht selbst erstellt hat“, sagt der Anwalt.„Der gegnerische Anwalt unterstellt bei Facebook oft eine weltweite Verwendung. Da entstehen bei einem Foto schnell Forderungen in Höhe von 2000 Euro.“ Wohlgemerkt: pro Bild.

Was fürs Bild geht, gilt ebenso für Audios oder Texte – oder zum Beispiel auch Zeitungsartikel: „Wenn wir einen Zeitungsartikel bei Facebook online stellen, haben wir natürlich vorher nachgefragt, ob wir das dürfen, oder wir wurden sogar darum gebeten“, sagt Volker Sichler von der Motorrad-Manufaktur Hollister’s. Nachfragen ist das zweite Gebot. Dabei ist eine schriftliche Dokumentation ratsam, um die Nutzungserlaubnis festzuhalten.

Das gilt auch dann, wenn beispielsweise auf einer Website der „Like“-Button von Facebook schon integriert ist und der Handwerker diesen darüber in seine Unternehmens-Facebook-Seite einbindet. „Zwar kann man eigentlich beim Drücken auf den „Like“-Button etwa unter einem Artikel von einem konkludierten Einverständnis des Websitebetreibers ausgehen“, kommentiert Withöft. „Aber niemand weiß, ob er selbst auch die Nutzungsrechte vernünftig zuvor abgeklärt hat.“

Wettbewerbsrecht birgt Risiken

Das zweite große Risiko ist das Wettbewerbsrecht. Klassischer Fall: Eine Kfz-Werkstatt behauptet auf der Facebook-Seite, dass der Ölwechsel bei ihr 30 Prozent billiger ist als beim großen überregionalen Konkurrenten.

Anwalt Withöft mag solche pauschalen Aussagen nicht: „Es muss die objektive Grundlage für den Vergleich mit angegeben werden, also beispielsweise „Ölwechsel beim Golf VII bei uns 30 Prozent günstiger als beim Wett­bewerber, Stand: 1. Oktober 2013“. Denn natürlich kann es sein, dass der Wettbewerber schon am 2. Oktober seine Preise anpasst. Alleine durch diese detailreiche Differenzierung macht eigentlich ein solcher Vergleich auf einer Facebook-Seite auch inhaltlich kaum Sinn, denn Einträge sind hier meist kurz gehalten. Jetzt mag sicherlich der letzte Punkt dem Chef des Handwerksbetriebs durchaus klar sein. Aber: „Nicht jeder Mitarbeiter weiß das auch“, sagt Rechtsanwalt Michael Felser, Spezialist für Arbeitsrecht, Brühl. Und was der Mitarbeiter auf der Facebook-Seite des Handwerksbetriebs falsch macht, muss am Ende der Chef jedoch selbst bezahlen.

Nutzung durch Mitarbeiter

„Das ist in diesem Fall ja nicht böswillig vom Mitarbeiter geschehen“, so Felser. „Dennoch hat es große Auswirkungen.“ Der Arbeitsrechtsanwalt rät deshalb dazu, dass sich auch kleine Betriebe Gedanken um Verhaltensregeln im Internet machen sollten. „Das muss nicht sofort von oben aufgedrückt, sondern sollte am besten gemeinsam mit den Mitarbeitern erarbeitet werden“, rät Felser. „Nur so wird es betriebliche Praxis.“ Denn auch hier ist die Problematik vielschichtig – sie endet bei Weitem nicht bei der unternehmenseigenen Facebook-Seite.

Auch, was der Mitarbeiter zum Beispiel in seinem persönlichen Facebook-Account postet, kann weitreichende Folgen für das Unternehmen haben. Beispiel: Der Mitarbeiter schreibt, dass er schon wieder sein Gehalt um einige Tage verspätet erhalten hat. Der Chef sitzt gerade bei der Hausbank wegen eines Kredits und der Bankberater verweigert ihn wegen dieser neuen Information, die er gelesen hat.

Wettbewerber lieben ebenfalls solchen Tratsch, kontaktieren womöglich ganz bewusst Mitarbeiter, um an solche und womöglich noch sensiblere Informationen zu kommen. „Natürlich kann hier der Chef auch arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen“, so sagt Anwalt Felser. „Aber der Schaden ist bereits entstanden.“

Shitstorm gegen den Chef

Das Gleiche gilt auch für Beleidigungen und Schmähkritik, die ein Mitarbeiter postet, frei nach dem Motto: „Der Chef ist eine fette Sau“. Es ist natürlich an sich schon von dem Mitarbeiter naiv, dass er annimmt, dass sein Chef davon nichts erfährt – „und sei es nur dadurch, dass ein vermeintlicher Freund das einfach weiterleitet“, so Felser. Aber die Konsequenzen sind auch hier nicht so einfach vorzuzeichnen. Zunächst unterscheidet der Anwalt, ob es sich um eine – womöglich falsche – Tatsachenbehauptung oder um eine bis zu einem gewissen Grad erlaubte Meinungsäußerung handelt. „In einem arbeitsgerichtlichen Prozess würden zudem auch die allgemeinen Umstände einer solchen Aussage eine Rolle spielen“, sagt Felser.

Eine wichtige Rolle spielt auch der öffentliche oder private Kontext der Aussage: Während eine solche Äußerung im privaten Umfeld nämlich durchaus erlaubt sein kann, ist das Posten auf einer öffentlichen Facebook-Seite nicht mehr legitim. So darf ein Mitarbeiter bei einem vertraulichen Vieraugengespräch unter Freunden davon ausgehen, dass seine Aussagen über den Chef unter ihnen bleiben.

Facebook-Regeln einhalten

Rechtsanwalt Felser rät dazu, dass der Chef das Gespräch mit dem Mitarbeiter sucht: „Wenn sich der Mitarbeiter bei einer Beleidigung einsichtig zeigt, kann man es auch bei einer Abmahnung bewenden lassen“, erläutert Felser. „Der Chef kann so etwas auf gar keinen Fall anstandslos durchgehen lassen, denn das würde seine Autorität im Betrieb untergraben.“ Möchte der Mitarbeiter sich bei einer schweren Beleidigung nicht entschuldigen, hilft als letzte Konsequenz nur die fristlose Kündigung – und der Gang vor das Arbeitsgericht. Die sozialen Medien sind eben für Unternehmen ein wirklich vielschichtiges Instrument: Wer sich als Handwerksbetrieb dafür entscheidet – und das ist als neuer Vermarktungskanal mit alleine 26 Millionen Nutzern bei Facebook sicherlich sinnvoll –, muss eine Reihe von Regeln beachten.